Vom Wienerwald zur Buckligen Welt. Alexandra Gruber Carina

Vom Wienerwald zur Buckligen Welt - Alexandra Gruber Carina


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Vielfalt und bietet sowohl adrenalinhaltiges als auch kontemplatives Programm.

      Über der Sonnenuhrwand ragt die Aussichtsterrasse Skywalk über dem Abgrund acht Meter aus einem Felsen. Der Wind pfeift uns auf dem 18 Tonnen schweren Stahlgerüst um die Ohren, Paragleiter und Drachenflieger schweben vorbei, die Fernsicht ist fulminant. Durch die Eisengitter unter unseren Füßen sehen wir, wie tief es nach unten geht. Die adrenalinfördernde Plattform hat der Naturpark Hohe Wand 2002 zur Freude der Besucher errichtet.

      »Wir wollten ein authentisches Höhenerlebnis für alle möglich machen«, sagt Naturparkmitarbeiterin Selma Karnitsch und nimmt auf einer der verzinkten Bänke Platz, die hinter dem Skywalk auf noch festem Grund errichtet wurden. Die Knie der nicht ganz Schwindelfreien werden beim »himmlischen Spaziergang« butterweich, für sie ist dieser Platz als Alternative gedacht. Die Assoziation mit einem Lichtspieltheater ist beabsichtigt. »Unsere 40 Sitzgelegenheiten wurden wie Kinosessel gruppiert, das Panorama ist die Leinwand«, erklärt sie.

      Der Naturpark wird jeder Altersgruppe und jedem Fitnessgrad gerecht, das Ausflugsziel Hohe Wand besticht durch seine Vielfalt. Das eigentliche Highlight, das sei trotzdem der Berg, sagt Selma. Die steilen Felsabbrüche haben ihm seinen Namen gegeben, der Naturpark wurde 1969 gegründet und umfasst 2.000 Hektar. Erreichbar ist das Plateau über Klettersteige und seit 1932 über eine Panoramastraße, die direkt zum Naturparkzentrum führt und auf der an den Wochenenden und Feiertagen vom Land Niederösterreich von den Autofahrern ein kleiner Obolus eingehoben wird.

      Viele kombinierbare (Rund)-Wanderwege führen durch die postkartentaugliche Landschaft. Entlang des etwa 2,5 km langen Kindererlebnisweges wurden spezielle Attraktionen für die Kleinen errichtet, sie können etwa das »Geheimnis vom Hexenwald« erkunden oder sich auf die Suche nach einem Naturschatz machen. Außerdem führt er an einem Spielplatz, einem Streichelzoo mit rund 100 Tieren (Ziegen, Schafe, Kaninchen, Esel, Ponys, Mufflons …) und einem Murmeltiergehege vorbei. Als Draufgabe können kleine und »große« Kinder in einen begehbaren Murmeltierbau krabbeln, um die Lebenswelt der Tiere nachzuempfinden.

      Fulminanter Fernblick: Die Aussichtsplattform Skywalk ragt hoch über dem Abgrund acht Meter aus einem Felsen.

      Vom Naturparkstüberl aus ist ein 18 m hoher Aussichtsturm in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar. Während man beim östlich gelegenen Skywalk den Sonnenaufgang erleben kann, ist der Turm während der Abenddämmerung der beste Platz. Nach rund 100 Stufen wird man mit einem herrlichen Blick auf Schneeberg, Ötscher und dem Hochplateau der Hohen Wand entschädigt. Der Schneeberg sendet sein frisches Lüfterl, vor dem heimelige Strandkörbe! auf der Aussichtsplattform schützen.

      Kraxler haben die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Schwierigkeitsgraden bei den Klettersteigen, Freunde von altem Handwerk kommen bei speziellen Vorführungen auf ihre Kosten. Um die jahrhundertealte Tradition des Kalkbrennens Besuchern näherzubringen, wird in regelmäßigen Abständen der Kalkofen mit Kalkstein aus dem Naturpark in Betrieb genommen. »Man hat hier lange Zeit Kalk gebrannt, es war eine wichtige Einnahmequelle der Bewohner, darum gibt es noch Überbleibsel von Öfen«, erklärt unsere Naturvermittlerin. Auch ein Kohlmeiler wird vom Naturpark-Team periodisch in Betrieb genommen. Früher gab es in diesem Gebiet Wanderköhler, die Holzkohle erzeugten. Auch dieses alte Gewerbe soll nicht in Vergessenheit geraten.

