Sei dir selbst eine Insel. Ayya Khema

Sei dir selbst eine Insel - Ayya Khema


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      die Anhäufung des Anhaftens der Wahrnehmung;

      Saṇkhārupadānakkhando;

      die Anhäufung des Anhaftens der Geistesformationen;

      Viññānupadānakkhando;

      die Anhäufung des Anhaftens des Bewusstseins.

      Zuerst geht es nur darum, dies alles im Gedächtnis zu behalten. Das heißt nicht unbedingt, dass wir sofort erfahren, was wir nachsprechen. Aber zumindest lernen wir es kennen. Weisheit entsteht über drei Entwicklungsschritte. Der erste Schritt ist Wissen. Dieses Wissen müssen wir uns in tieferem Sinne aneignen, indem wir es uns zu Herzen nehmen und versuchen, es zu verwirklichen. Damit geht es uns in Fleisch und Blut über. Wenn wir dann rezitieren, sprechen wir nicht einfach nur die Worte Buddhas oder eines Andachtsrituals nach. Vielmehr benutzen wir nun Worte, die wir uns vollkommen zu Eigen gemacht haben. Und daraus erwächst Weisheit.

      Das Rezitieren hilft uns sehr, die Lehre im Gedächtnis zu behalten und Hingabe und Dankbarkeit zu erwecken. Darüber hinaus beruhigt es und stellt natürlich eine gemeinsame Bemühung dar. Wir sollten uns mit ganzem Herzen hineingeben. Ob wir eine gute oder eine scheußliche Stimme haben, spielt dabei weiter keine Rolle. Es ist egal. Einzig und allein das Herz zählt. Wir können eine Menge darüber lernen, wie wir uns in Fühlen und Denken nach Buddha-Dhamma-Sangha richten können. Dazu müssen wir nur genau auf die Worte achten, die wir rezitieren, was uns umso leichter fällt, je klarer wir sie in unserem Gedächtnis präsent haben.

      Ihr alle habt schon einmal Buddhabilder oder -statuen gesehen. Man findet sie überall. Vielleicht habt ihr selbst auch eines oder mehrere Bilder vom Buddha. Dabei weiß niemand, wie der Buddha wirklich ausgesehen hat. Zu seiner Zeit gab es noch keine Kameras, und soviel ich weiß, hat auch niemand den Buddha in einem Bild oder einer Zeichnung porträtiert. Die Statuen und Bilder vermitteln also den Schönheitsbegriff des jeweiligen Künstlers. Jedes Land, jede Kultur hat in dieser Hinsicht eine andere Idealvorstellung. Jeder Künstler versucht die Vollkommenheit Buddhas auf seine Weise darzustellen, und diese Vorstellung bekommt ihr in den Bildnissen zu Gesicht. Ihr selbst habt euch vielleicht wiederum ein anderes Bild von dieser Vollkommenheit gemacht.

      Nun gut, dann stellt euch in eurem Geist eure eigene Buddhastatue vor, so wie ihr sie für vollkommen haltet. Macht sie so schön wie möglich. Lasst sie goldene Lichtstrahlen aussenden. Seht, fühlt, was immer ihr für besonders schön haltet. Macht dieses Bild zu der schönsten Sache, die ihr visualisieren oder euch vorstellen könnt, und tragt es dann stets im Herzen. Es ist viel sinnvoller und hilfreicher, dieses Bild als irgendetwas anderes in eurem Herzen zu tragen. Es wird euch befähigen, andere Menschen zu lieben. Dazu braucht ihr nur zu bedenken, dass auch die anderen ein ähnlich schönes Bild in ihrem Herzen tragen. Sie reden vielleicht anders als wir oder sagen nicht die Dinge, die wir gern von ihnen hören möchten. Aber sie tragen dasselbe Bild im Herzen.

      Wir verschließen uns den freudigsten Seiten unseres Lebens, solange wir nicht Liebe für alle Menschen fühlen können, denen wir Tag für Tag begegnen. Können wir uns jedoch wirklich öffnen, wird es uns nicht mehr schwerfallen, glücklich zu sein. Verliebte laufen im Allgemeinen mit einem seligen Lächeln durch die Welt. So einfach ist das.

      Aber wir sind sogar noch in einer besseren Lage als gewöhnliche Verliebte, denn wir sind eine Liebesbeziehung eingegangen, die niemanden jemals enttäuschen wird. Unser Geliebter wird nicht mit einer anderen davonlaufen. Unsere Liebe wird uns nicht enttäuschen, weil wir die Tiefe dieses Geliebten noch gar nicht ermessen können. Die Tiefe von Buddha-Dhamma-Sangha hat sich uns noch nicht aufgetan. Sie wird sich uns erst mit der Erleuchtung vollkommen eröffnen. Es wird keine Enttäuschung geben, etwa weil wir auf den Falschen gesetzt hätten oder weil er sich nicht als so makellos erweist, wie wir vorher geglaubt hatten.

      Wir sind eine transzendente, eine überweltliche Beziehung eingegangen. Diese Beziehung baut nicht auf einen Menschen, der mit Sicherheit sterben, der zweifellos unvollkommen sein wird. Nein, unsere Beziehung ist auf etwas ausgerichtet, das vollkommen ist. Etwas Vergleichbares ist im menschlichen oder in irgendeinem anderen Bereich nur sehr schwer zu finden. Dass wir es gefunden haben, stellt ein außergewöhnliches Privileg dar.

