Der arme Trillionär. Georg Ransmayr

Der arme Trillionär - Georg Ransmayr


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und dem Polizeichef diskret den Boden bereiten konnte.

      Das kommt Schober zugute, als sich 1919 die Stimmung in der Polizei politisch aufheizt. Die im November 1918 ausgerufene Republik „Deutsch-Österreich“ durchlebt eine revolutionäre Nachkriegskrise, in der viele Berufsgruppen sozialpolitische Reformen verlangen. Im Sicherheitsapparat kommt die Meinung auf, dass Beamte nicht länger unpolitische Ordnungshüter sein sollen, sondern durchaus das Recht hätten, sich parteipolitisch zu betätigen. Frei nach der Devise, dass mit dem unsäglichen Kadavergehorsam gegenüber sakrosankten Autoritäten Schluss sein muss. Und zwar auch in der Exekutive.

      Der mächtige Polizeichef wird sich in späteren Jahren bei Sigmund Bosel erkenntlich zeigen und für ihn den politischen Schutzengel spielen. Bosel revanchiert sich, indem er die Polizei weiterhin gönnerhaft unterstützt. So kommt Schober über das Kriegsende hinaus zu einer loyalen Hausmacht, die eine wichtige Machtbasis für seine Politikerkarriere wird. Der Polizeipräsident und der spätere Bankpräsident werden in der Öffentlichkeit immer betonen, dass ihr Verhältnis rein „amtlich“ und bloß geschäftlicher Natur gewesen sei. Alle, die Schobers Terminkalender kannten, haben aber gewusst, dass die beiden Männer eine persönliche Seilschaft begründet hatten. Denn an fast jedem ersten Dienstag im Monat hat Bosel nach seinem Abgang bei der Wiener Polizei bei Schober auf einen Plausch vorbeigeschaut. Und das war auch dann noch so, als Schober schon Bundeskanzler war.

      Anmerkungen

      Die Börse, 6. 12. 1923.

      Die Börse, 11. 11. 1926; Julie Marks in der TV-Doku „Der Massenmörder und der Trillionär“ (ORF, 2013).

      Hoffmann, Der Fall Sigmund Bosel, 9 ff.

      Berliner Tageblatt, 11. 11. 1926; Franz, Siegmund Bosel, 5 f.

      WStLA, Handelsregister, „Bosel & Rosenbaum“, Sign. 2.3.3.B76. 29. 231; Hoffmann, 10; Franz, 4.

      Österreichische Industriegeschichte GmbH (Hrsg.): Österreichische Handelsgeschichte, 169.

      Hoffmann, 8 f.; Max Bosel, der Erstgeborene, ist bereits 1908 im Alter von 21 Jahren gestorben.

      Neues Wiener Tagblatt, 19. 1. 1927.

      Sandgruber, Traumzeit für Millionäre, 55 ff.

      Rauchensteiner, Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie, 204 ff.


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