Gewalt. Frank Rudolph

Gewalt - Frank Rudolph


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auf: »was bin ich schuldig?« Nichts! nichts! versetz ich. Pack er sich, ins Teufelsnamen; die Franzosen ziehen augenblicklich ins Dorf! »Na!« sagt er, indem er in seinen Stiefel greift: »so solls ihm Gott lohnen«, und holt, aus dem Stiefel, einen Pfeifenstummel hervor, und spricht, nachdem er den Kopf ausgeblasen: »schaff er mir Feuer!« Feuer? sag ich: plagt ihn –? »Feuer, ja!« spricht er: »denn ich will mir eine Pfeife Tabak anmachen.« Ei, den Kerl reiten Legionen –! He, Liese, ruf ich das Mädchen! und während der Kerl sich die Pfeife stopft, schafft das Mensch ihm Feuer. »Na!« sagt der Kerl, die Pfeife, die er sich angeschmaucht, im Maul: »nun sollen doch die Franzosen die Schwerenot kriegen!« Und damit, indem er sich den Hut in die Augen drückt, und zum Zügel greift, wendet er das Pferd und zieht von Leder. Ein Mordkerl! sag ich; ein verfluchter, verwetterter Galgenstrick! Will er sich ins Henkers Namen scheren, wo er hingehört? Drei Chasseurs – sieht er nicht? halten ja schon vor dem Tor? »Ei was!« spricht er, indem er ausspuckt; und faßt die drei Kerls blitzend ins Auge. »Wenn ihrer zehen wären, ich fürcht mich nicht.« Und in dem Augenblick reiten auch die drei Franzosen schon ins Dorf. »Bassa Manelka!« ruft der Kerl, und gibt seinem Pferde die Sporen und sprengt auf sie ein; sprengt, so wahr Gott lebt, auf sie ein, und greift sie, als ob er das ganze Hohenlohische Korps hinter sich hätte, an; dergestalt, daß, da die Chasseurs, ungewiß, ob nicht noch mehr Deutsche im Dorf sein mögen, einen Augenblick, wider ihre Gewohnheit, stutzen, er, mein Seel, ehe man noch eine Hand umkehrt, alle drei vom Sattel haut, die Pferde, die auf dem Platz herumlaufen, aufgreift, damit bei mir vorbeisprengt, und: »Bassa Teremtetem!« ruft, und: »Sieht er wohl, Herr Wirt?« und »Adies!« und »auf Wiedersehn!« und: »hoho! hoho! hoho!« – So einen Kerl, sprach der Wirt, habe ich zeit meines Lebens nicht gesehen.

      Wie jemand einen Kampf übersteht, hängt in erster Linie vom entschlossenen Willen und von der geistigen Stärke im Moment des Kampfes ab, nicht so sehr von der Stärke der Muskeln. Wenn Sie mit absoluter Entschlossenheit zu Werke gehen, haben Sie in jedem Kampf eine Chance. Es ist nicht unbedingt nötig, stärker als der Angreifer zu sein. Die Hauptsache ist, ihm einen festeren Willen entgegenzusetzen. Will der Gegner Sie lebensgefährlich verletzen, müssen Sie bereit sein, ihn zu töten.

      Im chinesischen Militärwerk »Sūnzǐ Bīngfǎ« steht ein sowohl für die Militärstrategie als auch für die zivile Selbstverteidigung entscheidender Satz: »Lass deine Soldaten erst in einem Gelände und einer Situation kämpfen, die hoffnungslos erscheint und in der die Soldaten nur noch den Tod vor Augen haben.« Das haben Feldherren verschiedener Epochen in der Tat erfolgreich praktiziert. Auch sonst wenig am Kampf Interessierte werden, wenn man sie völlig in die Enge getrieben hat und sie keine Wahl mehr haben, sich mit Zähnen und Nägeln zur Wehr setzen. In einer solchen Situation vergisst der Mensch alle Interessen, Nachsichten, Gefühle und klammert sich an nichts mehr. Er wird zum Tier und folgt nur noch seinen natürlichen und wildesten Instinkten, ohne sich um zivile, von der Kultur geprägte Verhaltensweisen zu kümmern. Wir schalten alle jungen Gehirnregionen ab und folgen ausschließlich den Befehlen unseres Stammhirns.

      Wägen Sie jedoch in jeder Situation genau ab, ob Sie wirklich keine andere Möglichkeit mehr haben als zu kämpfen. Sobald sich eine Fluchtmöglichkeit bietet, nutzen Sie diese. Lassen Sie sich niemals aus Gründen der »Ehre« auf einen Kampf ein.

      Friedrich Nietzsche1 sagte einmal: »Ich fürchte, die Tiere betrachten den Menschen als ein Wesen ihresgleichen, das in höchst gefährlicher Weise den gesunden Tierverstand verloren hat.« Genau das ist es, wir haben das Überleben unter Gefahr fast verlernt, und unsere Instinkte sind verkümmert.