      Einige von uns verfügen nicht über eine ererbte Beziehung zu Buddha-Dhamma-Sangha, weil sie nicht in einem buddhistischen Land geboren und aufgewachsen sind. Das ist kein großer Nachteil, weil wir diese Beziehung leicht für gegeben hinnehmen, wenn sie zu unserem kulturellen Erbe gehört und wir von Kindheit an dran gewöhnt sind. Was wir für gegeben hinnehmen, hinterlässt zumeist keinen großen Eindruck in uns. Andererseits haben wir hier jetzt die Gelegenheit, diese Beziehung als das zu erkennen, was sie eigentlich ist. Darum müssen wir uns bemühen. Mit Bemühen meine ich allerdings nicht, dass wir mit aller Gewalt versuchen müssten zu lieben. Bemühen heißt, dass wir sehen, dass wir versuchen sollen, unsere gesamte Wahrnehmung dem zu öffnen, was in unserem Leben gerade geschieht. Sobald wir es fertig bringen, unsere Wahrnehmung dafür zu öffnen und klar zu sehen, was geschieht, wird daraus liebevolle Hingabe erwachsen. Wir müssen uns nicht künstlich darum bemühen, hingegeben, dankbar oder respektvoll zu sein. Wir werden uns ganz natürlich so verhalten, wenn wir einmal klar erkennen, welche Gelegenheit die Drei Juwelen uns bieten.

      Wer Schönheit, Reinheit und Weisheit in ihrer höchsten Form sieht, wer sie tatsächlich vor Augen hat, der hat keine andere Wahl: Er muss sie einfach lieben. Jedermann, der dies nicht täte, wäre ein Narr. Wir können und sollen keinen solchen Narren aus uns machen. Wenn wir dies getan hätten, wären wir gar nicht hier.

      Wir müssen für vieles dankbar sein. Unser eigenes gutes Karma hat uns die Möglichkeit gegeben, hier zu sein. Das ist aber kein Grund, uns anerkennend auf die Schultern zu klopfen, denn wir wissen ja nicht einmal, ob wir dieses positive Karma im jetzigen Leben geschaffen haben. Es mag viele Leben zurückliegen. Die Person, die dieses Karma angesammelt hat, ist mit Sicherheit nicht identisch mit der Person, die jetzt die positiven Ergebnisse davon erntet. Allerdings sind es auch nicht zwei ganz voneinander gesonderte Wesen, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen: in der Mitte. So hat der Buddha es gesagt. Aber wir können immerhin dem Karma dankbar sein, den nicht an irgendeinen Wesenskern gebundenen Ergebnissen positiver Handlungen. Und wir können unser Herz der Zuflucht öffnen, die wir genommen haben. Wir können uns dem Refugium anvertrauen, in dem wir in Ruhe vor Anker liegen und in geschützter Umgebung mit uns und an uns arbeiten können.

      Das Dhamma beschützt jeden, der das Dhamma praktiziert. Wer das Dhamma wirklich übt, genießt vollkommenen Schutz. Der Schutz besteht nicht darin, dass andere uns nicht länger zu nahe kommen. Unser eigenes Verhalten, unsere Reaktionen sind unser Schutz, weil sie keinen Schaden mehr anrichten. Eine andere Sicherheit gibt es nicht.

      Wann immer ihr Buddhaṃ Saraṇam Gacchāmi singt oder rezitiert, stellt euch in eurem Herzen einen wunderschönen Buddha vor. Ihr werdet dann von einer Verbundenheit wie zu einem geliebten Menschen durchdrungen sein. Ihr werdet das Gefühl haben, dass ihr kommuniziert wie mit einem geliebten Menschen. Das wird euch sehr helfen.

      II

      In Einklang leben

      Wir haben gerade zusammen unsere Texte gesungen. Das geht nur mit einem gewissen Feingefühl für die Gemeinschaft. Es gehört Harmonie dazu. Wir müssen auf das Tempo der anderen achten. Tun wir das nicht, klingt unsere Rezitation falsch, irgendwie verstimmt. Dasselbe gilt auch für unser Zusammenleben. Wir müssen den Lebensrhythmus der anderen berücksichtigen. Wir brauchen Harmonie, ein bestimmtes Zusammengehörigkeitsgefühl. Ohne dies ist kein menschliches Zusammenleben möglich.

      Aber dieses Zusammengehörigkeitsgefühl bricht häufig schon im ersten Moment in sich zusammen, weil der Einzelne nicht mit sich in Einklang lebt, mit sich selbst nicht im Reinen ist, nicht bei seinem eigenen Lebensrhythmus. Wir sehen in der Welt nur, was wir in uns und an uns sehen. Die Welt und wir sind ein und dasselbe. Es gibt da absolut keinen Unterschied.

      Der erste Schritt zum Leben in Einklang liegt also in uns selbst. Ihn zu tun ist für jeden von uns die dringlichste Aufgabe. Ja, es gibt eigentlich keine andere Aufgabe, als innere Harmonie zu erzeugen. Dazu sind keine besonderen Umstände


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