Mein Haus, mein Hof, mein Rudel. Gisela Gersch-Gernoth

Mein Haus, mein Hof, mein Rudel - Gisela Gersch-Gernoth


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So verharren wir wieder eine lange Weile, währenddessen Paula schon mal Wasser trinkt, das ich mitgenommen habe, nachdem sie sich die Anstrengung des Spiels abgehechelt hat. Auf Felix treffen wir häufiger, wenn wir zur Bult fahren. Jetzt ist die Leine immer dabei. Und so heißt es in Zukunft oft: »Wollen wir schauen, ob Felix da ist?« Leuchtende Augen sind die Antwort und Paula flitzt zur Haustür.

       Ja, Felix – mein Freund …

      Paula und Nasho

      NASHO, BICKU, QUIETSCHI

      Neuerdings treibe ich mich nicht nur in den Tierhandlungen herum, um die verschiedenen Leckerlis zu kaufen, wobei ich lerne, dass die am strengsten riechenden zu Hause auf besonderes Wohlwollen stoßen, nein, man sieht mich auch in den Spielwarenabteilungen der Kaufhäuser, die mich in besonderes Verzücken versetzen. Ich schleppe Spielzeug mit nach Hause, bissfestes aus dem Tierladen, weiches aus dem Kaufhaus. So kaufe ich eine Figur aus Entenhausen, es ist wohl Donald im Matrosenanzug, der anfangs herrlich quiekt, wenn Paula ihn »bebeißt«. Doch seine Stimme versagt ziemlich bald, und danach verliert sie ihr Interesse. Aber er ist aus sehr stabilem Material, denn er lebt heute noch, nach über zwanzig Jahren. Dann ist da ein kleines Nashorn, Nasho genannt, grau, ca. 15 cm lang, außen mit Plüsch von sehr guter Qualität überzogen, das schon vom Welpen bekaut, besabbelt und hin- und hergetragen wurde. Nasho liegt immer irgendwo im Haus, sei es im Korb, sei es auf oder unter dem Sofa oder in anderen Winkeln. Nur einmal in fast fünfzehn Jahren hat Nasho die Waschmaschine kennengelernt, danach wurde es sträflich für einige Wochen vernachlässigt. Wird Nasho mit ins Freie genommen, muss es nie befürchten, dass die Hundeschnauze, nachdem sie eine passende Mulde erschnüffelt hat, Sand und Erde zusammenschiebt, um das dort platzierte Objekt – meistens ein Knochen, aber auch Donald oder andere Gummitiere – mit dem angehäuften Material zu bedecken. Nasho wird nie verbuddelt, sondern immer wieder ins Haus getragen. Spürt Paula, dass ein Spieltier aus Plüsch schonender behandelt werden muss?

      Mit dem Spielzeug ziehen auch diverse Koseworte in unser Haus ein. »Mein Spatz, Spätzchen, Mauseschwanz, Augenstern, Dackel, Süße, Moppelpoppel …« Und zu den bekannten Namen kommen auch neue Wortschöpfungen: Gehen wir spazieren, lobe ich Paula, wenn sie nach einem Abstecher zurückkommt: »Da bist du ja!« Wenn ich mich verstecke und sie mich freudig findet: »Da bist du ja.« Immer mit besonderer Betonung. »Da bist du ja«, heißt es auch, wenn sie mit Wolfgang wieder nach Hause kommt. Daraus entwickelt sich über die Zeit ein »da bischu ja« und »da bicku ja«, endgültig dann »Bicku«, und Paula hört auf diesen neuen Namen. »Bicku komm«, »Bicku hier«, »mein Bicku, wie geht es dir?« Auch das Wort Spazierengehen wird allmählich ersetzt. »Wollen wir jetzt bickeln gehen?«, heißt es nun. Paula hüpft und wedelt. Es ist, als hätte es nie etwas anderes gegeben und wir halten diesem Namen die Treue.

      An ihrem Spielzeug hängt Paula sehr. So wird auch Nasho nach fünf Jahren mit anderen Sachen in den großen Hundeumzugskarton gelegt, um in die neue Heimat ein Stück Beständigkeit hinüberzutragen. Ja, und das Lieblingsspielzeug geht natürlich immer mit auf Reisen, sowohl Nasho als auch Quietschi.

      Quietschi ist ein gelber Igel aus äußerst robustem Kunststoff, mit einer äußerst robusten Stimme, die eben immer quietscht, bei jedem Biss, und das Quietschen nie aufgibt. Bestimmt Prädikat sehr gut bei Stiftung Warentest, sehr zum Leidwesen meines Mannes. Eines Tages verschwand Quietschi, als seien Zauberkräfte am Werk gewesen, und Paula fand ihn auch schnüffelnd nicht wieder. Bei Knochen oder Ähnlichem hatte sie ja schon immer den Verdacht, dass Diebe an ihnen interessiert sein könnten. So hatte sie, fast noch im Welpenalter, auf dem Sofa hinter einem Kissen ein Stück Ochsenziemer versteckt, weil sie wohl gesättigt war und Vorratswirtschaft betrieb. Beim Nachmittagstee setzten wir uns auf das Sofa, um Zeitung zu lesen. Paula beobachtete uns sehr misstrauisch und ging unruhig vor dem Sofa auf und ab. »Was hast du denn?« Mit einem großen Seufzer ließ sie sich auf den Boden fallen, uns weiter beobachtend. Da die Zeitung nicht viel Neues zu bieten hatte und andere Aufgaben auf uns warteten, verließen wir bald unseren Platz. Kaum hatten wir uns erhoben, schlich Paula zum Sofa, schaute, sich äußerst gleichgültig gebend, hinter das Kissen und nahm das Ochsenziemerstückchen möglichst unauffällig mit. So landete es im Garten, gut mit Erde bedeckt, um dann nach einiger Zeit wieder hervorgeholt zu werden, ziemlich aufgeweicht und labbrig, aber doch wohl noch schmackhaft. Und genauso taucht eines Tages auch Quietschi wieder auf. Paula schleppt ihn ausdauernd mit sich herum, wie Nasho. Es gibt aber eine klare Unterscheidung: Nasho ist mehr für drinnen, Quietschi mehr für draußen, was seine Stimme erträglicher werden lässt. Also ist es keine Frage: Auch Quietschi kommt später in den Umzugskarton.

      Die neue Umgebung und die damit verbundene Aufregung, der große Garten, die anderen Tiere, das Älterwerden? War das der Grund? Jedenfalls hat Paula ihren Quietschi irgendwann vergraben und vergessen. Doch nach etlichen Jahren, als sie selbst schon im hohen Alter war, entdeckt sie ihn wieder, erdverkrustet. Sie juchzt vor Freude, wedelt, fiept, trägt ihn im Maul, stolziert weiter juchzend mit ihm zu uns herüber, lässt ihn fallen, hebt ihn wieder auf und … beißt zu. Er quietscht! Dann lässt sie ihn wieder fallen und schaut uns an.

       Quietschi wie früher – ganz der Alte.

      Zärtlicher Austausch

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