Leben wir in einer Illusion?. Lutz Gaudig
dem Trägheitsgesetz, was mit einem Körper passiert, auf den eine Kraft einwirkt.
Er macht Aussagen über die Bewegung von physikalischen Körpern in Inertialsystemen bei Abwesenheit von äußeren Kräften.
Das zweite Newton’sche Gesetz, auch Aktionsprinzip, erklärt, wie die Bewegung eines Körpers durch Krafteinwirkung verändert wird.
Die Beschleunigung eines Körpers ist proportional der einwirkenden Kraft und umgekehrt proportional dessen Masse.
Es ist die Grundlage für viele Bewegungsgleichungen in der Mechanik.
Die Gleichung „Kraft ist Masse mal Beschleunigung“ (Euler’sche Formel) wird häufig als die Grundgleichung der Mechanik bezeichnet.
In seinem dritten Gesetz, dem Wechselwirkungsprinzip, zeigt Newton, dass zu jeder Kraft (actio) eine gleich große Kraft (reactio) existiert, die der ersten genau entgegengerichtet ist.
Das Wechselwirkungsprinzip wird auch kurz als „actio gleich reactio“ bezeichnet.
Wir wissen aus der Schule, dass Newton mit seinem Gravitationsgesetz und dem zweiten Newton’schen Gesetz, dem Aktionsprinzip, als Erster mathematisch nachweisen konnte, dass alle Körper gleich schnell fallen.
Seine Formeln zum Gravitationsgesetz verhalfen dem heliozentrischen Weltbild zum endgültigen Durchbruch.
Aber seine Gesetze zur Mechanik veränderten unser Weltbild wesentlich nachhaltiger.
Seine mathematischen Gleichungen führten zwangsläufig zur Einführung des Relativitätsprinzips in der Physik.
Bis dato hatte man angenommen, dass es einen bevorzugten Ruhezustand gibt, den ein Körper einnehmen würde, wenn keine Kraft auf ihn wirkt.
Vor allem meinte man, die Erde sei ein solcher Ruhepunkt.
Das war nun vorbei.
Das Fehlen des absoluten Zustandes der Ruhe beziehungsweise des absoluten Raumes bedeutet aber, dass man nicht bestimmen kann, ob zwei nacheinander folgende Ereignisse am gleichen Ort im Raum stattfinden.
Verdeutlichen wir uns das in einem Gedankenexperiment.
Nehmen wir an, Sie fahren in einem ICE mit 160 km/h.
Sie wollen gerade Ihr iPad verstauen, als es aus Ihren Händen gleitet.
Es fällt aus einer Höhe von 1,20 m auf den Boden und geht zu Bruch.
Im Fragebogen Ihrer Versicherung schildern Sie den Vorfall.
Sie erklären, dass Ihnen Ihr iPad an der Stelle x0 aus der Hand fiel und genau an der Stelle x0 zerschellte.
Nach Newton betrug die Fallzeit 0,49 Sekunden.
„Fällst du von einem Turm herab, fällst du g halbe t Quadrat.“
Sie müssen die Formel nur nach t umstellen und die Quadratwurzel ziehen.
Für Ihren Versicherungsvertreter stellt sich der Vorgang allerdings anders dar. Nichts Neues werden Sie sagen; wobei Sie nicht ganz unrecht haben.
Aber in unserem Fall gibt es physikalische Gründe.
Als Ihnen Ihr iPad aus den Händen fällt, steht Ihr Versicherungsvertreter gerade am Bahnsteig und beobachtet das Geschehen.
Er sieht, wie Ihnen das Gerät bei der Koordinate x0 aus der Hand fällt.
Wie gesagt, beträgt die Falldauer 0,49 s.
In dieser Zeit ist der ICE aber 21,56 m weitergefahren.
Ihr iPad schlägt für Ihren Versicherungsvertreter also nicht bei x0, sondern bei x0 plus 21,56 m auf.
Wer also hat recht?
Beide!
