Israel. Sotill Wolfgang

Israel - Sotill Wolfgang


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der den jungen Staat mit seiner Einwanderung im Jahre 1959 in Verlegenheit brachte. Rufeisen war nämlich vom Judentum zum Christentum konvertiert und Karmelitermönch geworden. Dies veranlasste den Einwanderungsbeamten, ihn nicht mehr als Juden einzustufen. Und als solcher fiel Rufeisen nicht mehr unter das „Gesetz der Rückkehr“, das jedem Juden weltweit die Möglichkeit der Einwanderung gewährt und damit auch automatisch die israelische Staatsbürgerschaft zugesteht. Rufeisen widersprach dieser Sichtweise, denn als geborener Jude habe er das Recht zur Immigration. Zudem hatte er den moralischen Bonus auf seiner Seite, denn er, der perfekt Polnisch, Deutsch und Russisch sprach, war unter den Nazis Dolmetsch und konnte so 1942 mehr als 300 Glaubensgenossen im Ghetto von Mir (Weißrussland) das Leben retten. Rufeisen verklagte den Staat Israel, was das Land in eine tiefe Staatskrise stürzte. Am Ende verlor er zwar den Prozess, aber er bekam die Staatsbürgerschaft dennoch verliehen. Und Israel ergänzte die ursprüngliche Definition (Jude ist, wer von einer jüdischen Mutter geboren wurde) um den Zusatz „und wer keiner anderen Religionsgemeinschaft angehört“.

      War Rufeisen, dessen Biografie von der russischen Literatin Ljudmila Ulitzkaja unter dem Titel „Daniel Stein“ erschienen ist, noch ein Einzelfall, so sollte die Frage in den Jahren nach dem Zusammenbruch der UdSSR noch viel virulenter werden. Denn damals wanderten rund 1,4 Millionen Russen in Israel ein, von denen rund eine Million eine jüdische Mutter hatten. Etwa 350.000 Einwanderer hatten aber nur einen jüdischen Vater oder andere jüdische Vorfahren, was zur Einwanderung nach Israel zunächst ausreichte. Sie wurden, auch wenn sie keine Juden waren, Israelis, bekamen die Staatsbürgerschaft, zahlten Steuern und leisteten den Militärdienst ab. Sie waren Staatsbürger, denen nur eine Sache verwehrt blieb: zu heiraten. Das Standesregister liegt nämlich ausschließlich in den Händen der Rabbiner und diese können wiederum niemanden verheiraten, der nicht nach dem Religionsgesetz ein vollwertiger Jude ist. Und eine säkulare Eheschließung gibt es nicht. In Israel findet man aber aus jedem Schlamassel einen Ausweg: Man fährt nach Zypern oder auch nach Las Vegas, heiratet dort und lässt zu Hause seine Ehe anerkennen.

      Die nicht geklärte Frage „Wer ist ein Jude?“ hat neben der privaten Dimension auch noch politische Aspekte. Wenn es ein demokratischer Staat nicht schafft, den einzelnen Bürger zu definieren, dann kann er auch die Summe seiner Bürger nicht umschreiben. Das hat dazu geführt, dass der Judenstaat bis heute noch immer keine Verfassung hat, in der auch die Landesgrenzen definiert würden. Das wiederum lässt viele Araber befürchten, dass sich der Judenstaat im gesamten Gebiet zwischen Euphrat und Nil ausbreiten könnte. Indiz dafür sei die Flagge, die ober- und unterhalb des Davidsterns zwei blaue Linien zeigt. Araber sehen in diesen Linien die beiden Flüsse symbolisiert. Tatsächlich ist die Flagge aber dem jüdischen Gebetsschal, dem Tallit, nachempfunden.

       WORÜBER LACHEN JUDEN, WENN SIE LACHEN?

      EIN ALTER Jude ist mit einer jungen, attraktiven Frau verheiratet, die ihn ständig betrügt. Shlomo, ein Freund des Betrogenen, will diesen darüber aufklären, worauf der Gehörnte sagt: „Es ist doch besser, mit 20 Prozent an einer guten Sache beteiligt zu sein, als mit 100 an einer scheußlichen.“2

      Im Gegensatz zu den meisten Gesellschaften, deren Witz häufig darauf abzielt, andere zu verhöhnen, lachen Juden oft – und oft auch über sich selbst. Der Humor ist geistreich, hintergründig und voller Lebensweisheit. Der jüdische Witz diene weniger der Unterhaltung, als dass er eine Ventilfunktion ausübe, erklärt die Soziologin Salcia Landmann, der wir eine reiche Sammlung von Judenwitzen zu verdanken haben. Der jüdische Witz sei ein Kampf gegen die feindliche Umwelt, gegen die übermächtige eigene Tradition, ein Kampf gegen die schweren Bürden des Alltags und für mehr Freiheit. Thematisch kreisen die Witze um menschliche Schwächen, vermeintliche Eigenschaften wie Geiz und Geschäftssinn, das Ehe- und Sexualleben und vor allem die Religion. Auch wenn Juden die religiöse Praxis oft sehr ernst nehmen, so ist doch erlaubt, was in anderen Glaubensgemeinschaften streng verpönt ist: sich über Religionsgesetze, Inhalte des Glaubens und auch über Gläubige lustig zu machen.

