2062 Seiten Feuchte Liebe, nasser Sex. Fabienne Dubois
Koryphäe was die ehemaligen mittel- und südamerikanischen Kulturen anging, und vom Aussehen, seiner Statur und seinem Körperbau nach hätte er auch ein guter Sportler sein können. Schwarze Haare, breite Schultern. Aber sein Herz und seine Seele gehörten ganz der Wissenschaft. Da blieb der Rest des Lebens manchmal ein wenig außen vor.
Plötzlich erschreckte die vier ein nächstes Erdbeben, riss sie aus ihrer konzentrierten Beobachtung der Umgebung. Wo sollten sie hingehen? Sie verharrten dort, wo sie standen. Blickten ängstlich zum Talrand hinauf, hofften inständig, dass sich nicht die nächste Schlammlawine auf den Weg in Tal machte. Aber die Abhänge hielten.
Der Schreck saß natürlich tief. Gabriela hatte zu weinen aufgehört. Sie befand sich in einer Schockstarre. Die kleine Gruppe saß, lag oder stand immer noch auf dem grasbewachsen Rand des Wasserfallbeckens. Von dort aus hatte man schließlich den besten Überblick über das Tal. Als der Professor wieder zu sich fand und auch Gabriela ihren Schrei- und Heulkrampf überwunden hatte, kauerten sie sich eng zusammen, saßen still nebeneinander.
Seit dem Nachbeben war die Natur wieder ruhig geworden. Nicht der kleinste Laut war zu hören. Nur das Plätschern des Wasserfalls stellte die Geräuschkulisse in dem Tal dar.
“Und nun?“, warf Julia plötzlich in den Raum.
Die vier schauten sich an. Niemand hatte eine Antwort.
“Mir scheint dieser Platz hier ziemlich sicher zu sein. Mein Vorschlag ist, dass wir unsere Zelte hierher holen und heute die Nacht hier zu bringen.“
“Keine zehn Pferde bringen mich in ein Zelt“, flüsterte Gabriela ganz leise.
„Ich glaube, ich ziehe es ebenfalls vor, im Freien zu übernachten“, gab nun auch der Professor seine Meinung von sich.
Sebastian blickte zu Julia. “Ich glaube, wir beide haben dieses Unglück recht unbeschadet überstanden. Du bleibst bei Gabriela und dem Professor. Ich hohle die Zelte hoch.“
Mit diesen Worten stand Sebastian auf und machte sich auf den Weg zu den Schlafzelten. Immer wieder blickte er sich vorsichtig um, überprüfte die Bäume ob sie drohten auf ihn zu stürzen. Hoffte natürlich auch, dass es kein weiteres Nachbeben mehr gab. Aber schon nach wenigen Minuten kam das nächste schwächere Beben. Ließ das Laubwerk erzittern. Stellte die Tierwelt auf ruhig. Aber es war schließlich allgemein bekannt, dass nach einem starken Erdbeben Nachbeben kommen würden. Insofern war Sebastian nur leidlich beunruhigt.
Er schaffte es bis zu den Zelten. Eine Herde kleiner Affen, die bisher immer gebührenden Abstand um das Camp gehalten hatte, sauste zwischen den Zelten einher. Aufgeregt. Durcheinander. Bei den Menschen hätte man gesagt: hysterisch.
Sebastian musste mehrere Male auf und absteigen, bis er die vier Zelte und das verbliebene Hab und Gut zum Wasserfallbecken hoch transportiert hatte. Es kostete ihn viel Mühe. Denn zwischenzeitlich setzte starker Regen ein. Die Gruppe wurde im Nu durchnässt. Üblicherweise hätten sie sich nun in ihr großes Zelt zurückgezogen und ihre Ausgrabungsergebnisse besprochen. Davon konnte jetzt keine Rede mehr sein.
Der Professor schaffte es allmählich komplett zurück in die Wirklichkeit. Sein Schock schien überstanden. Gabriela zitterte am ganzen Körper. Ihr Schockzustand klang auch ab. Dennoch musste sich Julia weiterhin um sie kümmern.
“Unsere ganze Ausrüstung ist kaputt. Das, was wir ausgegraben haben, steht noch in Kisten neben dem großen Zelt. Die Schlammlawine hat alles verschont. Dafür haben wir weder Satelliten-Telefon noch Internet noch sonst eine Möglichkeit, mit der Außenwelt Kontakt aufzunehmen. Und wenn ihr mich fragt. Die große Schlammlawine hat das Tal so zugemacht, dass wir erst wieder heraus können, wenn der Schlamm getrocknet ist“, analysierte Sebastian.
