Vom Wienerwald zur Buckligen Welt. Alexandra Gruber Carina

Vom Wienerwald zur Buckligen Welt - Alexandra Gruber Carina


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die Verwaltung der Muggendorfer Fremdenverkehrsattraktion. Um seinen reizvollen Arbeitsplatz könnte man ihn beneiden. »Es ist um einige Grad kühler als in Wien, manche Städter kommen im Hochsommer abends hierher, um sich abzukühlen«, schreit er, um das tosende Wasser zu übertönen. Erstaunlich, wie beruhigend und harmonisch Lärm sein kann, fast ein bisschen poetisch.

      26 Brücken und sieben Stiegen führen auf dem gut ausgebauten Wanderweg durch das Naturdenkmal hinauf bis zum Stauweiher. Neben uns stürzt klares Gebirgswasser in die Tiefe, jeden Tag etwa fünf Millionen Liter. Durch den kräftigen Dauerregen der letzten Wochen und die noch andauernde Schneeschmelze donnert es derzeit besonders laut über die Kaskaden. Der namensgebende Myrabach entspringt am Fuße des Unterberges aus der Myralucke und wird von einem unterirdischen See gespeist. Rund 500 Jahre nutzte man die Myrafälle für Wassermühlen und Sägewerke. Reste einer Sägemühle sind noch erhalten, die Schleif- und Bremspuren der mit Holz beladenen Pferdefuhrwerke sind nach wie vor in den Felsen sichtbar.1912 wurde ein Speicherkraftwerk gebaut, das sechs Jahrzehnte lang in Betrieb war.

      Am Stauweiher angekommen, wählen wir den linken Weg auf den Hausstein (664 m). Wir durchqueren Wälder, spazieren über eine idyllische Bergwiese und legen beim Gipfelkreuz mit Blick über den Wiener Alpenbogen eine Pause ein. Danach wandern wir weiter zum oberen Stausee und wieder zurück zu unserem Ausgangspunkt beim Myrateich.

      An den Wochenenden erstrahlen die Wasserfälle nach Einbruch der Dunkelheit in einer beeindruckenden Festbeleuchtung.

      Blick auf den Eingangsbereich und das Gasthaus Myra-Stubn.

       Inspiration für ein Zauberspiel

      Zu Beginn des 19. Jahrhunderts tauchten die Myrafälle in den ersten Reiseberichten auf, Kaiser Franz II. und seine Gemahlin Maria-Theresa Karolina statteten ihnen daraufhin 1801 einen Besuch ab. Die Ehefrau von Franz II. wird häufig mit der bedeutenden Monarchin verwechselt, jene Maria Theresia starb allerdings bereits 1780. Wie immer folgten der Adel, wohlhabende Bürger und Künstler den ausgetretenen Pfaden der Kaiserfamilie. Auch Ferdinand Raimund soll durch die Magie der Landschaft zu seinem romantischen Zauberspiel Der Alpenkönig und der Menschenfeind inspiriert worden sein.

      Im Zuge des Baus der Eisenbahnlinie Leobersdorf–Gutenstein im Jahr 1878 ließ der Österreichische Touristenklub Wege markieren und Brücken sowie Stege bauen, um dadurch die Myrafälle für Wanderer leicht begehbar zu machen. Bis heute betreut er das Naturdenkmal, inzwischen wurden auch Parkplätze und moderne Sanitäranlagen errichtet, Besucher haben die Wahl zwischen vier Gastronomiebetrieben.

      Von Mai bis Oktober erstrahlen die Wasserfälle an den Wochenenden (Freitag, Samstag, Sonntag) und an Feiertagen nach Einbruch der Dunkelheit bis 23 Uhr in einer beeindruckenden Festbeleuchtung. Dann ist es auf den Brücken und Stegen meist sehr einsam, angesichts der tosenden Wasserfälle aber nie still.

       Info

       Österreichischer Touristenklub

      Sektion Pernitz, Myrafälle 1, 2763 Muggendorf

      •www.myrafaelle.at

       Tipp

       Ferdinand Raimund in Gutenstein

      Der österreichische Dramatiker (1790–1836) liegt auf dem Bergfriedhof seiner Wahlheimat Gutenstein im Piestingtal, auch bekannt als Biedermeiertal, begraben. Er kam tragisch zu Tode. Als er von einem Hund gebissen wurde, nahm er fälschlicherweise an, das Tier wäre tollwütig und versuchte sich zu erschießen. Ein paar Tage später verstarb der Künstler an der Schussverletzung. Ihm zu Ehren finden seit mehr als einem Vierteljahrhundert in Schloss Gutenstein jeden Sommer die Raimundspiele statt. Dem Dramatiker und Schauspieler wurde auch eine Gedenkstätte mit Museum in dem Haus gewidmet, das er bei seinen Besuchen in Gutenstein bewohnte. In vier Räumen werden eine Vielzahl von Exponaten mit mehr oder weniger Bezug zu ihm präsentiert, unter anderem eine Haarlocke Raimunds.

