King Artus und das Geheimnis von Avalon. Pierre Dietz

King Artus und das Geheimnis von Avalon - Pierre Dietz


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      „Das Paradies lag …“

      „… auf »Avalon«, mein Freund! Beerenfrucht oder Apfelsekt?“

      „In dem Fall einen paradiesischen Cidre.“

      Zufrieden schlendert der Ober zur Theke. Der Stadtjunge fragt sich, was die Sichtweise auf Geschichte der Bretagne derart verändert hat. Schafft die Abhängigkeit zu Frankreich Minderwertigkeitskomplexe? Marcel winkt Louane zu, die im Gesprächsrausch die Welt um sich vergessen hat. Der Garçon serviert die Getränke. Der Junge verliert die Geduld und stochert zaghaft im Essen herum. Größere Bissen folgen, bis der Teller annähernd leer gegessen ist. Da kehrt die Schwester seiner Mutter endlich wieder an den Tisch zurück.

      „Beeile dich! Das Fleisch ist kalt.“

      „Und weiter? So verbrenne ich mir wenigstens nicht den Mund!“

      „Lass mich raten – die Gute hat abgesagt.“

      „Wie kommst du denn darauf?“

      „So lange, wie ihr telefoniert habt, sieht das nach einer Absage aus.“

      „Wir haben unsere Neuigkeiten ausgetauscht und ich habe ihr erst einmal von dir erzählt …“

      „Am Telefon?“

      Kreidebleich sinkt Marcel auf dem Stuhl nieder.

      „Oh! Die »Tuilerien« habe ich völlig außer Acht gelassen!“

      „Jetzt lesen mich die Teufelsglatzen bei deiner Freundin auf.“

      „Den Nachnamen habe ich nicht erwähnt. Wie viele deines Namens leben in Frankreich pro Quadratkilometer?“

      „Diejenigen davon, die eine Tante Louane haben: exakt einen!“

      „Lass uns aufbrechen!“

      „Und der Nachtisch?“

      „Ein kleiner Kaffee tut – in der Tat – stets gut!“

      Die Tante ordert zwei »Expressos« und Marcel grübelt nach Argumenten, sein Gegenüber umzustimmen.

      „Du hast nichts zum Umziehen mitgenommen.“

      „Sorge dich nicht um mich! Janine hat die gleiche Kleider- und Schuhgröße wie ich. Wenn wir uns besuchen, helfen wir uns immer gegenseitig aus.“

      „Verbringen Sie Ihren Urlaub in der Gegend?“, fragt der Kellner und serviert die Crêpes.

      „Ein geheimnisvoller Landstrich“, schwärmt Louane, „um sich zu erholen. Wir lieben die Zeugnisse aus der Urzeit!“

      „Wenn das so ist, setzen Sie auf »Gavrinis« über und sehen Sie sich dort den »Cairn« an. Das Bauwerk ist sechstausend Jahre alt. Dort ist kurioserweise eine zerbrochene Stele verbaut, die ursprünglich vierzehn Meter hoch gewesen ist. Die Archäologen fragen sich, wie die Menschen damals das schwere Stück auf die Insel transportiert haben.“

      „Das klingt hochinteressant und wir nehmen Ihren Vorschlag unbedingt in unser Programm auf.“

      Die Bedienung eilt zum nächsten Tisch und der Junge schaut sein Vis-à-vis fragend an.

      „Warum hast du ihn angelogen?“

      „Ich traue dem Kerl nicht. Der Schnüffler ist ständig um uns herum.

      Ich wette, der hat jedes Wort mitbekommen. Sei nach dem Vorfall im Zug überaus vorsichtig! Am Ende ist der Ausflug eine Falle. Wenn wir dort verschwinden, bekommt das niemand mit.“

      „Jetzt übertreibst du! Der Kerl hat normale Ohren. Eher ein wenig zu groß und leicht abstehend. Der »Garçon« hat uns den Tipp aus Freundlichkeit gegeben.“

      „Sein Zuvorkommen ist mindestens eine Provision von dem Bootsbesitzer Wert, der uns zur Insel übersetzt. Für den Fall, wir führen hin.“

      „Besser das, als bei deiner Freundin in einen Hinterhalt zu geraten!

      Heute Abend sind wir …“

      „Ich zahle und wir fahren zu ihr! Die Gute wartet schon auf uns.“

      Der Ober bringt die Rechnung.

