Flüchtlinge im Handwerk integrieren und beschäftigen. Anouschka Wasner

Flüchtlinge im Handwerk integrieren und beschäftigen - Anouschka Wasner


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Was ist ein Trauma, was eine posttraumatische Belastungsstörung?

       5.3 Was braucht der neue Mitarbeiter, damit der Einstieg gelingt?

       5.4 Was brauchen Vorgesetzter und Team, damit der Einstieg gelingt?

       5.5 Was tun, wenn sich Mitarbeiter oder Kunden diskriminierend verhalten?

       6. Initiativen der Handwerkskammern

       7. Hilfe im Netz

       7.1 Links mit mehrsprachigen Angeboten für Ihren neuen Mitarbeiter

       7.2 Links zu unternehmerischen Organisationen, die sich für Flüchtlinge engagieren

       7.3 Weitere nützliche Links

       8. Glossar

       Literaturverweise

       Die Autorin

       Stichwortverzeichnis

      1. Flüchtlinge im Handwerk –

       eine Win-win-Situation?

      1.1 Wer ist das eigentlich – der „Flüchtling“?

      An wen denken Sie, wenn Sie sich einen „Flüchtling“ vorstellen? An den 20-jährigen schlaksigen Jungen mit dunkler Haut und Baseballkappe oder an die ältere Frau mit Kopftuch, die nur wenige Worte Deutsch spricht? An den bescheiden wirkenden Lehrer aus Syrien oder an das traumatisierte minderjährige Mädchen, das alleine aus Äthiopien nach Deutschland geflohen ist und viel zu schüchtern ist, um mit Ihnen zu sprechen?

      Auch wer versucht, sich von Vorurteilen fernzuhalten, muss erkennen: Es gibt wenige Lebensrealitäten, die in unserer Gesellschaft so über einen Kamm geschoren werden, wie das Phänomen „Flüchtling“. Dabei sind es unendlich viele Personengruppen, die auf ihrer Suche nach Zuflucht nach Deutschland kommen: Frauen, Männer, Kinder aller Alterstufen, aus allen gesellschaftlichen Schichten, mit den verschiedensten Ansichten zu Religion, mit den unterschiedlichsten schulischen und beruflichen Ausbildungen und Fähigkeiten, politischen Hintergründen und Erfahrungen, auf dem Land oder in der Stadt Sozialisierte – und jede und jeder von ihnen ist wie alle Menschen mit den unterschiedlichsten individuellen Erfahrungen und Eigenschaften ausgestattet.

      Menschen, die nach Deutschland flüchten, haben nur eine Gemeinsamkeit: Sie suchen Schutz vor etwas so Bedrohlichem, dass sie sich entscheiden, ihre Heimat, ihre Existenz sowie Familie und Freunde zu verlassen, um die beschwerliche, oft lebensgefährliche Flucht nach Europa anzutreten. Keiner flüchtet freiwillig. Äußere Umstände, die die Freiheit, Sicherheit und körperliche Unversehrtheit bedrohen, zwingen dazu. Flüchtlinge suchen Schutz, weil sie Angst davor haben, Opfer von Ermordung, Folter, Vergewaltigung, Inhaftierung, Versklavung oder Hunger zu werden.

      Das ist auch aus Sicht der aufnehmenden europäischen Staaten die entscheidende Gemeinsamkeit geflüchteter Menschen. Die Genfer Flüchtlingskonvention definiert einen Flüchtling als eine Person, die sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und die aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aufgrund ihrer politischen Überzeugung begründete Furcht vor Verfolgung hat. Dabei kann der Geflüchtete nicht mit dem Schutz durch sein Heimatland rechnen. Nicht alle in Deutschland Zuflucht Suchenden erhalten auf dieser juristischen Grundlage ihren Schutzstatus (dazu an anderer Stelle mehr), gemeinsam ist jedoch allen mit Schutzstatus, dass sie sich bei Rückkehr in ihre Heimat in einer lebensbedrohlichen Situation befänden.