      Der Felsenpfad, der bei der Gastwirtschaft Kohlröserlhaus seinen Anfang nimmt, ist nicht so bekannt wie sein prominenter Bruder, der Skywalk, aber mindestens genauso spektakulär. Rund 200 Stahlstufen schmiegen sich eng an die steile Felswand und führen an der kleinen Czerny-Höhle, auch Kohlröserlhöhle genannt, vorbei. »Wenn man viel Glück hat, kann man hier Steinböcken ganz nahekommen«, erzählt Selma. Geschätzt 40 bis 70 dieser alpinen Tiere leben hier in freier Wildbahn. Sie sind die Nachkommen von drei Alpensteinböcken, die 2003 aus einem privaten Gehege ausgebrochen sind und sich rasant vermehrten.

      An diesem Tag haben wir sogar sehr viel Glück. Zwei Steinböcke verbringen ihre Siesta direkt auf dem Steg und haben nicht die geringste Lust, uns passieren zu lassen. Einer der Vierbeiner hüpft leichtfüßig auf die steile Wand, doch als wir uns nähern, versperrt er uns Eindringlingen erneut den Weg. Nach einer knappen Viertelstunde auf Tuchfühlung mit den Königen der Alpen haben wir verstanden und kehren um. Dieses Teilstück des Stegs ist hier und heute nicht unser Revier.

       Hirsch trifft Lama

      »Gemma Lamas streicheln!«, sagt Selma und marschiert Richtung Gehege. Insgesamt drei Lamas und drei Alpakas, allesamt Männchen, gehen regelmäßig mit Besuchern spazieren. Ja, genau so und nicht umgekehrt. Der Zweibeiner hält zwar pseudomäßig eine Leine in der Hand, aber die Kamele geben das Tempo vor. Wenn sie fressen möchten, fressen sie. Wenn sie austreten müssen, kann das dauern. Wenn sie einfach stehen und schauen wollen, tun sie das ebenso.

      »Ich sag immer, das ist die beliebteste Männer-WG Österreichs.« Selma lacht. Kein Wunder, die Tiere sind von sanftem Gemüt, haben ein kuscheliges, weiches Fell und, man kann es nicht anders sagen, ein herziges Gschau. Während sich die Lamas widerspruchslos am Hals streicheln lassen, interessieren sich die Alpakas hauptsächlich für die Pflanzen am Wegesrand. Sie sind kleiner und zierlicher als Lamas und ihre Gesichter sehen aus, als ob sie aus dem Walt-Disney-Universum stammen würden. Alpakas werden in ihrer Heimat Südamerika hauptsächlich als Wolllieferanten gezüchtet, Lamas kann man auch als Lastentiere verwenden, zum Reiten eignen sich beide Rassen nicht. Einmal im Jahr werden die Tiere geschoren, die Wolle wird zweimal pro Saison in Filz- und Spinnworkshops mit Kindern verarbeitet.

      In Begleitung der Kamele schlendern wir Richtung Rotwildgehege, dem Ziel der gemächlichen Wanderung. Dort kann man an Futterautomaten Getreidekörner für die Rehe und Hirsche, zum Teil herrliche Vierzehnender, kaufen und auf die Futterkrippe streuen. Hinter dem Zaun frisst das Wild, davor tun sich die Lamas und Alpakas gütlich, alle gemeinsam aus dem gleichen Trog. Ein seltener und friedvoller Anblick.

       Info

       Naturpark Hohe Wand

      Kleine Kanzelstraße 241, 2724 Hohe Wand-Maiersdorf

      •www.naturpark-hohewand.at

       Tandemflüge

      •www.fly-hohewand.at

       Tipp

       Tierisches Nikolo-Event auf der Hohen Wand

      Beim und im Köhlerhaus veranstaltet das Naturpark-Team jedes Jahr am 8. Dezember einen »tierisch guten« Kinderadvent. Im Streichelzoo warten die Tiere, um von den kleinen Gästen verwöhnt zu werden. Eine Lamawanderung zum Hirschgehege mitsamt Fütterung und eine Fahrt mit der Pferdekutsche stehen dabei ebenso auf dem Programm wie Basteln, Singen und eine Stärkung am Lagerfeuer. Bei Einbruch der Dunkelheit schaut dann endlich der Nikolo vorbei.

       Poesie des Wassers

      Täglich stürzen fünf Millionen Liter Wasser über die Kaskaden der Myrafälle in die Tiefe. Das Naturdenkmal erstrahlt an den Wochenenden nach Einbruch der Dunkelheit in einer mystisch anmutenden Festbeleuchtung.

      »Die Myrafälle sind höher als die Niagarafälle, aber Letztere stürzen ungebremst hinunter, bei uns gibt es hingegen viele kleine Stufen«, sagt Alfred Pottenstein. Der rüstige Pensionist läuft flott über die Brücken und Stege nach


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