Sei dir selbst eine Insel. Ayya Khema

Sei dir selbst eine Insel - Ayya Khema


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Einfluss habe ich ausgeübt?« Dies ist sinnvoller, als über die Hitze, die Moskitos oder über eure Müdigkeit nachzudenken.

      »Wie oft habe ich eine der Fünf Hindernisse gezeigt? Wie oft mein Denken und Tun davon bestimmen lassen? Wie häufig habe ich sinnliche Wünsche, Bösartigkeit, Faulheit und Stumpfsinn, Unrast und Besorgtheit, wie häufig Zweifel und Skepsis gezeigt? Was kann ich tun, damit diese Fesseln mein Leben von nun an weniger bestimmen? Wie kann ich mehr Liebe zeigen und mehr Mitgefühl? Wie kann ich mich mit den anderen freuen, wenn sie sich freuen? Wie kann ich Ausgeglichenheit, Gleichgewicht finden?«

      Zieht abends Bilanz. Nur Bilanz – kein Urteil, keine Selbstbeschuldigungen. Ihr erkennt, was im Laufe des Tages alles geschehen ist, und ihr erkennt es an, leugnet es nicht. Aber ihr verurteilt euch nicht dafür. Erkenntnis und Wandel, das altbewährte Erfolgsrezept: Zuerst nehmt ihr zur Kenntnis, was da ist. Dann verändert ihr es. Wenn ihr nicht nach euren Erkenntnissen handelt, passiert natürlich gar nichts. Aber trotzdem hängt alles vom ersten Schritt ab: Selbstbeobachtung. Wir müssen als Erstes sehen und überdenken, wie sich unser tägliches Leben abspielt.

      Wenn ihr dies am Abend nach einem arbeitsreichen Tag wirklich macht, werdet ihr feststellen, dass einige eurer Worte alles andere als zweckdienlich und hilfreich waren. Vergegenwärtigt euch dies rückschauend, und sagt euch: »Was ich da und dort gesagt habe, war nicht zweckdienlich. Morgen will ich es besser machen.«

      Vergesst nicht, die Beweggründe für euer Tun zu untersuchen. Wer seine Hilfe um jeden Preis aufdrängt, bewirkt nichts Gutes, ganz gleich, wo er es auch versucht. Alle guten Taten müssen zuerst im eigenen Herzen reifen, damit sie auch von Herzen kommen können. Nur dann bewirken sie Gutes.

      Ihr könnt nicht etwas verschenken, das ihr selbst nicht besitzt. Niemand kann das. Ist das Herz offen und frei, wird sich Gutes daraus entfalten. Ein reines Herz strahlt Reinheit aus. Ein von Liebe erfülltes Herz strahlt Liebe aus, ganz unabhängig von den Worten, die gesprochen werden. Ihr braucht euch nicht einmal um besonders liebevolle und entgegenkommende Worte zu bemühen, wenn euer Herz liebt. Man wird in jedem Fall die Liebe spüren, die hinter euren Worten steht. Liebevolle Rede ist also keine Frage der Wortwahl, sondern einzig und allein eine Frage des Gefühls hinter den Worten.

      Solange wir uns nicht immer und immer wieder darum bemüht haben, die Beweggründe, das Motiv für unsere Äußerungen aufzudecken, sind Unebenheiten in der Rede ebenso wenig zu vermeiden wie unwesentliches Geschwätz und Worte, die zu Konflikten reizen. Diese Ausrutscher liegen beständig auf der Lauer, um dem Geist zu schaden. Und unsere Meditation wird darunter leiden, ob wir dies wollen oder nicht. Wer ist nun der Leidtragende? Wir selbst. Unter den Folgen falscher Rede leidet stets nur der, der sich zu falscher Rede hinreißen lässt.

      Rede ist wichtig, ungeheuer wichtig, so wichtig, dass der Buddha seinen siebenjährigen Sohn lang und breit darüber belehrte. Er tat dies nach der siegreichen Rückkehr von der Suche nach Erleuchtung.

      Bei dieser Gelegenheit sah der Buddha seinen Sohn überhaupt zum ersten Mal, denn das Kind war in der Nacht geboren, in der der damalige Prinz Siddhartha den Palast seines Vaters verlassen hatte. Bei seinem ersten Zusammentreffen mit seinem Sohn Rahula belehrte er diesen also über die rechte Art zu reden, zum Beispiel nicht zu lügen. Das ist sehr wichtig für ein Kind. In seinen Erklärungen betonte der Buddha, dass aus falscher Rede alle anderen unrechten Dinge entstehen.

      Unsere Worte müssen nicht unbedingt kränken oder beleidigen, um falsche Rede zu sein. Es reicht, dass sie unfreundlich sind oder sarkastisch. Es reicht, dass wir einen Scherz machen, der die Fehler oder das Versagen eines anderen Menschen brandmarkt. Selbstbeglückwünschungen sind ebenfalls falsche Rede, wie überhaupt alle Worte, mit denen wir uns nur selbst bestätigen wollen. Wir können diese Fehler nur abstreifen, wenn wir bereit sind, uns zu beobachten und zu ändern, wenn wir immer wieder genau überprüfen, was wir eigentlich sagen.

      Der Buddha ist sehr häufig auf rechte oder falsche Rede eingegangen. Aus gutem Grund. Damals wie heute haben die Menschen große Schwierigkeiten damit. Unseren zwischenmenschlichen Kontakten fehlt es zumeist an Wärme. Es fehlt das Herz. Und dies liegt nicht an dem, was wir sagen. Es liegt an dem, was wir fühlen, und daran, wie wir infolgedessen sprechen.

      Deswegen lautet unsere Aufgabe, vorbehaltlose Liebe in uns zu erwecken – eine Liebe, die nicht davon abhängt, ob die anderen liebenswert und liebenswürdig sind oder nicht. Nur ein vollkommen Erleuchteter, ein Arahat, ist auch vollkommen liebenswert. Alle anderen Wesen haben Fehler, haben Mängel, haben dunkle Flecken, sind mit Makeln behaftet. Wir vergeuden unsere Zeit und Energie, wenn wir über die Fehler anderer Menschen nachdenken. Das führt zu nichts. Nur unsere eigenen Makel und Fehler sind interessant für uns. Es sind die gleichen wie bei den anderen, nur die Zusammensetzung ist individuell verschieden.

      Wer seine Rede nicht wie eine Kunst pflegt, an ihr feilt, bis sie die richtige Wirkung zeigt und keine unangenehmen, negativen Echos mehr hervorruft, der hat auch Buddhas Worte noch nicht so gehört, wie sie gemeint sind.

      Rechte Rede bedeutet, dass wir nicht lügen, dass wir nicht verleumderisch über andere herziehen, dass wir nicht unfreundlich sind und nicht beleidigend, dass wir nicht klatschen und tratschen, dass wir die Menschen nicht gegeneinander ausspielen. Fehlt eines dieser Elemente, ist unsere Rede auch nicht vollkommen. Alle gehören sie dazu. Sie sind ein wichtiger Aspekt der Lehre. Wir dürfen ihn niemals übersehen.

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