Das hatte sich nämlich schnell als das große Problem erwiesen. Die Schlammlawine war nicht zu überwinden. Sebastian hatte nur am Rande der Lawine versucht in den Schlamm hinein zu gehen. Er war sofort in das weiche Material eingesunken. Damit war der Weg nach draußen versperrt. Die steilen Abhänge des Talrandes konnte man schwerlich erklimmen, da sie sehr dicht bewachsen und am oberen Talrand auch besonders steil waren. Das bedeutete: Gefangenschaft in der Natur. Und für die Menschen in der Heimat waren sie ab dem Moment wohl verschollen.
Schreie gellen durch das Tal
Plötzlich horchten sie auf. Ein lang gezogenes Aaaaiiii schrillte durch das Tal. Sofort darauf das nächste. Jedoch in einer anderen Tonlage. Noch schriller.
“Was mag das sein?“, fragte Julia in Richtung Sebastian.
Der zuckte mit den Schultern. Der Professor hatte auch keine Erklärung. Zumindest kannte er kein Tier, das derartige Töne von sich gab. Außer vielleicht Papageien. Schon wieder zwei grelle Schreie. Wieder aus derselben Richtung. Die Gruppe verhielt sich mäuschenstill. Die ganze Natur hatte aufgehört zu lärmen. Gerade so, als stünde das nächste Erdbeben bevor. Ein jeder horchte auf die schrecklichen Schreie, versuchte herauszufinden, woher sie kamen.
Als die Schreie allmählich leiser wurden, machte sich Sebastian auf, um nach der Ursache der Schreie zu schauen. Da die ganze Ausrüstung kaputtgegangen war, hatte er als einzige Waffe nur einen Stock bei sich, den er aus einem umgeknickten kleinen Baum zurecht schnitzte. Immerhin hatte sein Messer in seinem Gürtel das Erdbeben unbeschadet überlebt.
„Bitte sei vorsichtig. Du bist momentan der einzige Mann, der hier etwas bewirken kann“, meinte Julia.
Sebastian hob verwundert die Augenbrauen. So schnell hatte er also den Professor übertrumpft – oder was sollte die Aussage von Julia bedeuten? Dann ging er vorsichtig los. Die Schreie waren immer noch zu hören. Allerdings wurden sie allmählich leiser. Sebastian hatte bald das Gefühl, die Ursache könnte gar nicht allzu weit entfernt liegen.
Ständig wiederholten sich die Schreie. Sie klangen beinahe wie ein Zwiegespräch. Er konnte sich gut an ihnen orientieren und kämpfte sich mühevoll durch das Buschwerk. Ohne Machete war das schwierig. Er konnte nur seinen Stock einsetzen.
Das Buschwerk lichtete sich unvermittelt. Sebastian stand schlagartig direkt vor der Schlammlawine. Meterhoch baute die sich vor ihm auf. Die Schreie kamen eindeutig aus der Nähe, vielleicht sogar mitten aus der Schlammmasse. Sebastian blickte sich vorsichtig um. Er suchte im dicken Rand der Schlammlawine und blickte immer wieder an dem Wulst der Schlammmassen entlang. Es war schwer, irgendeine Kontur zu erkennen. Alles war braun. Alles sah aus wie aus ein und derselben Substanz. Er dachte bald, die Quelle der Schreie direkt vor sich zu haben.
Schlamm-Menschen
Da! Tatsächlich, mitten aus der Schlammlawine ragten ein und zwei Arme heraus. Sie bewegten sich. Sebastian, in Deutschland geboren und aufgewachsen, hatte sofort das Bild von Max und Moritz vor Augen. Die beiden Lausbuben in Teig gehüllt sahen in den Kinderbüchern genauso aus wie die Figur, die weit oberhalb von ihm im Schlamm steckte und mit den Armen ruderte. Sebastian konnte nicht sagen, um was für einen Menschen handelte. Der Körper war schlammverkrustet. Die Konturen verschwammen mit der zähen Masse von Schlamm und Pflanzenresten.
Keine Frage, dem armen Menschen musste geholfen werden. Das war klar. In dem Moment hörte Sebastian aber wieder ein schrilles Schreien. Jedoch gingen diese markerschütternden Schreie von einer anderen Stelle aus.
Sebastian suchte wieder den Schlamm ab und sah plötzlich einen Kopf und einen Arm, die zu einer ebenfalls im Schlamm steckenden Person gehörten. Sie war deutlich kleiner, hatte jedoch lange Haaren, die dick verkrustet feststeckten. Der schrillen Stimme nach handelte es sich wahrscheinlich um ein Mädchen.
“Hey, ihr zwei, wer seid ihr?“
Die beiden im Schlamm steckenden Menschen drehten sich zu Sebastian um. Sie winkten mit den Armen und gaben zu verstehen, er solle zu ihnen kommen. Die Sprache der Menschen konnte Sebastian nicht identifizieren.
Beide steckten ziemlich am Rande der Schlammlawine fest. Sebastian hätte im Schlamm herum klettern müssen, um sie zu erreichen. Und er wusste, das würde nicht gehen. Der Schlamm