Nachhaltig investieren für Dummies. Alexandra Bolena
hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken gemeinsam mit der deutschen Bischofskonferenz das Werk »Ethisch-nachhaltig investieren – eine Orientierungshilfe« für Finanzverantwortliche katholischer Einrichtungen in Deutschland herausgegeben. Diese Orientierungshilfe richtet sich zwar an Finanzverantwortliche der Kirchen, kann aber auch Ihnen als gläubiger Privatinvestor als Leitfaden dienen.
Das Werk nimmt Bezug auf das Apostolischen Schreiben »Evangelii gaudium« von Papst Franziskus sowie die Enzyklika »Laudato si«. Näheres erfahren Sie dazu unter:
In Laudato si geht es um die Sorge für das gemeinsame Haus; im »Evangelium Gaudi« im weitesten Sinn um die missionarische Umgestaltung der Kirche.
Der 44-seitige Leitfaden gibt einige wenige praktische Anleitungen für eine ethisch-nachhaltige Anlagepolitik; im Großen und Ganzen sind die formulierten Ethikkriterien aber lediglich Denkanstöße. Weitere Orientierungshilfen finden Sie hier:
Deutsche Bischofskonferenz: www.dbk.de/
Zentralkomitee der deutschen Katholiken: www.zdk.de/
www.zdk.de/veroeffentlichungen/salzkoerner/detail/Ethisch-nachhaltig-investieren-737O/
Das Dokument fügt sich nahtlos in die Debatte über die Rolle von privaten Finanzinvestitionen für zentrale Zukunftsfragen – wie zum Beispiel den Klimaschutz – ein und kann durchaus als politisches Statement verstanden werden.
Die katholische Kirche in Österreich und der Kapitalmarkt
Ebenfalls als Reaktion auf die Enzyklika »Laudato si« arbeitete die österreichische Bischofskonferenz die »Richtlinie Ethische Geldanlagen« (FinAnKo) aus. Das Regelwerk, das für den gesamten kirchlichen Bereich in Österreich gilt, wurde im Herbst 2017 beschlossen. Es soll als Richtlinie eine Verbindung von ökonomischen Aspekten mit den Grundlagen der katholischen Ethik, wie sie die Österreicher verstehen, herstellen und als Fundament für kirchliche Teilnahme am Kapitalmarkt nach katholischen Grundsätzen dienen.
Dominant in der österreichischen Richtlinie sind Negativkriterien, die »… in jedem Fall einzuhalten sind und nicht durch eine insgesamt hervorragende ethische Performance ausgeglichen werden können …«, wie es wortwörtlich heißt. Damit verfolgt die katholische Kirche in Österreich einen wesentlich strengeren ethischen Ansatz als die deutschen Katholiken, bleibt in der Formulierung aber trotzdem sehr vage – anderes wäre in dem gerade einmal 16 Seiten langen Leitfaden FinAnKo auch nicht möglich (www.katholisch.at/fianko
).
Die Kriterien werden laufend überprüft und wenn notwendig weiterentwickelt. Zuletzt wurde 2019 ein Vollausstieg aus Unternehmen, die fossile Brennstoffe fördern beziehungsweise produzieren, verfügt.
Katholische Fonds
Mittlerweile gibt es etliche Fonds, die sich als BiKo- und/oder FinAnKo-konform bezeichnen. Wenn Sie sich also prinzipiell dem Katholizismus verbunden fühlen, sind nach diesen Kriterien gemanagte Fonds möglicherweise ein zu Ihrer Motivation und zu Ihren ethischen Grundsätzen passendes Veranlagungsinstrument. Mehr dazu lesen Sie in Kapitel 8 und 10 über Fonds.
Protestanten ticken anders: die evangelische Kirche
Im »Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlage«, in der vierten Auflage 2019 vom Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) herausgegeben, wird über Ziele, Instrumente und konkrete Umsetzungen für ethisch-nachhaltige Geldanlage nach evangelischen Werten informiert.
Auf 70 inhaltsdichten Seiten werden neben ökonomischen Größen, die den nachhaltigen Fortbestand eines Unternehmens sicherstellen sollen – und die bei der evangelischen Kirche von jeher einen höheren Stellenwert haben als bei den Katholiken – auch Nachhaltigkeit im Sinn der Schöpfung als Kernelement allen Lebens betont. Nach den Prinzipien der EKD sind alle (Aus-)Wirkungen einer Investition auf alle Stakeholder zu bedenken, wobei explizit auch die Natur als Stakeholder erwähnt wird.
Als Stakeholder bezeichnet man alle von einem Projekt betroffenen Einheiten.
Kriterien wie soziale und ökologische Verträglichkeit spielen bei der evangelischen Kirche ebenso eine Rolle wie Generationsgerechtigkeit. Im »ethisch-nachhaltigen Anlage-Dreieck« werden die klassischen wirtschaftlichen Erfolgsgrößen
Sicherheit,
Liquidität und
Rendite
um den Begriff »ethisch-nachhaltig«, der bei all den drei vorher genannten Punkten mitberücksichtigt werden muss, ergänzt.
Die evangelische Kirche in Deutschland setzt zur Realisierung dieser Ziele auf eine Mischung aus Ausschlusskriterien, Positivkriterien und Engagement/Impact. Das bedeutet, dass Investments nicht nur gewinnbringend sein sollen, sondern auch ökologische Nachhaltigkeit und positive soziale Auswirkungen sicherzustellen haben – und das alles unter einer verantwortungsvollen Unternehmensführung.
Eine konkrete Liste an Ausschlusskriterien sowohl für Unternehmen als auch für Staaten beschreibt im evangelischen Leitfaden genau, welche Investments sich nicht mit den ethischen Vorstellungen der evangelischen Kirche vereinbaren lassen. Angeführt werden beispielsweise Geschäftsbereiche wie Rüstungsgüter, Tabakwaren und gentechnisch verändertes Saatgut. Unternehmen und Staaten, die kontroverse Geschäftspraktiken im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen oder menschenunwürdige Arbeitsbedingungen unterstützen oder selbst betreiben, sind ebenso ausgeschlossen wie Staaten, die kriegstreibend wirken oder die Schöpfung gefährden.
Bei den Positivkriterien wird allerdings explizit herausgestrichen, dass der Wille zur positiven Veränderung berücksichtigt werden soll. So wird klargestellt, dass die Standards nicht absolut, sondern relativ zu sehen sind. Gerade in Hinblick auf Bildungs- und Umweltstandards oder zivilgesellschaftliche Strukturen gibt es hier global naturgemäß starke Unterschiede bezüglich der Standards und – und das ist entscheidend – diese Unterschiedlichkeit soll Berücksichtigung finden. Aussagekräftiger als der Vergleich absoluter Indikatoren oder Momentaufnahmen von Rankingpositionen sind deshalb laut dem Leitfaden der evangelischen Kirche Tendenzen und Entwicklungen über mehrere Jahre hinweg.
Während es bei den Katholiken – zumindest bei der österreichischen FinAnKo – klare und undiskutierbare Ausschlusskriterien gibt, sehen das die Protestanten pragmatischer. Letztgenannte betonen, dass es am ehesten den christlichen Wertvorstellungen entspricht, jene Staaten, in denen es in puncto Fragen der Schöpfung – sprich Menschenrechte, Umweltstandards, Gendergerechtigkeit et cetera – kontinuierliche Verbesserungen gibt, gezielt zu unterstützen. Genau jene