Doula-Wissen rund um die Geburt. Melanie Schöne
eine Doula war mehr, als einfach nur die Hand zu halten. Ihnen wurde von trainierten Doulas gezeigt, wie sie den Müttern mit spezifischen Methoden helfen können.
In der besagten Studie waren die Mütter, die von einer Freundin oder Verwandten als Doula begleitet wurden, im Vergleich zu den Müttern der Kontrollgruppe sechs Wochen später häufiger der Meinung, dass die Geburt viel besser war, als sie sich vorgestellt hatten und dass ihre Geburtserfahrungen sehr gut waren. Sie beschrieben ihr Baby als sehr pflegeleicht und waren häufiger der Meinung, dass es wenig schrie. Sie nahmen ihr Baby häufiger in den Arm, wenn es weinte, und berichteten häufiger, dass sie die Bedürfnisse ihres Babys erfühlen konnten.
Wir sind der Meinung, dass durchgehende emotionale Unterstützung ein Recht für jede gebärende Frau ist. Diese Unterstützung stärkt nicht nur die emotionale und körperliche Gesundheit der Mutter während der Geburt, sondern auch die besondere Beziehung, die die Eltern miteinander und mit ihrem Baby verbindet.
Melanie Schöne hat sich mit Liebe und Engagement an die Arbeit gemacht, Frauen an ihre angeborene Fähigkeit zu erinnern, ihrem Körper zu vertrauen, ein Kind zur Welt bringen zu können sowie ihnen dieses uralte Wissen über die dazu nötige Unterstützung zu vermitteln. Ihre Bemühungen, diese Informationen an die Frauen und ihre Partner zu bringen, wirken dem Trend entgegen, die Eigeninitiative und Selbstbestimmung der Frauen während der Geburt gering zu halten und durch unnötige Eingriffe Stress, Gefühle der Enttäuschung und körperliche/seelische Schäden zu verursachen. Dieses Buch gibt Frauen und ihren Partnern Einblicke, was für eines der wichtigsten Ereignisse in ihrem Leben, die Geburt, wirklich möglich ist.
Phyllis Klaus1 Berkeley, USA 30. 5. 2010
1Phyllis Klaus ist Ehe- und Familientherapeutin, Diplomsozialarbeiterin und perinatale Therapeutin. Sie ist Autorin/Koautorin von Doula Book (Doula, der neue Weg der Geburtsbegleitung), Bonding (Der erste Bund fürs Leben), Your Amazing Newborn (Neugeboren. Das Wunder der ersten Lebenswochen) und When Survivors Give Birth.
Einleitung
Schon als kleines Mädchen faszinierte mich die Kraft der Frauen, Babys zu bekommen. Auf die Frage, ob Gebären mit Schmerzen verbunden sei, antwortete mir meine Mutter, dass es schon ein wenig schmerzen würde. Nachdem ich selbst Mutter zweier wunderbarer Kinder wurde, entdeckte ich mein Interesse an diesem großartigen Vorgang des Gebärens wieder und hörte mir unzählige Geburtsgeschichten von Frauen aus meiner Umgebung, meinem Freundes- und Bekanntenkreis an. Dabei machte es mich immer wieder sehr ärgerlich, zu hören, dass viele Frauen sich im Nachhinein nicht ausreichend gut informiert und vorbereitet gefühlt haben. Oft berichteten mir Frauen, dass sie und ihr Partner sich während der Geburt der Klinikroutine ausgeliefert gefühlt hätten.
Das erinnerte mich dann auch immer an die Geburt meines ersten Kindes: Ich fühlte mich gut vorbereitet und freute mich auf eine natürliche Geburt, denn nach all dem, was ich in Schwangerschafts- und Geburtsratgebern gelesen hatte, wollte ich auf keinen Fall medizinische Unterstützung bei der Geburt. Am 10. Tag nach dem errechneten Geburtstermin wurden mein Mann und ich von zwei Hebammen und einem Arzt unter Druck gesetzt, dass man die Geburt einleiten müsse. Eine medizinische Indikation (Anzeichen einer Übertragung wie z. B. Unterversorgung des Kindes durch die Plazenta o. Ä.) lag nicht vor. Ich fühlte in mich hinein und spürte eine große Gegenwehr in mir: Mein Kind und ich waren noch nicht soweit. Die meisten Deutschen sind „ärztegläubig“ erzogen worden und so folgte auch ich dem Rat des medizinischen Personals und ließ mir am Abend vaginal eine Prostaglandintablette einlegen. Diese sollte den Muttermund auf die Geburt vorbereiten und Wehen in Gang bringen, wie uns erklärt wurde. Am Vormittag des nächsten Tages bekam ich leichte Wehen, die aber noch nicht stark genug waren, und so bekam ich eine zweite Tablette gelegt. Eine Stunde später begannen Wehen wie ein Hurrikan und überrollten mich. Es waren keine natürlichen Wehen und ich hatte auch kaum Wehenpausen, um mich zu erholen – mich überkam ein nicht enden wollender Schmerz, und anstatt mich zu öffnen, verkrampfte ich immer mehr. Im Laufe des Nachmittags kam ich in den Genuss der kompletten medizinischen Intervention, die ein Kreißsaal aufbieten kann: Wehentropf, PDA, Blasenkatheder etc. Ich hatte kaum noch Kraft und hörte die Hebammen mit dem Arzt darüber sprechen, dass sie nun den OP informieren, es würde wohl ein Kaiserschnitt werden. Da erinnerte ich mich an die Worte meines Vaters kurz vor der Entbindung: „Wenn Du glaubst, keine Kraft mehr zu haben, dann erinnere Dich daran, dass Du ein Tiger bist“ (chin. Astrologie).
