Frei sollst du sein – Take your time. Gerti Gabelt

Frei sollst du sein – Take your time - Gerti Gabelt


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Ralf ist glücklich in ihrer Nähe.

      Soll er ihr sagen, was er vorhat? Nein, erst morgen früh wird er ihr sagen, dass sie mit ihm kommen soll. Er hat die Frau gefunden, die er gesucht hat, eine Frau, mit der er leben möchte und ist ganz sicher, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat.

      Sie küssen sich, beide schlafen wieder ein.

      Ana-Sue schaut ins erste Morgenlicht. Der neue Tag schimmert herein.

      Noch schläft Ralf.

      Dann sieht sie das Geld, das er gestern Abend auf das Tablett gelegt hat.

      Ihr Trinkgeld.

      Einer plötzlichen Eingebung folgend, steht sie auf. nimmt die Scheine und legt sie zurück in die Innentasche seiner Jacke. Noch während sie die Brieftasche zurück in das Sakko steckt, wacht Ralf auf. Er sieht, wie Ana-Sue sich an seiner Jacke zu schaffen macht. Entsetzt steht er auf.

      „Ana-Sue, was machst du da? War das zu wenig?“

      Wie konnte ich nur vergessen, wo sie herkommt!!!

      Er schüttelt den Kopf. Welch ein Narr bin ich doch!

      Es war also nur ein Traum. In der Nacht sollte man keine Entscheidung treffen. Es war die ungewohnte Nähe, nach der ich mich gesehnt hatte. Dazu der Alkohol.

      Wieder schüttelt er ungläubig den Kopf, nicht fassend, was er soeben gesehen hat. Und schaut Ana-Sue in die Augen, Sie blickt angstvoll zu ihm auf.

      „Oh Ana-Sue, ich habe an dich geglaubt. Nur ein Traum?“

      Er flüstert die Worte leise, in Deutsch. Sie kann ihn nicht verstehen. Wieder schaut sie ihn ängstlich an.

      „Ralf, please I am sorry…

      Abrupt steht er auf, streift sich Hose und T-Shirt über und wirft die Jacke über seine Schulter.

      „Ana-Sue, warum? Mit dir wollte ich ein neues Leben beginnen!“

      Angstvoll schaut sie Ralf an.

      „Fremder Mann, geh’ nicht fort, Fremder Mann, schau’ mich an –

      Vergiss nicht, die kleine Ana-Sue.“ Sie singt ihm ihr Lied.

      Er ist traurig, schaut sich noch einmal um.

      Dann verlässt er den Raum.

       Sie wollte noch mehr Geld! Ich wollte alles mit ihr teilen. Oh Gott…

      Ziellos geht er durch den frühen Morgen. Dann findet er eine Bar, die 24 Stunden geöffnet hat „Schnaps, bitte.“

      Nach mehreren Schnäpsen spürt er Hunger.

      Er zieht seine Geldbörse aus der Hosentasche und zahlt. Dieses Geld hatte sie nicht gefunden. Nie hätte er geglaubt, dass Ana-Sue, dieses wunderbare Mädchen, ihn bestehlen würde.

      Er eilt zum Hafen. Gleich wird sein Kahn ablegen. Nur weg von hier und vergessen, was er sich so sehr gewünscht hatte. Noch vor wenigen Stunden wollte er das Schiff verlassen, hierbleiben, alles vergessen. Und nun?

      Müde und enttäuscht beginnt er in seiner kleinen Kajüte seine Sachen zu sortieren. Wut, Enttäuschung und Sehnsucht wechseln sich ab. Als er die Jacke ablegt, fällt seine Brieftasche heraus. Seine Geldscheine verteilen sich auf dem Boden. Entsetzt nimmt er wahr, sie hat das Geld zurückgegeben, in die Jacke gesteckt! Sie hat nichts genommen. Mein Gott.

       „Oh, Ana-Sue, meine kleine Ana-Sue…“

      Schnell rafft er seine Habseligkeiten wieder zusammen. Schaut zurück. Er hat alles. Schnell weg.

      Zweimal hatte die Sirene bereits die Abfahrt angekündigt. Schnell begibt er sich zum Ausgang.

