Böser Zauber. Ulrich Wißmann

Böser Zauber - Ulrich Wißmann


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ihre Religion und Kultur nehmen wollte, haben sie sich gewehrt.“

      Caldwalder sah Begay interessiert an und so sprach er weiter: „Man hatte die Felder der Indianer und ihre Vorräte zerstört. Jedem Mann über, ich glaube, zwölf Jahren wurde der rechte Fuß abgehackt. Den Jüngeren und den Frauen war bei Todesstrafe verboten, auf die Jagd zu gehen, um ihre Leute zu ernähren. Da haben die Stämme, die noch konnten, sich verbündet und die Spanier aus dem Land vertrieben. Das war 1680. Seitdem haben sie nie wieder Krieg geführt.“

      Caldwalder schüttelte den Kopf und fragte: „Und die Navaho?“

      „Wir haben eigentlich immer versucht, mit den Weißen in Frieden zu leben. Aber als man uns aus unserer Heimat in eine völlig unfruchtbare Gegend umsiedelte, haben wir uns gewehrt. Später durften wir allerdings in unser geliebtes Dinetah zurückkehren, nachdem man festgestellt hatte, dass weiße Farmer und Rancher mit dieser Gegend nicht viel anfangen konnten.“

      „Danke für den kostenlosen Geschichtsunterricht“, meinte Caldwalder.

      „Gern geschehen“, antwortete Begay, „auf euren Schulen lernt man das ja auch nicht.“

      „Also scheiden Indianer als Täter aus“, nahm Caldwalder den Faden wieder auf.“

      „Ja, Einheimische würden auch nicht mit solch einem Gefährt in dieser Gegend herumfahren.“

      „Wir nehmen also an, dass die Täter Weiße sind und eher aus der Stadt kommen.“

      Begay nickte und nahm einen Schluck von seinem Kaffee.

      „Wir haben Projektile von drei verschiedenen Handfeuerwaffen sichergestellt“, fuhr Caldwalder fort. „Alles nichts Ausgefallenes, aber wenn wir einen näheren Verdacht haben, könnten wir damit vielleicht jemanden überführen.“

      „Die Waffen werden nicht registriert sein“, warf Begay ein.

      „Nehme ich auch an. Naja, außerdem wissen wir, dass das Tatfahrzeug ein Cadillac, Baujahr 1996 bis 2005, war. Wir haben von ihrem Chief die Nachricht bekommen, dass zwei Navahos den Wagen am Tag des Mordes beobachtet und das gemeldet haben.“

      Ja, dachte Begay, so eine Tat sprach sich auf der Big Res selbst in den entlegensten Gebieten herum. „Und die Navahos konnten das Baujahr des Wagens so genau eingrenzen?“, fragte er erstaunt.

      „Nein“, lachte Caldwalder, „das kann man wohl an dem Reifenabdruck sehen. Außerdem wissen wir, dass der Wagen schwarz war. Die Spurensuche hat schwarze Lackpartikel gefunden, wo das Fahrzeug an Felsen oder Büschen entlanggeschrammt ist.“

      Begay nickte anerkennend. Das hatte er der FBI-Spurensuche gar nicht zugetraut.

      „Wir suchen in den umliegenden Städten mit Hilfe der Kriminalakten nach einer Gruppe Männer, denen so eine Tat zuzutrauen wäre“, meinte Caldwalder. „Wenn wir die Typen finden, können wir sie an Hand dieser Spuren und Indizien vielleicht überführen.“

      „Und wenn wir die beiden Jungen finden, können die die Täter identifizieren“, ergänzte Begay.

      „Genau! Und da es sich ja wohl um Auftrags-Killer handelt, kommen wir über die Täter hoffentlich auch an die Auftraggeber heran!“

      „Unsere beste Chance, die Täter zu überführen, sind die beiden Jungen. Und das wissen die Mörder auch. Sie werden also versuchen, sie vor uns zu finden!“

      „Wenn sie von ihrer Existenz wissen“, meinte Caldwalder.

      „Ja. Auf jeden Fall müssen wir die beiden finden!“

      Caldwalder nickte. „Wir haben allerdings bisher überhaupt keinen Hinweis auf ein Motiv“, meinte er, nachdem die beiden einen Moment schweigend dagesessen hatten.

      „Oh, doch“, antwortete Begay, „da gibt es sogar ein ziemlich augenfälliges Motiv!“

      „Ach, welches denn?“, fragte Caldwalder und sah Begay irritiert an.