      Für einen Handwerksbetrieb, der überlegt, einen Geflüchteten zu beschäftigen, ist das Wissen um diese Zusammenhänge deswegen wichtig, da die Bedingungen, unter denen die Person in Deutschland arbeiten kann, auf der Grundlage des Schutzstatus bzw. Aufenthaltstatus definiert werden (siehe Kapitel 2). Und da ein Flüchtling juristisch ein Flüchtling bleibt, solange er nicht die deutsche Staatsbürgerschaft erhält, ist dieser Status gegebenenfalls lange Zeit ein Thema.

      Um die gute Nachricht vorwegzunehmen: Wurde ein nach Deutschland geflüchteter Mensch anerkannt und hat er einen Aufenthaltstitel erhalten, gelten für seine Beschäftigung keine Beschränkungen mehr, auch wenn er eben weiterhin als Flüchtling gilt. Und da der Aufenthaltstitel verlängerbar oder unbefristet ist, besteht in der Regel für ein beschäftigendes Unternehmen ab diesem Zeitpunkt Planungssicherheit. Anerkannte Flüchtlinge bilden die große Mehrzahl innerhalb der Personengruppe der Flüchtlinge!

      Will man dagegen eine Person beschäftigen, deren Asylantrag noch nicht bearbeitet wurde bzw. die geduldet ist, ist die Sache mit dem Aufenthalts- und dem Beschäftigungsgesetz nicht so leicht zu überschauen. Leider kann diese Situation manchmal über mehrere Jahre, bei Geduldeten sogar Jahrzehnte andauern. Die erzwungene Untätigkeit (bzw. erschwerte Aktivitätsaufnahme) ist für die Betroffenen nicht nur psychisch extrem schwer zu ertragen. Gleichzeitig vergeht auch wertvolle Zeit, in der bereits viele Schritte in Richtung Integration erfolgen könnten. Diese Umstände können außerdem von jenen, die ein politisches Interesse daran haben, missbraucht werden, um das konstruierte Vorurteil, dass Asylbewerber faul sind und uns auf der Tasche liegen, zu schüren. Aus allen Blickwinkeln heraus ist es also wichtig, eventuelle Widrigkeiten zu überwinden und den Flüchtlingen so früh wie möglich ein Teilnehmen an der Arbeitswelt zu ermöglichen.

      1.2 Was motiviert das Handwerk, die Chance zu nutzen?

      Die naheliegendste Antwort auf die Frage, warum jemand einen geflüchteten Menschen in seinem Unternehmen beschäftigen möchte, ist doch: „Ja, warum denn nicht?“ Denn letztlich ist immer noch entscheidend, ob jemand sein Handwerk beherrscht – und nicht, aus welchem Land er kommt.

      Gesellschaftlich betrachtet birgt die Frage eine schon fast zwingende Logik: Während Deutschland aus demografischen Gründen dringend Bedarf an Zuzugsreproduktion – also eine Erweiterung der Gesellschaft über Zuwanderung – benötigt, sind viele, in der Mehrzahl junge Menschen, aus anderen Ländern neu in dieses Land gekommen. Als einheimischer Bevölkerung bieten sich uns zwei Möglichkeiten: Entweder wir ergreifen die Chance und gestalten die Bedingungen so, dass über eine Integration in den Arbeitsmarkt gleichzeitig das Bedürfnis der Flüchtlinge, sich eine neue Existenz aufzubauen, befriedigt wie auch der Bedarf im hiesigen Arbeitsmarkt gedeckt wird und damit die Existenz manches Betriebes gesichert ist. Oder wir verharren untätig in der Hoffnung, dass wir nur alles Kommende ablehnen müssen, damit die Welt so bleibt, „wie sie immer war“ – und haben in jedem Fall eine Chance verspielt. Denn die Bedingungen für eine Integration in den Arbeitsmarkt müssen gestaltet werden, damit diese erfolgreich sein kann. Dabei lässt sich das, was jetzt nicht getan wird, irgendwann nicht mehr nachholen. [1]

      Auch für den einzelnen Betrieb gibt es einige sehr konkrete Gründe, die für die Beschäftigung von Geflüchteten sprechen. Diese Gründe, auf die wir nach und nach eingehen werden, sind offensichtlich so überzeugend, dass viele Unternehmen, die bereits Erfahrungen in diesem Zusammenhang gemacht haben, mögliche Herausforderungen


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