       Geht ein Jude in eine Fleischerei und sieht in der Vitrine eine saftige Schweinsstelze liegen. „Geb er mir ein Kilo von dem Fisch“, sagt er zum Fleischhacker, der darauf antwortet: „Das ist kein Fisch, sondern eine Schweinsstelze.“ Darauf der Jude: „Hab ich ihn gefragt, wie der Fisch heißt? Geben soll er mir ein Kilo.“

       Warum sind Juden beschnitten? Weil Frauen lieber zu reduzierter Ware greifen.

       Eine Frau läuft zum Rabbi, weil ihr Kind Durchfall hat. Dieser empfiehlt: „Sprich Tehillim!“ (Bete die Psalmen!) Die Jüdin folgt dem Rat, das Kind wird gesund. Wenig später leidet es an Verstopfung. Wieder fragt die verzweifelte Mutter den Rabbi um Rat, der erneut empfiehlt: „Sprich Tehillim!“ „Aber Rabbi“, ruft die Frau entsetzt, „Tehillim stopfen doch!“

      Die Tatsache, dass es bei vielen Religionsgesetzen auch eine raffinierte Form der Umgehung gibt, illustriert folgende Geschichte von zwei Rabbinern. Zu deren Verständnis muss man allerdings wissen, dass der Schabbat eintritt, wenn die ersten drei Sterne am Himmel erkennbar sind. Dann ist es nicht mehr erlaubt, weiter als bis zur Synagoge zu gehen.

       Zwei Rabbinerschüler unterhalten sich, wessen Rabbi der bedeutendere sei. Moischele: „Stell dir vor, mein Rabbi und ich gehen an einem sonnigen Tag spazieren und erläutern die Tora. Plötzlich verdunkelt sich der Himmel, es fängt an zu regnen. Was macht mein Rabbi? Er breitet die Hände aus, er segnet das Land und links ist Regen und rechts ist Regen und wir gehen trockenen Fußes in der Mitte hindurch.“ Darauf Shlomo: „Das ist gar nichts. Mein Rabbi und ich gehen an einem Freitag nach dem Mittagessen spazieren. Auch wir erläutern die Tora: Plötzlich wird es finster, die ersten Gestirne sind am Himmel erkennbar, es ist Schabbat. Was macht mein Rabbi? Er breitet seine Hände aus und segnet das Land. Und links war Schabbat und rechts war Schabbat und wir gehen in der Mitte durch.“

       Moses hat gerade am Berg Sinai die Zehn Gebote Gottes erhalten und wendet sich nun an sein Volk: „Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für euch. Die gute ist, dass ich Gott auf zehn Gebote runterhandeln konnte. Die schlechte: Das sechste (Du sollst nicht ehebrechen) ist immer noch drin.“

      Juden betrachten auch andere Religionen kritisch:

       Sitzen ein Rabbi und ein katholischer Priester bei einem Festessen zusammen. Beginnt der Pfarrer zu stänkern: „Wann werden Sie endlich Schweinefleisch essen, Rabbi?“ Dieser antwortet: „Bei Ihrer Hochzeit, Hochwürden.“

      Eine eigene Kategorie stellen Witze über jene Juden dar, die zum Christentum übergetreten sind, um so ihre Herkunft zu verbergen. Heinrich Heine sprach vom Judentum als einer „angeborenen Krankheit“, der man durch die Taufe entfliehen könne, um das „Eintrittsbillett in die europäische Zivilisation“ zu lösen.

       Shlomo steht vor der Taufe und weiß nicht so recht, was er anziehen soll. Er fragt einen christlichen Freund um Rat. Der antwortet: „Keine Ahnung. WIR tragen Windeln.“

       WARUM IST DER PLATZ DES FELSENDOMS AUCH JUDEN HEILIG?

       Die Antwort finden Sie auf Seite 101.

       Im Krisenjahr 1929 gehen zwei Juden über die 5th Avenue in New York, wo sie ein Transparent über die Straße gespannt sehen: „Jeder Jude, der sich taufen lässt, bekommt 50 Dollar.“ Shlomo und Moischele überlegen


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