      •www.raimundspiele.at

      •www.gutenstein.at/sehenswertes/museen/

       Rolltreppenfahren in der Klamm

      Der Betreiber des Triestingtaler Naturjuwels führt alle Jahre wieder Reporter und Wanderer hinters Licht.

      Seit 2012 ereignet sich in Furth an der Triesting jedes Jahr zu Saisonbeginn Erstaunliches. Einmal wird direkt in der Klamm eine Rolltreppe eingebaut, ein anderes Mal der erste sensorgesteuerte Selfie-Elevator Europas, der folgendermaßen funktioniert: Der Sensor begleitet in einer Selfie-Halterung die Kletterer auf einer 15 m langen Leiter nach oben, damit sie sich selbst mit ihrem Handy filmen können. 2019 wurde ein 983 m langer Verbindungsstollen zwischen den Myrafällen (siehe Kapitel 5) und der Steinwandklamm gefunden, der mit Hilfe eines Investors rasch wieder begehbar gemacht werden konnte.

      Eines dieser ungewöhnlichen Ereignisse lockte am 1. April 2016 einen Lokalreporter nach Furth, um über eine neue Pumpstation in der Steinwandklamm zu berichten. Die hochmoderne Anlage der Vorarlberger Firma Pumpi sollte laut Klamm-Betreiber Franz Singer in der Lage sein, bis zu zwei Millionen Sekundenliter Wasser in ein Sammelbecken zu pumpen. Diese Innovation würde selbst an den wochenlangen Hundstagen im Hochsommer für einen tosenden Wasserfall sorgen!

      Der Redakteur hat die Einladung zur Einweihung der Pumpstation wohl nur flüchtig überflogen und das Datum ignoriert. Als ihm klar wurde, dass er das Opfer eines Aprilscherzes geworden war, nahm er es mit Humor. Die Geschichte erschien genauso in der Zeitung, wie sie sich zugetragen hatte.

      »Seit 2012 lasse ich mir jedes Jahr etwas Kurioses einfallen, das ich am 1. April auf die Webseite stelle. Immer wieder fallen Leute auf meine Fake-News herein, der eine möchte den Selfie-Elevator nutzen, ein anderer mit der Rolltreppe fahren oder den Tunnel durchqueren«, erzählt Singer mit einem breiten Grinsen. Für 2020 habe er auch schon eine Idee. Der 79-jährige Klamm-Betreiber hat sich bei manchen den Ruf eines Querulanten erarbeitet, wir erleben ihn als bodenständig, witzig und freundlich. Er äußert lediglich seinen Unmut energisch, wenn ihm etwas auf die Nerven geht – so ärgern ihn jene Wanderer, die sich heimlich beim Drehkreuz vorbei in die Klamm schleichen, weil sie zu geizig sind, um die paar Euro Erhaltungsbeitrag zu bezahlen. Obendrein stört ihn die überbordende EU-Bürokratie. Vor allem letztere Aversion wird den Besuchern nicht lange vorenthalten. Im Eingangsbereich steht eine Tafel mit der Aufschrift: »EU-freie Zone. Hier gilt der gesunde Hausverstand! Vergessen Sie den Regulierungswahn der EU-Bürokraten!« »Manchmal verziehen Leute das Gesicht, wenn sie die Hinweistafel lesen. Aber die meisten schmunzeln«, erzählt er. Mit Politikern im Allgemeinen hat der Klamm-Betreiber auch nicht viel Freude. »Regierungsmitglieder zahlen bei uns € 98,– Eintritt.« Natürlich sei in den letzten Jahren noch kein bekannter Parlamentarier vorbeigekommen, aber falls einer auftauchen sollte, würde er zur Kasse gebeten …

      Beschauliche Wanderung entlang des Wasserfalls.

      Klamm-Betreiber Franz Singer ist naturverbunden und mag keine Bürokratie.

       Türkenloch und das größte Spiegelei


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