Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten Deutschlands. Wolfram Letzner

Die 50 bekanntesten archäologischen Stätten Deutschlands - Wolfram Letzner


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den Ausgrabungen zeigte sich vor allem auch eine Veränderung in der Landschaft: Als die slawische Siedlung entstand, gab es eine Halbinsel, der eine Insel vorgelagert war. Heute stellt sich die Situation anders dar. Der Bereich zwischen der Halbinsel und der Insel ist im Laufe der Jahrhunderte verlandet. Um den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen, musste man bei der Anlage des Museums mittels „Kanälen“ die Anmutung einer Insel schaffen.

      Die Archäologen stellten bei ihren Ausgrabungen fest, dass zunächst im 9. Jh. eine Siedlung auf der Halbinsel entstand, die durch einen Graben und eine Palisade mit Wehrgang gesichert war. Der Zugang erfolgte über eine heute rekonstruierte Brücke, die zum einzigen Tor führte.

      Innerhalb des so begrenzten Siedlungsgebietes vermuteten die Ausgräber 40 Häuser, die eng beieinander standen. Es handelte sich dabei um recht einfache Gebäude mit einer Grundfläche von 20 m², die aus Holz und einer Art Fachwerk errichtet waren. Exemplarisch sind einige dieser Häuser wieder errichtet worden.

      Das Besondere an der Siedlung war aber, dass ihr ein Plan zugrunde lag. Nachgewiesen werden konnte dies, da man einen heute wieder vorhandenen Bohlenweg fand, der die Siedlung durchschnitt und zu einem Brückenbau führte, dessen Länge mit 100 m angegeben wird und der die Verbindung zur Insel darstellte. Zu beiden Seiten des Bohlenwegs standen die Häuser.

      Eine Antwort auf die Frage, warum in dieser Phase eine Brücke zur Insel geschlagen wurde, lässt sich vermuten. Auf der Insel konnten nämlich Reste von Gebäuden nachgewiesen werden, die in der Forschung als Speicherbauten gedeutet werden.

      Blickt man auf den Plan der Siedlung, so erkennt man im südwestlichen Teil Groß Radens ein Gebäude, dass innerhalb der Siedlung isoliert ist und zu dem ebenfalls ein Bohlenweg führte. Dieser 7 x 11 m große Bau war mit einigem Aufwand errichtet worden, weil seine Wände aus einer doppelten „Stabbohlenwand“ bestanden. Außerdem war er von Pfosten umgrenzt, die in regelmäßigen Abständen nachgewiesen werden konnten. Bei den äußeren Bohlen glaubt man, in deren oberen Abschlüssen stilisierte Menschendarstellungen erkennen zu können. An den Schmalseiten des Gebäudes ließen sich Lücken nachweisen, die auf jeweils einen Eingang hindeuten. Ob das Gebäude überdacht war, ließ sich bei den Ausgrabungen nicht eindeutig ermitteln. In der Rekonstruktion hat man sich dafür entschieden, ein Walmdach zu bauen.

      Wie aber ist der Bau zu interpretieren? Weil man in der Nähe der Eingänge Pferdeschädel gefunden hatte, entstand die Vermutung, es handele sich um einen Tempel. Gestützt wird diese Vermutung durch Beschreibungen slawischer Tempel in mittelalterliche Quellen, wie etwa in der Gesta Danorum des Chronisten Saxo Grammaticus (ca. 1140–1220).

      Interessante Einblicke in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Ortes bot ein kleiner Werkplatz, der von den Wohnhäusern getrennt angelegt war. Der Grund dafür konnte die Archäologie liefern: Man grub hier eine Reihe von Kuppelöfen aus, die zur Keramikherstellung und zum Backen von Brot dienten. Von ihnen ging eine latente Gefahr aus, die die ganze Siedlung hätte zerstören können. Oft genug sind im Mittelalter ganze Städte abgebrannt.

      Weiter konnte in der Siedlung eine differenzierte Wirtschaft durch die Funde dokumentiert werden: Schmiede, Böttcher und andere Handwerke ließen sich beobachten.

      Etwa um das Jahr 930 veränderte sich offenbar die Sicherheitslage in Groß Raden, denn die Insel erhielt einen Holz-Erde-Wall. Nur ein Zugang war vorhanden, den man aufgrund seiner Konstruktion als Tunneltor bezeichnet.