      „Ich habe zwei ermäßigte Karten für Sie. Die bekommen nur gute Kunden. Die Führung ist inklusive.“

      Louane bezahlt.

      „Was habe ich dir gesagt?“, lacht sich die Tante beim Verlassen des Lokals ins Fäustchen. „Der tätigt nebenbei Geschäfte.“

      „Ob sein Chef was von den Nebengeschäften ahnt?“

      Ein befestigter Feldweg nimmt die ausgeleierte Federung des alten Peugeots erheblich in Anspruch. Janine steht am Gartentor ihres ländlichen Reihenhäuschens, das aus Naturstein gemauert ist. Die Fassaden sind mit Efeu bewachsen. Die Fensterkanten muten mittelalterlich an. Über die mannshohe Mauer ragt eine Palme. Mit quietschenden Bremsen und einer Fehlzündung kommt der alte Wagen zum Stehen. Ohne die Handbremse anzuziehen, hechten die langjährigen Freundinnen freudestrahlend aufeinander zu. Die beiden Damen umarmen sich und der Junge zieht geistesgegenwärtig den Hebel nach oben. Mit gemischten Gefühlen nähert sich der Jugendliche der, aus seiner Sicht, betagte Dame.

      „Was für ein Prachtkerl!“, juchzt Janine entzückt. „Warum verbringst du deine Ferien nicht bei mir?“

      „Ich bin bevorzugt am Meer!“, beschwert sich Marcel.

      „Das ist hoffentlich nur ein Scherz! Kommt rein! Ich sage du zu dir? Ich bin

      Janine, und ich serviere uns erst einmal einen Aperitif, zum Auflockern.“ Als wenn Louane nicht unterwegs schon locker genug gewesen sei. Die Angetrunkene argumentierte ihre Weiterfahrt unentwegt mit der Behauptung, Alkoholverbot am Steuer bezöge sich nur auf Autobahnen.

      Das bescheidene Wohnzimmer ist mit Jesusdarstellungen aller Art übersät. Repliken von Gemälden, Kruzifixe und winzige Figurinen tummeln sich auf den rustikalen Möbeln oder hängen an den weiß getünchten Wänden. Eine Katze liegt auf der Fensterbank und beobachtet, was im Garten vor sich geschieht. Der Raum riecht nach Weihrauch und altem Holz. Marcel schaut sich fassungslos um. Bei sämtlichen Kirchgängen hat der selten praktizierende Katholik nicht so viele Gekreuzigte, Gegeißelte oder Gesegnete gesehen, wie in diesem Zimmer versammelt sind. Manche sind modern, einige Einzelstücke scheinen aus dem Mittelalter zu stammen.

      „Spielen wir eine Partie Domino?“, durchbricht die Freundin die Stille. Ohne auf eine Antwort zu warten, zieht Janine eine kleine Holzschachtel aus der Schublade ihres Buffets. Ein roter Punkt markiert eine vertiefte Stelle im Deckel, mit der sich das Kästchen öffnen lässt. Mit einer geschickten Drehung landen die Spielsteine seitenrichtig auf dem Tisch. Die Vierzigjährige verschwindet in einem Nebenraum und kommt mit einer dunklen Flasche wieder zurück.

      „Auf das Wiedersehen entkorken wir einen »Pineau des Charentes«!“

      „Was ist das?“, fragt der unbedarfte Junge.

      „Ein mit Wein angesetzter »Cognac«. Ein wohlschmeckender Aperitif. Ich ziehe den Korken und du verteilst die Steine!“

      „Mein von der Großstadt verdorbener Neveu und ich haben einen Glaubenskonflikt. Deshalb sind wir bei dir. Ich hege die Hoffnung, du überzeugst den Abtrünnigen von der mystischen Einmaligkeit unserer paradiesischen Bretagne.“

      „Ich habe nur erwähnt von der Schule von eurer Theorie abweichend unterrichtet zu sein.“

      „Mein Neffe sucht Viviane bei den Engländern!“

      „So verdummen die Kinder an den angeblichen Bildungsstätten!“, ist Janine erbost. „Einer behauptet eine vorgebliche Wahrheit und alle anderen plappern der Lüge hinterher. Erwachsenen haftet das falsche Wissen wie karamellisierte Butter an ihren Hirnen fest.“

      „Die Lehrer brauchen eine Basis für ihren Unterricht!“, versucht Marcel


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