      Doch die Brücke ist schon eingezogen, das letzte Signal ertönt, die Schraube dreht sich kraftvoll gegen die Strömung. Der große Kahn bewegt sich schwerfällig, es gibt kein Zurück mehr…

      „Nein, nein, ich muss raus. Ich will hier raus.!“

      Das Schiff hat abgelegt. Vorbei…

      Weinend kniet er vor der Treppe. Ein Matrose versucht ihn zu trösten.

      „Ich kenne das, morgen geht es schon wieder besser.“

      „Ich komme zurück, ich werde dich suchen, überall auf der Welt, oh Ana-Sue…“

      Der Matrose begleitet ihn zurück in seine Kabine. Ein endloser Schmerz schüttelt ihn. Er ekelt sich vor sich selbst und muss sich übergeben.

      Nach endlos langer Zeit – sicher sind einige Stunden vergangen - geht er hinauf zum „Kartenhaus“, so wird die Brücke von Insidern genannt.

      Hier überwacht der Kapitän mit seinen Offizieren die Steuerung des Schiffes.

      Der erste Offizier steht am Steuer. Zwei weitere Offiziere bedienen Navigation und Funk.

      Wo legen wir an, was ist unser nächster Zielhafen?“

      „Junge, wir sind soeben ausgelaufen. Da musst du dich noch ein wenig gedulden. Mit diesem Kahn halten wir nicht an jeder Milchkanne.“

      „Heimweh?“

      Einer der Offiziere, der hinter Ralf steht, dreht sich zu ihm um.

      „Ich möchte wissen, wo wir als nächstes anlegen.“

      „Wenn alles klappt kannst du dir in Cape Town eine braune Schönheit anlachen. Dort gibt es wunderhübsche Mädchen.“

      „Cape Town …“

      Ralf geht zurück in seine Kabine. Morgen beginnt sein Dienst.

      Er wird versuchen, heute Nacht mit einem Matrosen zu tauschen. Er will, nein, er muss sich durch Arbeit ablenken.

       MADAM ELISA

      Ana-Sue setzt sich aufs Bett und schließt die Augen. Sie kann nicht weinen, ist unsagbar traurig. Eine ganze Zeit sitzt sie auf dem Bett. Einen solchen Mann hatte sie bisher noch nie erlebt. Was soll sie nun machen? Hierbleiben kann sie nicht. Alles in ihrem Innern rebelliert. Sie muss weg.

      Küsse niemals einen Mann auf den Mund, sonst bist du verloren für diese Welt.

      Mit unsicheren Schritten geht sie zur Umkleide. Ihr ist schwindelig, und sie fühlt sich entsetzlich elend. Sie geht zur Toilette.

      In ihrer kleinen Kabine zieht sie ihre Straßenkleider an.

      Aus einem Versteck holt sie ihr Erspartes und verlässt durch einen Hinterausgang das Etablissement.

      Jeden Tag müssen die Mädchen mit dem Boss abrechnen. Es liegt im Ermessen des Inhabers, wieviel sie zurückbekommen oder behalten dürfen.

      Sie weiß, sie wird gehen und nie mehr zurückkommen. Nicht nach dem Erlebten von heute Nacht. Alles war so friedlich, so viel Vertrauen war entstanden zwischen ihr und Ralf. Ein Hierbleiben würde den wunderbaren Zauber zerstören.

      Ana Sue war die Favoritin des Inhabers dieses Etablissements. Das erschwert ihr Fortgehen enorm. Er hatte in ihrem Raum eine unsichtbare Kamera angebracht, so konnte er beobachten, was vorging. Auch gestern Abend hatte er kurz reingeschaut. Was er dort sah, beruhigte ihn. Er fuhr zu seiner Freundin, die ein Etablissement in einem anderen Stadtteil betrieb. Dort hatte er Ana Sue gefunden und sie gekauft. Das wusste Ana Sue natürlich nicht.

      Als sie damals am Bahnhof eingetroffen war, kommend aus Chiang Mai, wurde sie von einer netten Dame angesprochen, die ihre Hilfe anbot und sie mit in „ihre Unterkunft“ nahm. Sie war eine erfahrene Mädchenfängerin-im-Dienste-von-Madam Elisa. Ana Sue und ihre Situation, verloren und ängstlich schaute sie sich im Bahnhof um, hatte diese Frau sofort erkannt. Das waren die Mädchen, die Madam Elisa suchte. Ein guter Fang.

      In der Villa verkehren nur Damen, es ist also ein Etablissement


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