Ich kämpfte und wurde von meinem Mann großartig unterstützt. Nach über drei Stunden Presswehen und schmerzhaften Geburtswehen in den zurückliegenden 12 Stunden brachte ich meine Tochter zur Welt.
Sie war ebenso mitgenommen von der Geburt wie ich, doch ich war unbeschreiblich stolz auf sie und auf mich. Wir hatten gemeinsam diese Geburt bewältigt und hatten so erreicht, dass für uns die OP-Türen zu einem Kaiserschnitt verschlossen blieben. Ermutigt hatte mich dazu lediglich mein Mann; weder die Hebammen noch die Ärzte hatten mich darin unterstützt und bestärkt, mein Kind natürlich zu gebären. Die Hebamme, die mich in den letzten 3 Stunden der Geburt betreute, war sehr freundlich und bemüht, aber sie war mir fremd wie all die anderen Hebammen, die ich in den letzten 24 Stunden seit der ersten Prostaglandintablette kennengelernt hatte. Mir war vorher nicht klar, dass ich von so vielen fremden Menschen umgeben sein werde – das störte mich sehr und brachte mich immer mehr aus meinem Rhythmus.
Ich war noch Tage nach der Geburt sauer auf die Hebammen und Ärzte. Das, was ich dann zu hören bekam, war: „Sei doch froh, Du hast ein gesundes Kind.“ Doch ich fühlte mich um mein Geburtserlebnis betrogen.
Viele Mütter werden bestätigen: Beim zweiten Kind sind sie einfach schlauer. … Ich wusste während der Schwangerschaft und Geburt meines zweiten Kindes genau, was ich anders als beim ersten machen wollte, und bereitete mich intensiv darauf vor. Auch mein zweites Kind kam nach dem errechneten Geburtstermin, doch ich blieb ruhig und ließ uns beiden Zeit, bis die Geburt von allein beginnen wollte. Als ich die ersten Wehen verspürte, hatte ich urplötzlich das Bedürfnis, zu Hause zu bleiben und nicht in die Klinik zu fahren. Doch leider kannte ich keine Hebamme, die zu einer „spontanen“ Hausgeburt gekommen wäre. So blieb ich lange zu Hause, veratmete in der Badewanne und im Schlafzimmer meine Wehen, und als wir nach Stunden den Kreißsaal betraten, war mein Muttermund bereits 5 cm eröffnet. Ich bat die Hebammen darum, mich und meinen Mann in Ruhe zu lassen, wir würden uns melden, wenn wir etwas brauchten. Kurz vor Ende der Geburt riefen wir die Hebamme dazu und etwa 3 Stunden nach unserer Ankunft in der Klinik hatte ich meinen Sohn geboren, ohne jegliche medizinische Intervention. Ich bin unendlich dankbar, dass ich erfahren durfte, wie sich natürliche Wehen anfühlen und dass ich aus meiner eigenen Kraft ein Kind zur Welt bringen konnte.
Die Geburtserfahrung ist so unglaublich wichtig im Leben einer Frau und trotzdem ist „Gebären“ etwas, das Frauen oft nicht zugetraut oder „zugemutet“ wird. Dabei erfüllt uns Frauen der Moment der Geburt mit Stolz und mit Würde, was uns kein anderes Erlebnis in unserem Leben so schenken wird.
In vielen Gesprächen mit Müttern erfuhr ich, dass sie mit ihren Geburtserlebnissen nicht sehr glücklich sind. Sehr viele betonen: Sie hätten gerne ihre Hebamme, die sie vom Geburtsvorbereitungskurs oder der Schwangerenvorsorge kannten, mit zur Geburt genommen, aber das sei nicht möglich gewesen. Das ist traurig, denn sie wollten einfach nur eine vertraute, geburtserfahrene Frau an ihrer Seite haben. Es gibt in unserer Gegend nicht sehr viele Beleghebammen, die Frauen während der Schwangerschaft und dann auch zur Geburt in die Klinik begleiten. Natürlich war für die Frauen auch die emotionale Unterstützung des Partners wichtig. Doch viele Paare fühlten sich während der Geburt auch oft alleine gelassen – gerade in diesen Momenten hätten sie jemanden gebraucht, der sie unterstützt.
Meine Nichte kam im Januar 2006 per Kaiserschnitt zur Welt. Ich besuchte meine Schwägerin einen Tag nach der Entbindung in der Klinik und auch einige Wochen später zu Hause. Sie hatte große Probleme, das Geburtsgeschehen zu verarbeiten – und hatte sich während der Geburt sehr allein gelassen gefühlt. Zum Glück hatte sie eine gute Hebamme, die ihr nach der Geburt sehr einfühlsam zur Seite stand.