Sphärenwechsel – Tagebuch eines inkarnierten Engels. Sybilla Seraphina Mewes
ich vom Krankenhaus in mein neues zu Hause. Jemand beugt sich über mich und sagt: „Was ist denn das? Das ist nicht mein Kind. Das wurde vertauscht. Und dann so eine komische Nase.“ Es war mein Vater, der das gerufen hatte. Wahrscheinlich spürte er schon unsere Unterschiede und mein anderes Wesen. Obwohl er sonst überhaupt nicht feinfühlig war.
Vom ersten Tag an reagiere ich auf alles sensibler, als andere Menschen und daher weine ich oft, um Zuwendung und Trost zu bekommen. Meine Mutter wollte mich deswegen einfach nur hochnehmen, doch mein Vater verbot es ihr oft, weil er meinte, ich würde sonst zu sehr verwöhnt werden. Sie litt darunter sehr, doch weil sie keinen Streit wollte, gab sie nach. Zwischen den beiden stimmte es überhaupt nicht, das konnte ich sehr bald spüren.
Meine Mutter hatte mit 16 Jahren eine verschleppte Gelbsucht, die immer wiederkehrend zu Gallenkoliken führte. So musste sie nach meiner Geburt deswegen im Krankenhaus bleiben. Sie hätte gern noch ein drittes Kind bekommen, aber gesundheitlich war es für sie unmöglich. Das ‚dritte‘ Kind kam in Form ihres Enkels zu ihr, das Kind von meiner Halbschwester. Sehr oft suchte er bei uns Zuflucht, wenn die verwahrlosten Verhältnisse bei meiner Halbschwester überhand nahmen.
Ihr ganzes Leben lang hatte meine Mutter mit verschiedenen Krankheiten zu kämpfen, vor allem mit Schmerzen, Schwächezuständen und mit psychosomatischen Beschwerden. Mit steigendem Lebensalter nahm das ganze noch zu. Sie muss bis zum heutigen Tag viele verschiedene Medikamente einnehmen. Mittlerweile geht es bei ihr nur noch mit Opiaten und Schmerzmitteln.
Da sie evangelisch getauft und aufgewachsen war, war sie es gewöhnt zu beten. Aber mein Vater verbot es ihr, weil er als Atheist und Kommunist mit Gott nichts am Hut hatte. So betete sie manchmal heimlich, aber eigentlich zu selten, wie sie mir selbst erzählte.
Meine Eltern stritten sich immer häufiger und so kam es, dass wir ganz plötzlich unsere Sachen packten und ohne meine Mutter weg fuhren. Einmal fuhren wir zu meiner Tante, der Schwester von meinem Vater ins Elbsandsteingebirge.
Dort wohnten wir einige Tage in einer Pension (es waren Ferien) und schliefen zu dritt in einem Zimmer. Ich lag wieder einmal lange wach und fand keinen Schlaf. Da kam so ein Dröhnen und Brausen zu mir und hüllte mich ein. Ich fand mich schwebend über dem Tisch wieder und es fühlte sich wie elektrischer Strom um mich herum an. Allerdings hatte ich Angst und mein Körper, der im Bett lag, rief nach meinem Vater. Er antwortete: „Da ist nichts, das hast du nur geträumt.“ Als ich seine Stimme hörte, sauste ich so schnell in meinen Körper zurück, dass ich das Erlebnis sofort wieder vergaß. Am nächsten Morgen erzählte mir mein Vater, dass ich in der Nacht gerufen hätte, ich würde über dem Tisch schweben. Da fiel mir alles wieder ein. Er selbst maß dem keine weitere Bedeutung bei und ich sagte nichts mehr dazu.
Jedenfalls hatte ich meine erste außerkörperliche Erfahrung erlebt.
Liebes Tagebuch,
nun sind wir in eine größere Wohnung gezogen und ich bin 8 Jahre alt.
Ich habe jetzt mein eigenes Zimmer, aber es ist sehr oft kalt und ich sehne mich nach Wärme. Meine Eltern müssen noch die Öfen anheizen, so auch den Badeofen. Tag für Tag werde ich morgens, für mich viel zu früh, aus meinem warmen Bett und aus meinen intensiven und bunten Träumen gerissen. Insbesondere intensive Flugträume begleiten mich seit frühester Kindheit bis zum heutigen Tag.
Einmal stand ich wieder in dem kalten Badezimmer; ich fror entsetzlich, zitterte am ganzen Körper und wollte meinen kuscheligen Schlafanzug nicht ausziehen. Laut rief ich:
„Warum bin ich denn nur geboren?“
Ohh, da kam mein Vater, der das gehört hatte, sehr aufgebracht ins Bad und fuhr mich an: „Was hast du da gerade gesagt? Was? Bei dir piept’s wohl?“ Er schaute mich wütend an und ich hatte Angst vor ihm. Dann lief er wieder hinaus. Ich weinte, fühlte mich unverstanden und völlig fehl in dieser Welt. Ich wollte wieder nach Hause, aber wo war das?
Meine Eltern streiten sich wieder. Oft höre ich aus den anderen Zimmern Wortgefechte und meine Mutter weint.
