Achtsame Spiele. Susan Kaiser Greenland

Achtsame Spiele - Susan Kaiser Greenland


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align="left">(die Taschenlampe und das Flutlicht)FreudeEinstimmungFreundlichkeitZurückhaltung im VerhaltenMotivationUrsache und WirkungGeduldKlarheitGegenwärtiger MomentMitgefühlSelbstmitgefühlZurückhaltung in GedankenWeises Selbstvertrauen

      Achtsamkeit und Meditation sind voller mysteriöser Qualitäten. Der Versuch, das Rätsel zu lösen, indem man diese Qualitäten auf eine Aufzählung reduziert, mag diesen Punkt scheinbar völlig verfehlen. Allerdings ermutigen mich andere mysteriöse kreative Disziplinen, es dennoch zu tun. Im Jazz zum Beispiel studieren die Musiker Quintenzirkel und üben Skalen, um künstlerische Qualitäten zu entfachen, die der Improvisation zu eigen sind, sich aber jeglicher Beschreibung entziehen. Ähnlich den Jazzmusikern studieren Meditierende eine Reihe von Themen und üben Lebenskompetenzen, um jene Qualitäten zu fördern, die der Achtsamkeit und der Meditation inhärent sind, auf die man aber nur äußerst schwer den Finger legen kann. In beiden kreativen Disziplinen erkennen die Praktizierenden diese mysteriösen Qualitäten, wenn sie sie wahrnehmen, und zwar nicht etwa, weil sie sie in Worte fassen könnten, sondern weil sie sie spüren. Wie ein altes Sprichwort sagt: Weisheit und Mitgefühl sind wie die zwei Flügel eines Vogels – wir brauchen beide, damit wir fliegen können.

      Die konzeptuellen Themen und die praktischen Lebenskompetenzen, die man durch Achtsamkeit und Meditation lernt, fördern Weisheit und Mitgefühl. Gemeinsam können sie eine emotionale Freiheit bewirken, die Kindern und Familien im besten Fall hilft, durch die Turbulenzen des Lebens zu segeln, so wie ein Vogel abhebt und durch den Himmel segelt.

      Das, was ich an achtsamen Spielen vielleicht am meisten mag, ist, dass sie Eltern und Kindern eine einzigartige Gelegenheit zum gemeinsamen Lehren und Lernen bieten. Wenig überraschend berichten viele Eltern, dass die für Kinder konzipierten Aktivitäten ihnen einen Weg in die Meditation ebnen, der ihnen bislang nicht zugänglich war. Was mich zu einem wichtigen Punkt führt: Unsere eigene Achtsamkeit hat einen starken Effekt auf alle anderen Menschen in unserem Leben, und als Eltern natürlich besonders auf unsere Kinder. Die Kinder spüren, wenn wir ruhig, gesammelt und fröhlich sind, und sie lernen an unserem Beispiel. Die Art, wie wir durchs Leben gehen, wirkt sich unmittelbar darauf aus, wie sicher sie sich fühlen und wie sie selbst sich durch die Welt bewegen. Deshalb möchte ich alle Erwachsenen dazu anregen, sich zuerst selbst der Achtsamkeitspraxis zu widmen, indem sie über die Themen in diesem Buch nachdenken und die Spiele selbst spielen, bevor sie das mit ihren Kindern tun.

      Die achtsamen Spiele wurden zwar für junge Menschen entworfen, doch lassen Sie sich davon nicht in die Irre führen. Sie können Eltern und allen anderen Menschen, die eine bedeutsame Beziehung zu einem Kind oder Jugendlichen haben, genauso viel Spaß machen und deren Leben verändern. Liebe LehrerInnen, Therapeuten, Großeltern, Tanten, Onkel und GruppenleiterInnen: Diese Spiele sind auch für Sie. Haben Sie Lust, gleich eines auszuprobieren? Dann entspannen Sie sich und spüren Sie Ihre Füße.

      Hallo Füße, wie geht es euch?

      Wir richten unsere Aufmerksamkeit darauf, unsere Fußsohlen auf dem Boden zu spüren, um uns auf diese Weise zu entspannen, zu konzentrieren und uns dessen bewusst zu werden, was in diesem Moment geschieht.

LEBENSKOMPETENZEN:ZIELALTER:
Sich konzentrieren, sich kümmernJedes Alter

      SPIELANLEITUNG

      1. Setzt oder stellt euch hin. Haltet den Rücken gerade und den Körper entspannt. Atmet ganz natürlich und nehmt wahr, was in eurem Körper und in eurem Geist in diesem Augenblick geschieht.

      2. Haltet euren Körper entspannt. Falls ihr steht, haltet die Knie locker.

      3. Bringt eure Aufmerksamkeit jetzt in eure Fußsohlen, und nehmt wahr, wie sich der Kontakt zum Boden anfühlt. Lasst die Gedanken und Gefühle, die durch euren Geist ziehen, kommen und gehen.

