Wenn alles doof ist, hilft nur noch Schokolade?. Dr. Catherine Senécal

Wenn alles doof ist, hilft nur noch Schokolade? - Dr. Catherine Senécal


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Gruppen mit von Magersucht oder Bulimie Betroffenen für die gemeinnützige Einrichtung ANEB Québec. Die Behandlung von Essstörungen war für mich eine Herzensangelegenheit. Ich habe dabei fesselnde Menschen kennengelernt, deren Probleme eine Herausforderung waren, auf die sich wenige Menschen beruflich spezialisiert hatten. Nach dem Studium der Psychologie habe ich in meiner Doktorarbeit über die Erkennung von Essstörungen bei Kindern geschrieben. Bei den anschließenden klinischen Praktika habe ich mit Erwachsenen gearbeitet, im Rahmen der Forschungen über Essstörungen im Douglas-Institut für geistige Gesundheit und im Royal-Victoria-Krankenhaus. Nach der Eröffnung der CHANGE-Praxis für Psychotherapie stellte ich fest, dass es Menschen mit einer Binge-Eating-Störung sehr schwer hatten, da es nur wenig geeignete Anlaufstellen gab.

      Als Isabelle vor Jahren an mich herantrat, lernte ich in ihr eine professionelle und engagierte Ernährungswissenschaftlerin kennen, die dafür sorgt, dass ihr Team Essstörungen auch erkennt. Isabelle hat mir und meinem Team stets Vertrauen entgegengebracht, und aus dieser Zusammenarbeit, die auf dem Engagement bei der Behandlung von Essstörungen beruht, ist das vorliegende Buch entstanden. Ich möchte Sie dazu ermutigen, sich Zeit zu nehmen, die Übungen aus diesem Buch zu machen. Sich Zeit zu nehmen für sich selbst ist das schönste Geschenk, das man sich machen kann. Ich würde mir wünschen, dass Sie so die Gelegenheit haben, zu mehr Glück und Ausgeglichenheit zu finden!

      Die Hassliebe zum Essen

      Heute sind Sie eisern: zum Frühstück einen Joghurt mit Obst, mittags einen Salat … Doch dann ist Büroschluss! Sie haben Lust, etwas zu essen, und kämpfen gegen den Wunsch an, auf dem Heimweg im Supermarkt anzuhalten. Schließlich schaffen Sie es nach Hause, indem Sie sich sagen, dass Sie durchhalten müssen … Aber sobald Sie Ihre Küche betreten, können Sie nicht mehr. Sie greifen zum Knabbergebäck, dann zum Käse und immer so weiter! Was für eine Enttäuschung … Aber morgen reißen Sie sich wieder am Riemen, Sie fangen wieder bei null an …

      Ein ständiges Ringen

      Vielleicht sind Sie aber auch der Typ, der ganz normal mit den Kindern und dem Partner isst, doch wenn der Abend voranschreitet und sich Ruhe einstellt, verspüren Sie Gelüste, Sie können an nichts anderes denken, das Verlangen wird stärker und stärker – nach Schokolade oder Chips zum Beispiel. Sie wissen, dass das für Ihr Gewicht oder Ihre Gesundheit nicht gut ist, aber trotzdem ist das Verlangen da …

      Kommen Ihnen diese Beispiele bekannt vor? Erkennen Sie sich darin wieder? Dann sollten Sie wissen, dass es nicht nur Ihnen so geht, auch andere haben diese Hassliebe zum Essen, die ihre Gedanken vereinnahmt und ihre Lebensqualität erheblich belastet. Es ist wahrlich nicht leicht, eine gesunde Einstellung zu Lebensmitteln zu haben, wenn diese häufig als gut oder schlecht dargestellt werden, wenn Diäten beliebter denn je sind und Schlanksein so hoch im Kurs steht wie in unserer Gesellschaft! Und doch reicht es häufig, einige Regeln zu beachten, um seine Einstellung zur Ernährung zu verbessern und wieder ganz unbeschwert und ohne Schuldgefühle essen zu können!

      Reicht das Problem tiefer und eine Essstörung wird diagnostiziert, dann ist der Weg ein längerer, und man sollte sich einen Experten oder eine Selbsthilfegruppe suchen. Auf dieses Thema kommen wir später noch zurück.

      Lassen Sie uns zuerst das Problem einkreisen

      Wer stolpert nicht hin und wieder über eine Tüte Chips oder eine Packung Kekse? Ist das ein Zeichen für eine Essstörung? Nicht unbedingt, denn mehr zu essen, als man eigentlich will, passiert uns allen. Doch wenn es regelmäßig zu Kontrollverlusten kommt, und zwar im Zusammenhang mit bestimmten Gefühlen und zum Schaden unserer körperlichen und geistigen Gesundheit, dann brauchen wir Hilfe.

