Stoner McTavish - Schatten. Sarah Dreher

Stoner McTavish - Schatten - Sarah Dreher


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Letzte, was ich mir wünsche, ist irgend so ein liebreizender Traumprinz, der aus der Sonne geritten kommt und mich mitschleift in sein Zauberschloss.«

      »Ich versteh schon, dass dir das im Moment so geht, aber eines Tages …«

      »Eines Tages, eines Tages. Wenn dieser Planet sich nicht bald zusammenreißt, wird es kein ›eines Tages‹ mehr geben.«

      »Aber wenn es …«

      Gwen lachte. »Als ich klein war, hatten wir eine Hirtenhündin namens Bessie. Die alte Bessie verbrachte die Stunden zwischen ihren Mahlzeiten damit, in der Sonne zu liegen und darauf zu warten, dass etwas passiert. Doch da in Jefferson niemals etwas passiert, bekam sie eine beträchtliche Dosis ultravioletter Strahlung ab. Wie auch immer, eines Tages sah sie, wie ein Streifenhörnchen in einem Erdloch verschwand. Du konntest buchstäblich sehen, wie ihr Gehirn ansprang und nach und nach zu arbeiten begann. ›Ding. Bewegt sich. Loch. Verschwunden.‹ Sie beschloss es auszugraben. Sie grub und grub und grub. Auch noch nach fünf Jahren begann sie jedes Mal, wenn sie an dem Loch vorbeikam, zu graben.«

      »Ist da irgendwo eine Pointe?«

      »Du«, sagte Gwen. »Du hast manchmal eine erstaunliche Ähnlichkeit mit dieser Hirtenhündin.«

      »Und du hast manchmal eine erstaunliche Ähnlichkeit mit diesem Streifenhörnchen. Ich versuch dich doch nicht zu drängeln. Ich schätze, ich will nur wissen, wie viel Bryan in dir zerstört hat.«

      Steve servierte den Nachtisch. Stoner probierte den Kaffee und verzog das Gesicht. »Das ist ja grässlich. Vielleicht mag ich überhaupt keinen Kaffee.«

      Gwen spielte mit ihrer Tasse. »Bryan hat mich verletzt. Damit bin ich durch. Er ließ mich an meiner eigenen Urteilsfähigkeit zweifeln. Auch darüber werde ich hinwegkommen, aber bis dahin …«

      »Und die Liebe?«

      »Was ist damit?«

      »Hat er dafür gesorgt, dass du Angst vor der Liebe hast?«

      »Na sicher hab ich Angst vor der Liebe«, sagte Gwen. »Du nicht?«

      »Ein bisschen.«

      »Wir wären ja nicht ganz bei Trost, wenn wir nicht wenigstens ein bisschen Angst vor der Liebe hätten. Das bedeutet doch aber noch lange nicht, dass ich sie ad acta lege. Du vielleicht?«

      »Nein«, sagte Stoner und wandte ihre Aufmerksamkeit der Zitronenbaisertorte zu.

      »Du hast mir damals den Vortrag gehalten, die Bryans dieser Welt dürften nicht gewinnen. Na also, ich hab es mir zu Herzen genommen.«

      Ich erzähl dir was übers Herz, Gwen. Ich erzähl dir was darüber, Leute zu lieben und zu wollen, dass sie glücklich werden, und zu wissen, dass das, was sie glücklich macht, dich umbringt. Ich erzähl dir, was es heißt, eine Lesbe zu sein, die eine normale Frau liebt. Ich erzähl dir was über Qualen.

      »Stoner?«

      Sie schaute hoch.

      »Wie ist es mit dir?«

      »Mir?«

      »Glaubst du, du wirst dich wieder verlieben?«

      »Sicher«, sagte sie betont gelassen, während sie sich wie ein von Füchsen umkreistes Huhn fühlte. »Es kann jeden Augenblick losgehen.« Sie überflog den Raum in der Hoffnung auf Ablenkung.

      Steve sorgte dafür.

      »Da kommt er wieder«, murmelte sie.