      4. Spürt ihr eure Füße jetzt gerade? Falls nicht, macht euch keine Sorgen. Es ist ganz normal, dass euer Geist umherschweift. Bringt eure Aufmerksamkeit einfach zurück zu euren Fußsohlen und fangt noch einmal ein.

      TIPPS

      1. Sich auf eine Empfindung zu konzentrieren, wie zum Beispiel in diesem Spiel, hilft den Kindern, sich zu beruhigen, wenn sie sehr aufgeregt oder wütend sind.

      2. Variieren Sie die körperlichen Empfindungen, die die Kinder wahrnehmen sollen. Bitten Sie die Kinder zum Beispiel, die kühle Türklinke in ihrer Handfläche zu spüren, wenn sie die Tür öffnen, das warme Wasser und den Seifenschaum, wenn sie ihre Hände waschen, oder die weiche Wolle an ihren Knöcheln und Füßen, wenn sie ihre Socken anziehen.

      3. Wichtiger als die Dauer der achtsamen Spiele ist, dass man sie immer wieder spielt, insbesondere am Anfang.

      Teil Eins

      Zur Ruhe kommen

      Die Geschichte „Goldlöckchen und die drei Bären“ ruft schöne Erinnerungen in mir wach, doch erst vor Kurzem erschloss sich mir auch ihre Bedeutung als Metapher für das Nervensystem. Ein blondes Mädchen namens Goldlöckchen entdeckt auf einem Spaziergang durch den Wald eine Hütte. Es ist niemand zu Hause, aber sie geht trotzdem hinein. Goldlöckchen sieht sich um und erkennt, dass es sich um das Haus dreier Bären handelt – Bärenmama, Bärenpapa und Bärenbaby. Auf dem Küchentisch erspäht sie drei Schüsseln Brei. Goldlöckchen hat Hunger, also nimmt sie einen Löffel aus der Schüssel der Bärenmama, aber es ist „zu heiß!“, dann aus der Schüssel des Bärenpapas: „Das ist zu kalt!“ Und aus der Schüssel des Bärenbabys: „Das ist genau richtig.“ Sie verschlingt den Brei und geht ins Wohnzimmer, wo sie drei Stühle vorfindet. Die Stühle von Bärenmama und Bärenpapa sind zu groß, aber der Stuhl des Bärenbabys ist – wie schon der Brei – genau richtig. Sie können sich wahrscheinlich denken, wie die Geschichte weitergeht: Die drei Bären kommen nach Hause und müssen feststellen, dass ihr Brei aufgegessen und ein Stuhl zerbrochen ist; im Bett des Bärenbabys finden sie das schlafende Goldlöckchen. Die Moral von „Goldlöckchen und die drei Bären“, zumindest so, wie ich die Geschichte erzähle, ist, dass Goldlöckchen ihr Toleranzfenster bemerkenswert gut wahrnehmen kann – ein Ausdruck, den Dr. Daniel J. Siegel in seinem Buch Wie wir werden, die wir sind: Neurobiologische Grundlagen subjektiven Erlebens geprägt hat und der den Bereich der Erregung anzeigt, innerhalb dessen ein Kind sich wohlfühlt, sich aktiv mit etwas befassen und flexibel auf neue Ideen und Situationen reagieren kann. Nicht zu heiß, nicht zu kalt – genau richtig.

      Die Geschichte von Goldlöckchen – sein Nervensystem und sein Toleranzfenster – kann für Eltern hinsichtlich ihres Familienlebens und dessen Dynamiken recht aufschlussreich sein. Obwohl ihr Alltag im Vergleich zu jenem von Menschen, die sich ganz der Kontemplation widmen, unterschiedlicher kaum sein könnte, findet Meditation bei Kindern und Familien zunehmend großen Anklang. Sie soll ihnen dabei helfen, mit Stress und schwierigen Gefühlen umzugehen, die sie nur schwer bewältigen können. Anders als bei einem kontemplativen Lebensstil führen die Anforderungen des modernen Alltags jedoch zu einer ständigen leichten Erregung des Nervensystems. In seinem Buch Das Gehirn eines Buddha nennt der Psychologe Dr. Rick Hanson dies „auf kleiner Flamme köcheln“. Den meisten Menschen gibt etwas Intensität oft den entscheidenden Schub, um effektiv zu denken und zu handeln, und dann ist eine leichte Erregung des Nervensystems genau richtig, so wie der Brei und der Stuhl des Bärenbabys genau richtig für Goldlöckchen sind. Allerdings gibt es Kinder, bei denen bereits leichte Erregungsniveaus außerhalb des Toleranzfensters liegen, so dass selbst leichte Intensität ihr normales Funktionieren stört und damit absolut nicht richtig ist. Das ist nicht etwa eine Frage der persönlichen Präferenz, sondern es spiegelt wider, wie das Nervensystem


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