Eines Nachts werde ich durch lautes Geschrei meiner Eltern wach. Meine Tür fliegt auf und meine Mutter rennt kreischend in mein Zimmer, mein Vater hinterher, und sie schreit immer wieder: „Wo ist der Brief, ich will den Brief ... Wo ist der Brief? Zeig ihn mir.“ Mein Vater holt ihn aus einer alten Aktentasche heraus, die oben auf meinem Kleiderschrank lag. Es war der Brief einer anderen Frau, den er dort versteckt hatte. Dann rauschen beide wieder hinaus, die Tür kracht hinter ihnen zu. Kurze Zeit später zieht mein Vater aus der Wohnung aus in ein Zimmer am anderen Ende der Stadt. Das wirft meine Schwester völlig aus der Bahn, weil sie mit dieser Situation überhaupt nicht zurecht kommt.
Sie war 17 und interessierte sich für Jungs, wollte ausgehen und kümmerte sich nur wenig um die Schule. Meine Mutter war ihr überhaupt nicht gewachsen. Sie stritten nur noch und schrieen sich an. Einmal in der Küche wurden sie sogar handgreiflich. Meine Schwester erhob das Küchenmesser und meine Mutter, in ihrer Not, schüttete ihr den heißen Tee ins Gesicht. Meine Schwester ließ das Messer fallen und beide gingen aufeinander los, heulend und schreiend und rissen sich gegenseitig die Haare aus. Entsetzt stand ich in Todesangst da und rief um Hilfe. In diesem Moment wechselte das Bild vor mir und ich blickte in eine Zeit in der Vergangenheit. Ich sah, dass die beiden sich in einem früheren Leben mit einem Messer getötet hatten. Das ganze Zimmer war voller Blut, es lagen Haarbüschel und Körperteile herum. Deutlich spürte ich ihren Hass zueinander und das Entsetzen, dass mit der Todesangst einherging. Und das hier war wohl die Wiederholung in abgeschwächter Form. Die Nachbarin kam zu Hilfe, da sie alles gehört hatte. Ich ließ sie rein und sie trennte die beiden voneinander. Ja, und heute haben meine Mutter und meine Schwester seit 20 Jahren keinen Kontakt mehr zueinander.
Nach einigen Wochen zog meine Schwester auch noch aus, da mein Vater ihr ein Zimmer besorgt hatte. Meine Eltern wurden dann geschieden (ich war neun Jahre alt) und ich zog mit meiner Mutter in eine neue 3 Zimmer Plattenbauwohnung und musste die Schule wechseln. Nun hatte sie nur noch mich, weil der Kontakt zwischen ihr und meiner Schwester nicht mehr bestand. Durch mein Dasein gab ich ihr eine Lebensaufgabe, ich gab ihr Liebe und ich half ihr. Das war ein Teil meines Auftrages für sie.
Wenn meine Mutter krank war, rief ich den Arzt an, selbst wenn es mitten in der Nacht war und ich zur Telefonzelle auf die Straße laufen musste. Ich saß an ihrem Bett und versorgte sie. In diesen Zeiten war ich die Mutter und sie das kranke Kind.
Dennoch verletzte sie mich, wenn sie sagte, ich würde nichts machen, also faul sein. Und das stimmte einfach nicht. Jeden Freitag stellte ich mich stundenlang an beim Einkaufen, ich machte die Hausordnung, musste jede Woche mein Zimmer saubermachen, abwaschen und abtrocknen usw. Ich meine, eigentlich war ich noch ein Kind und hatte aber Pflichten wie ein Erwachsener. Und dann solche Aussagen, das machte mich traurig.
Es war so, als ob sie zwei Seiten in sich hatte. Eine Seite zeigte sich witzig-charmant und konnte ganze Gesellschaften zum Lachen bringen. Die andere Seite stellte sich eher plautzig und plump dar. Gleichzeitig aber auch mit ständigen Erwartungen für Zuwendung und Aufmerksamkeit verknüpft.
Einmal erlebte ich so einen Wechsel dieser beiden Seiten in ihr. Wieder einmal hatte sie mich beschimpft, als es an der Tür klingelte. Es war eine Arbeitskollegin von ihr. Sofort wurde sie superfreundlich zu mir, weil ich nun diese Kollegin mit Getränken bedienen musste. Ich muss sagen, das schockierte mich, weil ich mir so ausgenutzt vorkam.
Wir hatten auch schöne Zeiten miteinander, nämlich wenn wir jedes Jahr zusammen in den Urlaub fuhren, entweder nach Mecklenburg oder an die Ostsee.
Meine Mutter fiel mit ihren hellblonden Haaren und ihren grünen Augen überall auf. Und ich sah sofort, wenn ein Mann sie näher kennen lernen und mit ihr anbändeln wollte. Mit meinen hellsichtigen Augen und meiner sensitiven Wahrnehmung sah ich, wie von diesen Männern Energiefäden ausgingen und am Energiefeld meiner Mutter andockten. Dabei verspürte ich in mir so ein Kribbeln. Doch die Erwachsenen nahmen diese Energiefäden nicht wahr. Erzählte ich meiner Mutter so etwas, glaubte sie mir nicht und schaute dann verdutzt, wenn der entsprechende Mann sie dann tatsächlich ansprach.
Als ich älter wurde und