Wie sich ein Körper im Raum bewegt, hängt vom Beobachter ab.
Zwei Beobachter in zueinander bewegten Systemen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Trotzdem sind beide Resultate zulässig.
Eine Bewegung kann immer nur relativ zu anderen Körpern, das heißt Bezugssystemen, beschrieben werden.
Erst das Relativitätsprinzip macht den Bewegungsbegriff sinnvoll.
Das Fehlen eines absoluten Punktes, einer absoluten Position im Raum, erschütterte Newton schwer.
Die Erkenntnis war nicht in Einklang zu bringen mit seiner Vorstellung von einem absoluten Gott.
Er wollte diesen Mangel Zeit seines Lebens nicht akzeptieren.
Dieses Problem aber ergab sich zwingend aus seinen eigenen Gesetzen.
Auch bei der Zeit ging Newton von einer absoluten Größe aus.
Ähnlich wie Aristoteles behauptete er, dass die Zeit zwischen zwei Ereignissen eindeutig bestimmbar sei.
Das Ergebnis sei unabhängig von dem, der sie messe, immer gleich – vorausgesetzt, die Beobachter benutzen hinreichend genaue Uhren.
Während die Idee vom absoluten Raum im direkten Widerspruch seiner eigenen Gesetze stand, war es bei der Zeit anders.
Die Vorstellung von einer absoluten Zeit war im Einklang mit seiner Theorie. Das entsprach auch dem gesunden Menschenverstand und dominierte das Denken bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts.
Diese wissenschaftliche Idylle hielt an bis zum Jahr 1864.
Maxwell – das Problem
Mit der Veröffentlichung seiner nach ihm benannten Gleichungen zum Elektromagnetismus stürzte er die physikalische Welt in eine schwere Krise – James Clerk Maxwell.
Beendet wurde sie erst 41 Jahre später durch Albert Einstein.
Dass Licht eine endliche, zugegebenermaßen enorm hohe Geschwindigkeit besitzt, war eigentlich schon lange bekannt.
Genau genommen seit 1676, elf Jahre vor Newtons Veröffentlichung seiner „Principia Mathematica“.
Ole Christensen Rømer stellte damals fest, dass sich die Verfinsterungen der Jupitermonde nicht in regelmäßigen Abständen wiederholten, sondern in unterschiedlich langen Zeitintervallen.
Bewegten sich die Jupitertrabanten etwa mit wechselnden Geschwindigkeiten?
Nein!
Der dänische Astronom erkannte, dass die Verfinsterungen früher einsetzten, wenn sich Jupiter der Erde näherte.
Sie waren später zu beobachten, wenn sich die Jupiterbahn wieder entfernte.
Die Ursache hierfür sah Rømer in der Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit.
Allerdings gab Rømer selbst keinen Wert für die Lichtgeschwindigkeit an.
Zwei Jahre später war es dann Christiaan Huygens, der einen Wert von etwa 212.000 km/s errechnete, indem er Daten von Ole Christensen Rømer und Giovanni Domenico Cassini kombinierte.
Das war für die damalige Zeit eine herausragende Leistung.
Dennoch hatte sich die Newton’sche Lehrmeinung durchgesetzt, dass sich Licht und Gravitation mit unendlicher Geschwindigkeit ausbreiten.
Knapp 200 Jahre später entwickelte Maxwell, der führende Physiker des 19 .
Jahrhunderts, als Erster eine zufriedenstellende Theorie über die Ausbreitung des Lichtes.
Die Phänomene des Magnetismus und der Elektrizität waren bereits im Altertum bekannt.
Aber erst im 18. Jahrhundert wurden quantitative Gesetze für elektrische Kräfte formuliert. Anfang des 19. Jahrhunderts folgten die für den Magnetismus.
Ausgehend von früheren Forschungen über Elektrizität und Magnetismus, unter anderem durch Michael Faraday und André-Marie Ampère, schuf Maxwell ein System miteinander verknüpfter Differentialgleichungen.