      Ein typisches Beispiel …

      Manon hat in ihrem Leben mehrere Diäten gemacht. Ihr Gewicht schwankt regelmäßig über eine Spanne von rund 15 Kilogramm. So ziemlich jede Art Diät war dabei: Proteine in Pulverform, Abführmittel, Trennkost, Kohlsuppe, Weintraubenkur etc. Doch nie schafft sie es, ihr Gewicht zu halten. Als hochempfindsamer und diskreter Mensch will Manon weder ihre Familie noch ihren Vorgesetzten enttäuschen. Sie war immer für andere da, und im Alter von fünfundvierzig möchte sie nun ein bisschen mehr an sich denken und auf ihre Gesundheit achten. Sie tritt an uns heran, weil sie wieder lernen möchte, gesund zu essen und vor allem mit ihren Gefühlen klarzukommen, da sie mehrere Male in der Woche die Kontrolle verliert. Essen hat ja etwas so Tröstliches nach einem harten Tag …

      Manons Fall ist kein Einzelfall, im Gegenteil. Welche Strategien wären wirksam, um ihr Gewicht zu stabilisieren und ihr Essverhalten zu verbessern? Dieses Buch stellt verschiedene Facetten vor, die sowohl Manon als auch Sie, liebe Leserinnen und Leser, in die richtige Richtung lenken werden!

      Heißhungerattacke, was ist das?

      Den Begriff Heißhungerattacke werden wir in diesem Buch immer verwenden, um die Momente des Kontrollverlusts zu umschreiben, in denen man ohne wirklichen Hunger isst, und zwar mehr, als man wollte, und manchmal auch mit Schuldgefühlen. Diese Kontrollverluste können gelegentlich oder häufig auftreten.

      Welche Arten von Kontrollverlust es gibt

       Binge-Eating (Esssucht)

      »Wenn ich die Kontrolle verliere, verschlinge ich eine große Tüte Chips und verschiedene Süßigkeiten. Ich bin unfähig aufzuhören und habe ein schlechtes Gewissen. Danach hasse ich meinen Körper.«

       Stresskompensation

      »Wenn ich gestresst bin, hole ich mir manchmal im Café um die Ecke zwei Gebäckstücke, obwohl ich besser eine Atemübung machen sollte, um mich zu beruhigen. Ich habe deshalb kein schlechtes Gewissen, aber ich mache mir Sorgen um die Auswirkungen auf mein Gewicht und meine Gesundheit. Ich hätte meine Emotionen gern besser im Griff.«

       Genussessen*

      »Bei einem Festessen esse ich immer mehr, als ich sollte. Das kommt von Zeit zu Zeit bei besonderen Anlässen vor, und wir kochen und essen ja auch gern zusammen.«

      * Genussessen zeugt nicht von einem krankhaften Verhältnis zum Essen. Bei einem guten Festmahl zu viel zu essen, kommt oft vor und ist nicht beunruhigend.

      Essen alle Menschen bei einer Heißhungerattacke das Gleiche?

      Die Anfälle variieren von Mensch zu Mensch. Bei manchen bestehen sie darin, eine ganze Tüte Chips zu vertilgen. Bei anderen folgen auf die Tüte Chips eine Packung Eiscreme und zwei Packungen Kekse. Häufig geht es bei einer Heißhungerattacke um Lebensmittel, die »verboten« sind (zum Beispiel bei Diäten). In der Regel dreht sich ein solcher Anfall um Chips, Schokolade, Nussnougatcreme, Eiscreme, Knusperflocken, Kekse etc. Am ehesten werden bei den Attacken zuckerhaltige und fettreiche Lebensmittel verzehrt.1

      Was kann eine Heißhungerattacke auslösen?

      Hier eine Auflistung der wichtigsten Faktoren, die erklären können, warum man in bestimmten Momenten einem Heißhungeranfall nachgibt.

      1. Negative Gefühle (Wut, Einsamkeit, Langeweile, Angst etc.) und Stress 2

      Die Erkenntnis, dass es schwierig ist, mit bestimmten Gefühlen umzugehen, kann dazu verleiten, sie unterdrücken zu wollen, und dabei kann sich Nahrung als hilfreich erweisen. Die Attacken sind manchmal eine willkommene Gelegenheit, sich eine »Auszeit« von solch übermächtigen Gefühlen zu nehmen, die man nicht unter Kontrolle hat. Dieses Ernährungsverhalten wird so zu einer Art Rettungsboje, an die man sich klammert, um in psychischer Hinsicht »überleben« zu können.

      Gefühle hinunterschlucken

      Der


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