      Nur wenige Jahre später, um 950, wurde die Siedlung einschließlich der Inselbebauung vollständig zerstört. In der Forschung denkt man daran, hier eine Verbindung mit einem Feldzug des späteren römisch-deutschen Kaisers Otto I. im Jahr 955 gegen die hier ansässigen Slawen zu ziehen. Allerdings – auch das legen die Befunde nahe – scheint ein ausreichendes Bevölkerungspotential in Groß Raden verblieben zu sein, da ein schneller Wiederaufbau erfolgte.

      Wesentliche Veränderungen gegenüber der ersten Siedlungsphase bestanden in einer veränderten Wohnarchitektur. Die Häuser wurden größer und in Blockbauweise angelegt. Auf einen Wiederaufbau des Tempels verzichtete man, vielleicht weil die Einwohner des Ortes den Kult auf die Insel verlegten.

      Die Insel erhielt einen neuen, größeren Kreiswall mit einem Innendurchmesser von 25 m und einer Höhe von mindestens 8 m. Entlang des Walls entstanden Gebäude, die bislang nicht gedeutet werden konnten. Wie bei seinem Vorgänger erfolgte der Zugang durch ein Tunneltor, das 2009 rekonstruiert wurde. (Abb. 3)

Abb.%205_Gross_Raden_2_Selent.tif

      In einer letzten Phase wurde der Wall nochmals verstärkt, doch reichte dies nicht aus, um die Siedlung Groß Raden im 10. Jh. vor dem endgültigen Untergang zu bewahren.

      Archäologisches Freilichtmuseum Groß Raden, Kastanienallee, 19406 Groß Raden, Tel. 03847-2252, www.freilichtmuseum-gross-raden.de

      Literatur

      D. Jantzen, Das Archäologische Freilichtmuseum Groß Raden. Altslawischer Tempelort des 9. und 10. Jahrhunderts. Ein Führer durch das Freigelände ²(2012).

      Im 19. Jh. war Plate-Pekatel Ort eines sonderbaren Fundes, der in der Forschung seit seiner Auffindung reichlich Anlass zur Deutung bietet. Aus einem bedeutenden Grabhügel der Bronzezeit kam ein merkwürdiges Objekt zum Vorschein, das die Frage „Kult- oder Tischgerät?“ aufwirft.

      [04] Plate-Peckatel (Lkr. Ludwigslust-Parchim) – ein Grab mit einem besonderen Fund

      Mecklenburg-Vorpommern

      Im 19. Jh. gab es in Peckatel vier Grabhügel, die in einer Niederung lagen. Sie erweckten das Interesse von George Christian Friedrich Lisch (1801–1883), der in den Jahren 1843 und 1845 zwei der Hügel ausgraben konnte. Der dritte Hügel wurde durch den Eisenbahnbau 1888 zerstört und der letzte fiel den Interessen des Eigentümers zum Opfer.

      Glücklicherweise hatte Lisch die Hügel soweit aufgenommen, dass wir heute ihre Größe kennen. Sie hatten etwa einen Durchmesser von 30 m und ihre Höhe schwankte zwischen 1,5 und 3 m.

      Der Hügel I war mit einer Steineinfassung aufwendiger konstruiert als Hügel II. Bei den Bestattungen in beiden Hügeln handelte es sich sowohl um Körper- als auch Brandbestattungen.

      Interessant war aber aufgrund der Beigaben Hügel I. In ihm fand man zahlreiche Gegenstände aus Bronze. Dazu zählten ein Messer, ein Griffzungenschwert, ein Tüllenbeil und eine Fibel. Herausgehoben waren aber ein Armring aus Gold und ein seltsames Gefäß aus Bronze, das auf ein Gestell mit vier Rädern montiert war: ein Kesselwagen. Ein genauerer Blick auf diesen und seine Bestandteile zeigt, dass das Objekt selbst eine Höhe von 35,5 cm hat. Die schon erwähnten Räder haben einen Durchmesser von 10,7 cm und sind wie die Achsen gegossen. Diese sind über geschmiedete Gestänge mit einem Fußelement verbunden, das den eigentlichen Kessel aus getriebenem Bronzeblech mit einem Buckeldekor trägt. Vier tordierte Griffe sind am Gefäßrand angebracht. (Abb. 4)

Abb.%206_Peckatel.tif

      Gesichert ist somit, dass hier jemand beigesetzt worden war, der in seiner Heimat eine bedeutende Rolle gespielt hatte. Aber wie war dieser Kesselwagen zu deuten? Diese Frage musste sich auch der Ausgräber gestellt haben, der den Fund zunächst als singulär betrachten musste. Inzwischen hat sich zwar der Denkmälerbestand etwas erweitert, doch einer präzisen Deutung entziehen die Kesselwagen sich weiterhin. In der Forschung finden sich zwei


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