      „Haben Sie noch nie von dem Streit um das Big Mountain-Gebiet und die Zwangsumsiedlung der dortigen Bevölkerung gehört?“, fragte Begay.

      „Nein“, meinte Caldwalder etwas zerknirscht, „wieder etwas, was sie mir in der Schule nicht erzählt haben?“

      „Leider ja“, antwortete Begay und lächelte. „Sie wissen, dass das Navaho-Reservat das Hopi-Gebiet umschließt, nicht?“

      „Ja, natürlich“, bestätigte Caldwalder.

      „Es gab aber auch Bereiche, bei denen nie ganz genau festgelegt worden war, was welchem Stamm zusteht.“

      „Sollen die Injuns sich selbst drum kümmern“, machte Caldwalder John Waynes Stimme nach.

      „Genau. Ganz im Gegensatz zu der landläufigen Meinung, dass Hopi und Navaho verfeindet wären, war das auch gar kein Problem. Es gibt viele Heiraten und Freundschaften zwischen den Angehörigen der Stämme und allgemein kommen wir ganz gut miteinander aus. Aber dem Bureau of Indian Affairs war das ein Dorn im Auge. 1961 wurde dann die Joint Use Area per Gerichtsbeschluss geschaffen, also ein Gebiet, das offiziell von Angehörigen beider Stämme genutzt werden durfte.“

      „Ok, alles gut“, kommentierte Caldwalder.

      „Nur für eine Weile. Als in dem Gebiet am Dzil Ni Staa, dem Big Mountain, Bodenschätze entdeckt wurden, sahen einige Firmen darin ihre Chance. Auf Betreiben des BIA und der Regierung wurde jetzt wieder die Aufteilung des Landes zwischen den Stämmen verlangt.“

      „Da hat wohl jemand gute Lobbyarbeit in Washington gemacht“, meinte Caldwalder. „Aber was hatten sie von der Aufteilung?“

      „Die Hopi benutzen das Gebiet sowieso kaum. Sie leben in ihren Hunderte von Jahren alten Pueblos oder in Siedlungen, die in deren unmittelbarer Nähe entstanden sind, sind sesshaft und haben gar kein Interesse an anderen Gegenden. Die Dineh sind als halbnomadische Viehzüchter allerdings in dem gesamten Gebiet verstreut gewesen. Bei einer Aufteilung erhoffte man sich, dass besonders das Land, dass den Hopi zufallen würde, entvölkert und auf Grund von deren Lebensweise auch nicht wieder besiedelt werden würde.“

      „Wodurch es dann für die Ausbeutung der Bodenschätze offen gestanden hätte“, ergänzte Caldwalder.

      „Ganz genau. Und auch das den Navaho zufallende Gebiet wäre ja zunächst unbesiedelt gewesen.“

      „Ah, verstehe“, meinte Caldwalder nachdenklich.

      „So hat dann auch der Hopi-Stammesrat sich damals besonders für die Aufteilung stark gemacht.“

      „Hätten die das nicht durchschauen müssen?“, fragte Caldwalder.

      „Na ja“, sagte Begay und blickte aus dem Fenster, „die Stammesräte waren damals die reinsten Marionettenregierungen. Die taten alles, was das BIA und die Regierung von ihnen verlangten. Dazu wurden sie ja ursprünglich eingerichtet.“

      „Das wusste ich nicht“, meinte Caldwalder.

      „Anfangs wurden diese Stammesvertretungen den Indianern gegen ihren Willen aufoktroyiert.“

      „Ich dachte, die werden demokratisch gewählt?“

      „Heute ja. Damals wurden sie teilweise einfach eingesetzt ohne die Bevölkerung zu fragen. Oder man hat sich der demokratischen Umgangsformen der Stämme bedient. Bei den Dineh und auch anderen Stämmen drückte man Ablehnung traditionell mit Fernbleiben von der Abstimmung aus. Die Traditionalisten hatten also nur die Wahl, ihre althergebrachten Regeln für die von den Weißen gewünschten aufzugeben oder nicht gezählt zu werden. Viele haben sich dann gegen die Teilnahme an diesen Wahlen entschieden.“

      „Dann waren die Wahlergebnisse nicht wirklich repräsentativ“, meinte Caldwalder.

      „Nein. Inzwischen hat sich das geändert und die Stammesräte handeln mehr im Interesse der Bevölkerung. Jedenfalls erließ der US-Kongress 1974 ein Gesetz zur Aufteilung der Joint Use Area und 1977 erging vom zuständigen Bundesgericht in Phoenix der Beschluss zur Umsiedlung der


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