Karnische Hochzeit. Reinhard M. Czar

Karnische Hochzeit - Reinhard M. Czar


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pflegte …

      „Ciao a tutti“, grüßte Camilieri verlegen, vielleicht ein wenig zu salopp dafür, dass er so knapp vor der Hochzeit – und noch dazu im Urlaub – fast eine ganze Nacht dienstlich verbracht hatte. Doch sein komischer Auftritt gemeinsam mit Forza hatte die Stimmung derart gelöst, dass er auch ohne Gruß bei Lydia herzlich willkommen gewesen wäre. Dasselbe galt für Eleonora, deren Ärger sich seit jenem Zeitpunkt immer mehr aufgestaut hatte, als sie allein, ohne Giuseppe neben sich im Bett aufgewacht war. Jetzt aber war aller Unmut verflogen.

      Camilieri und Forza schauten sich überrascht an, setzten sich an den Frühstückstisch und orderten zweimal „Espresso doppio“. „Das muss ja eine lustige Ermittlung gewesen sein“, versuchte Lydia in Anspielung auf die Tür-Nummer Näheres zu erfahren. Denn das hatte sie in den zwei vergangenen Monaten bereits gelernt: Ein Commissario sprach nicht gerne über seine Arbeit.

      „Uffa!“, stöhnte Camilieri. „Um ehrlich zu sein, war’s überhaupt nicht lustig. Egal, wie oft man damit konfrontiert wird, man gewöhnt sich einfach nicht daran, und jeder Tote erschüttert einen von Neuem.“

      „Wieso musstet ihr überhaupt ausrücken, obwohl ihr auf Urlaub seid?“, wollte Lydia wissen.

      „Die Kollegen in Tolmezzo, die eigentlich zuständig sind, waren zuerst nicht zu erreichen“, erklärte Camilieri. „Mittlerweile sind sie aber wieder aufgetaucht.“

      „Komisch“, meinte Lydia, „aber jetzt ist es ja Gott sei Dank vorbei.“

      „Ja“, freute sich auch Eleonora, „jetzt können wir uns ganz auf unsere Hochzeit konzentrieren. Ich freue mich schon so auf morgen. Du dich doch auch, Giuseppe, oder?“

      „Sì.“

      Obwohl sich Camilieri in Sizilien mit der Mafia sowie in Cividale mit der Obrigkeit angelegt hatte und auch sonst keinen Konflikt scheute, obwohl Forza mit dem Dienstwagen fuhr, als sei er der logische Anwärter auf den nächsten Formel-1-Weltmeistertitel, obwohl sie gemeinsam erst vor Kurzem einen Dreifachmörder, der einem Phantom glich, zur Strecke gebracht hatten, wagte keiner der beiden, den Frauen zu sagen, dass sie vielleicht doch noch ein wenig in diesem Fall weiterermitteln würden. Stattdessen schwiegen sie und tranken Caffè.

      Bald nach dem Frühstück – Forza hatte beim Kuchenbuffet, das Lydia an eine gut sortierte Konditorei ihrer Heimat erinnerte, ordentlich zugegriffen, Camilieri hingegen kaum – fanden sich alle ein, die mit der Hochzeit zu tun hatten: die Wirtin, der Taxifahrer, der Padre …

      Alles beherrschendes Thema war natürlich der Mord und daraus resultierend die Frage, ob und, wenn ja, wie sich die Vorkommnisse in der Therme auf die Hochzeitszeremonie auswirken würden.

      „No“, stellten Lydia und Eleonora klar, „alles bleibt wie geplant.“

      Forza und Camilieri schauten sich betreten in die Augen, blieben aber nach wie vor stumm.

      „Haben Sie schon eine Spur?“, fragte der Padre unvermittelt.

      „Da muss ich Sie an die Kollegen aus Tolmezzo verweisen“, erwiderte Camilieri schroff, „die sind zuständig.“

      Seit den abschätzigen Bemerkungen des Padre über die Süditaliener auf der Fahrt zur Hochzeitskapelle war der Priester Camilieri unsympathisch. Freunde würden sie wohl keine mehr werden. Um des lieben Hochzeitsfriedens willen hielt sich der Commissario aber zurück und beschränkte die Konversation mit dem Kirchenmann auf das Notwendigste.

      „Ich meinte ja nur“, stammelte der Padre irritiert, „weil Sie die halbe Nacht in der Therme ermittelt haben.“

      Camilieri stutzte: Woher wusste der Padre davon?

      Ungefragt lieferte dieser die Erklärung: „Zumindest hat man es mir bei der Frühmesse so erzählt.“

      Forza war gesprächiger als Camilieri und erklärte: „Viel mehr als Ihre Kirchgänger wissen wir auch nicht, Padre. Unsere Informationen haben wir hauptsächlich von einem Nachtwächter, der die Leiche bei seinem Rundgang gefunden hat. Er konnte uns ein paar interessante Hinweise geben, wir werden sehen, ob sie uns weiterhelfen.“

      „Na ja“, verabschiedete sich der Padre, „mich geht es ja nichts an. Wenn die Hochzeit wie geplant stattfindet, dann weiß ich, was ich wissen wollte.“

      Er drehte sich um und verließ grußlos den Frühstücksraum. Camilieri kaute an einer entsprechenden zynischen Replik, in etwa so: Vielleicht geht’s ein wenig freundlicher, schließlich stamme nur ich aus dem korrupten Süden Italiens, die anderen nicht … Er ließ es aber bleiben.

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