      »Meine Güte«, sagte Gwen laut, »das ist ja wirklich ein aufmerksames Restaurant hier.«

      Er deutete auf den grauen Mann. »Mr. Lennox möchte Ihnen gerne einen Drink ausgeben.«

      »Bitte sagen Sie dem Gentleman«, sagte Gwen, »wir wissen seine Einladung zu würdigen, müssen aber ablehnen.«

      »Ihm gehört dieser Laden.«

      »Trotzdem.«

      Der Junge zuckte die Achseln. »Wie Sie wollen. Verstehe nicht, warum Sie ’ne Runde Schnaps ausschlagen wollen.«

      »Sie würden, wenn Sie eine Frau wären. Können Sie uns bitte die Rechnung bringen?«

      Stoner beobachtete ihn beim Fortgehen. Irgendetwas an ihm gefiel ihr nicht.

      »Provinz-Kavalier?«, spekulierte Gwen. »Oder die Geschäfte gehen nicht so richtig?«

      »Ich hab so das Gefühl, er spioniert uns nach. Die Art, wie er dich angestarrt hat …«

      »Vielleicht ist er der für diese Gegend typische Schwerenöter.«

      »Glaub ich nicht.«

      »Wenn er uns nachspioniert, dann vermutlich doch nur, weil es das Einzige ist, was man freitagabends in Castleton tun kann.«

      »Ich bin sicher. Falls er irgendwie mit Schattenhain in Verbindung steht, und falls da draußen irgendetwas vor sich geht …«

      »Du glaubst, dieses ganze Kaff ist an einer Verschwörung beteiligt?«, fragte Gwen ungläubig. »Wir wissen doch noch nicht einmal, ob an Schattenhain auch nur die kleinste Kleinigkeit nicht stimmt.«

      »Aber es könnte sein. Und sie haben deinen Namen.«

      Gwen seufzte. »Das werd ich wohl im Leben nicht mehr los, wie? Es wird mich bis ins Grab verfolgen.«

      »Ich finde nur, wir sollten wachsam sein, mehr nicht. Du warst diejenige, die gesagt hat, dass sich Steve merkwürdig benimmt.«

      »Okay, den Rest der Reise stülp ich mir eine Tüte über den Kopf und verhalte mich möglichst unauffällig.«

      Sie beobachtete Steve, der wieder auf sie zusteuerte. Sein Gesicht wirkte angespannt, gestresst. Er stellte sich an den Tisch und begann langsam, Punkt für Punkt abhakend, die Summe zusammenzurechnen.

      Entweder ist er schlecht in Mathe oder ihm geht irgendetwas durch den Kopf. Er legte die Rechnung auf den Tisch, stand da und bewegte seinen Mund.

      »Wollen Sie irgendetwas sagen?«, fragte Gwen auf beste Lehrerinnenart.

      »Jaa.« Er zögerte.

      »Falls Salmonellen im Krautsalat waren, sagen Sie es uns am besten jetzt.«

      »Hören Sie«, murmelte er, »haben Sie vor, bis übermorgen zu bleiben? Falls ja, sollten Sie wissen, dass wir morgen Abend geschlossen haben.«

      »Tatsächlich?«, sagte Gwen. »Auf Ihrem Schild draußen …«

      »Es ist Neumond.«

      »Ich weiß, ich werde es bereuen, gefragt zu haben«, sagte Gwen, »aber was hat der Neumond damit zu tun?«

      Er blickte verstohlen über seine Schulter. »Schleppnetze.«

      »Ein heiliger Stammesritus?«

      »Fischen.« Er wandte sich zum Gehen.

      Gwen hielt ihn zurück. »Können wir jetzt bezahlen?« Sie hielt ihm ein paar Scheine hin.

      Er nahm das Geld und zählte es. »Ich bringe Ihnen das Wechselgeld.«

      »Behalten Sie’s.«

      Er zählte es noch mal. »Das ist verdammt viel.«

      »Fahren Sie nach Augusta«, sagte Gwen, »und summen Sie den Bienen nach.«

      Er starrte auf den Boden und trat von einem Fuß auf den anderen. »Sie wollen bestimmt nicht in dieser Stadt bleiben«, sagte er schließlich. »Hier ist einfach nichts los.«

      »Wir werden darüber nachdenken«, sagte Gwen.

      »Ist wirklich wahr, Lady. Ist ’ne lausige Ecke hier, verstehen Sie, was ich meine?«

      »Ich fürchte nein.«

      Er wurde etwas ungemütlich. »Die Menschen hier … also, sie sind etwas merkwürdig zu Fremden und so … ich meine, sie lassen sich


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