      Es gab von jeher Hochstapler bzw. wenig dazu Qualifizierte, die Selbstverteidigungskurse anboten. In früheren Zeiten regelte sich das oft von selbst, indem ortsansässige Meister solche Betrüger zum Kampf forderten. Solche »Prüfungen« sind heute – bedauerlicherweise, möchte man sagen – nicht mehr üblich bzw. würden in der Öffentlichkeit vermutlich nicht gern gesehen … Heute gibt es selbsternannte Meister, die solch abstrakte Dinge wie einen Killerinstinkt lehren, ihre Schüler zu »Killern« erziehen und »echten Kampf« unterrichten wollen. Von solchen Leuten möchten wir uns ausdrücklich distanzieren. Jeder Mensch ist von Natur aus ein Tier und kann kämpfen. Niemand benötigt diese sinnlosen Kurse. Es ist reine Zeit- und Geldverschwendung.

      Wovon wir uns jedoch nicht distanzieren ist die Tatsache, dass wir biologisch gesehen nichts anderes als Tiere sind. Das sollten Sie auch nicht. Die Natur hat uns unter anderem ein Stammhirn mitgegeben, das nicht zwischen unfair und fair, zwischen richtig und falsch, zwischen moralisch korrekt und verwerflich unterscheidet. Dieser Teil unseres Gehirns ist nur für unser Überleben zuständig. Hier werden die grundlegendsten Notwendigkeiten geregelt, wie der Drang sich fortzupflanzen. Dort ist der Sitz der elementaren Gefühle wie Hunger, Durst, Wut, Angst oder Ekel. Hier entscheidet sich, ob man im Kampf angreift oder ob man flüchtet.2 Kommt es zum Kampf, dürfen Sie nur dadurch geleitet werden. Verlassen Sie sich im Kampf auf Ihr Großhirn, werden Sie nicht in der Lage sein, sich in einem regellosen Kampf zu behaupten. Derjenige, der es schafft, sich angesichts einer Bedrohung von seinen natürlichen Instinkten leiten zu lassen, wird überleben. Folgen Sie Ihren Instinkten und kämpfen Sie nicht gegen sie an.

      Unsere vier Gliedmaßen, unsere Zähne, unsere Finger eigenen sich gut zum Kämpfen. Am menschlichen Körper gibt es sehr weiche Stellen wie den Hals. Wir können diese Stellen greifen oder uns in sie verbeißen. Es gibt Körperöffnungen wie die Augen und den Mund, in die wir uns mit unseren Fingern hineinkrallen können. Wir können an den Haaren, den Ohrmuscheln oder an der Nase ziehen oder auch die Geschlechtsteile quetschen.3 Wir können Finger und Zehen verbiegen oder brechen. All das kann uns einen Vorteil verschaffen.

      Wenn in der Schule kleine Kinder in ernste Auseinandersetzungen geraten, werden sie anfangen zu beißen und zu kratzen. Das ist ganz natürlich und von der Natur so vorgesehen. Der empörte Lehrer oder die Eltern sagen dann, dass sich so ein Verhalten nicht gehöre. Es sei unanständig, zu beißen und zu kratzen. Die Gesellschaft nennt solch ein Tun feige und unfair. Aber das ist Unsinn. Wäre es von der Natur nicht gewollt, hätte sie uns diese Fähigkeiten nicht mitgegeben.

      Als Mike Tyson seinen Gegner Evander Holyfield ins Ohrläppchen biss, wurde er gesellschaftlich geächtet. Doch es ist lediglich so, dass bei Tyson der natürliche Instinkt durchbrach, als er den Kampf gegen Holyfield nach den sportlichen Regeln nicht mehr zu gewinnen vermochte. Unsere Kampfinstinkte und Techniken werden uns aberzogen. Im wirklichen Kampf ist das jedoch nachteilig. Fair und unfair gibt es dort nicht; Feigheit und Mut existieren nicht. Die besten Straßenkämpfer halten sich an keine Regeln und folgen keiner Moral. Wenn es wirklich darauf ankommt, agieren sie ohne Hemmungen.

      Sie können ohne weiteres Sportarten wie Ringen oder Judo trainieren. Oder Sie ziehen sich die Handschuhe über und kämpfen geregelt Mann gegen Mann. Wenn Sie es härter mögen, nehmen Sie am Freefight oder UFC teil. Es bleibt immer noch ein geregelter Sport. Sie müssen nur wissen, dass all diese Sachen für den wirklichen Überlebenskampf relativ wenig Nutzen haben. Diese Kampfsportarten halten im besten Falle Ihren Körper fit und gewöhnen Sie ein wenig an Treffer. Aber Sie müssen sich bewusst sein, dass all das von der Realität eines wirklichen Kampfes gegen einen erfahrenen Schläger noch weit entfernt ist. Im Gegenteil, vertiefen Sie sich nicht zu sehr in diese Sportarten, denn sonst verlieren Sie Ihr Gefühl für die Realität.

      Foto 8

      Foto 9

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      Foto 11

      Fotos 8 bis 11: »Augenwischen« ist eine der einfachsten Angriffshandlungen,


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