Wenn alles doof ist, hilft nur noch Schokolade?. Dr. Catherine Senécal

Wenn alles doof ist, hilft nur noch Schokolade? - Dr. Catherine Senécal


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weil bestimmte Gefühle zum Kontrollverlust führen können. Die Nahrung wird zum Trost und beruhigt die Seele, zumindest vorübergehend. In Kapitel 4 wenden wir uns dem Umgang mit solchen Gefühlen zu. Er ist ein Schlüsselfaktor, um die Kontrolle über seine Ernährung wiederzuerlangen.

       2. Selbst auferlegte Verbote – man untersagt sich den Verzehr bestimmter Lebensmittel oder den Verzehr ausreichender Mengen.

      Diese Story kennen Sie auch, wir alle haben sie tausendmal gehört. Jemand macht eine Diät, verliert Gewicht, nimmt wieder zu und wiegt schließlich mehr als vorher. Die Schuld gibt man sich selbst: »Ich bin schuld, ich bin so eine Naschkatze, einfach unkontrollierbar.«

      Die Menschen, die sich an uns wenden, beschreiben sich oft als Naschkatzen, die kein Durchhaltevermögen haben. Dabei würde jeder von uns, der sich ein unrealistisches Ziel setzt – wie 2,5 bis 5 Kilogramm pro Woche abzunehmen oder keines seiner Lieblingsgerichte mehr zu essen – irgendwann schwach werden und sich dann unfähig fühlen.

      Sowohl das Verbot, genug zu essen, als auch das Verbot, bestimmte Dinge zu essen, führen zum gleichen Ergebnis.

      Aus diesem Grund funktionieren Schnelldiäten auch nicht: Die Verbote lösen Heißhungerattacken aus. Die Funktion der Krisen besteht darin, das »Überleben« des Körpers sicherzustellen, der sich vor der Nahrungsentbehrung »fürchtet«. Da er ignoriert, dass Sie ihm selbst dieses Verbot auferlegen, versucht Ihr Körper, Sie vor der nächsten Hungersnot zu beschützen, und legt sich vorsorglich eine Reserve in Form einiger Zusatzpfunde zu.

      Kompensiert man eine Heißhungerattacke durch weitere Beschränkungen, wird der Zwang verstärkt, und der Teufelskreis geht weiter.

       RICHTIG oder FALSCH?

      Wer wenig isst, nimmt ab.

      FALSCH

      Im Gegenteil: Bei Menschen, die zu wenig essen, ist der Stoffwechsel deutlich verlangsamt, was einer Gewichtsabnahme abträglich ist.

      Verzicht führt dazu, dass man … noch mehr isst!

      Wussten Sie, dass Menschen, die sich beim Essen zurückhalten, schlussendlich mehr verzehren als Menschen, die normal essen? 3 Das konnte im Rahmen einer Studie belegt werden.

      Für diese Studie waren zwei Gruppen von Teilnehmern ausgewählt worden, angeblich, um an einem Geschmackstest teilzunehmen. Die erste Gruppe bestand aus Probanden, die normal aßen. Die zweite Gruppe dagegen aus Probanden, die regelmäßig Diäten zur Gewichtsabnahme machten. In beiden Gruppen bat man einige der Teilnehmer, einen oder zwei Milchshakes zu trinken, während die anderen Teilnehmer nichts bekamen. Anschließend wurde jeder Teilnehmer aufgefordert, so viel Eiscreme zu essen, wie er wollte.

      In der Gruppe, deren Ernährung als normal betrachtet wurde, aßen die Teilnehmer, die mehr Milchshakes getrunken hatten, weniger Eis, denn sie achteten auf ihr Sättigungsgefühl. In der Testgruppe, die regelmäßig Diäten befolgte, aßen die Teilnehmer, die einen Milchshake hatten, mehr Eis als diejenigen, die keinen getrunken hatten. Da sie bereits etwas »Verbotenes« konsumiert hatten, sagten diese Teilnehmer sich: »Der Tag ist sowieso verdorben, dann kann ich auch von dem Eis profitieren, wenn ich schon dabei bin …«

      Finden auch Sie, dass Ihr Tag missraten ist, wenn Sie bei einem weniger gesunden Nahrungsmittel schwach werden?

      Bei Diäten geht es um Gut und Böse, um Verbote, die dazu führen, dass man mehr isst, sobald die Ernährungsregeln gebrochen werden. Anders ist es bei Menschen, die keine Vorgaben haben und ihren Hunger als Richtlinie für die Ernährung verwenden. Dieses Phänomen sehen wir oft bei unseren Patienten: »Alles oder nichts«! Sobald ein Nahrungsmittel, das als weniger gesund erachtet wird, in den Mund eines Patienten kommt, der an einer Essstörung leidet oder eine ungesunde Beziehung zum Essen hat, ist der Tag verdorben und gerät außer Kontrolle.

      Sie erliegen zum Beispiel einem Schokoladencroissant, das Ihnen bei einem Morgenmeeting im Büro angeboten wird, und sagen sich dann: »Der Tag ist gelaufen! Wenn ich schon mal dabei bin, kann ich auch gleich weiter schlemmen und ab morgen wieder vernünftig essen!« Und wenn es ein Donnerstag ist, kann man genauso gut den Montag abwarten, das ist ein besserer Tag, um mit einer Diät zu beginnen, stimmt’s?

      Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, kommt es also darauf an, Maß zu halten, möglichst kein Lebensmittel auszuschließen und vor allem umzudenken, damit man nicht wieder in Schuldgefühle verfällt, die mit dem Verzehr eines Nahrungsmittels oder einer Mahlzeit verbunden sind, welche man für ungeeignet hält. Darauf werden wir im Lauf der nächsten Kapitel noch zu sprechen kommen.

       3. Sich dick oder aufgebläht fühlen, denn dann hat man vielleicht den Eindruck zu versagen oder sabotiert zu werden, oder es fällt schwerer, auf sich selbst achtzugeben.

      Es gibt Menschen, die sich jeden Tag wiegen und der Waage die Entscheidung über ihre Laune überlassen. Auch das ist ein gutes Beispiel für die Philosophie des »Alles oder Nichts«, die wir bereits erwähnt haben. Demzufolge ist der Tag gut, wenn die Waage weniger anzeigt, denn dann hat man es geschafft. Zeigt die Waage am nächsten Tag aber wieder mehr an, ist das ein Misserfolg, der Tag ist gelaufen, man fühlt sich schlecht und willensschwach. Diese Art Logik gesteht einer einfachen Zahl ganz schön viel Macht zu, finden Sie nicht auch?

      Man sollte aber wissen, dass mehrere Faktoren Einfluss auf diese Zahl haben können. Wenn man sich jeden Tag wiegt, kann man häufig große Unterschiede feststellen, obwohl es physiologisch gesehen unmöglich ist, an einem Tag 1,5 Kilogramm ab- oder zuzunehmen! Um 0,5 Kilogramm zuzulegen, muss man ein Plus an 3500 Kalorien zu sich nehmen. Ja, Sie müssten an einem Tag 10 500 Kalorien verdrücken für 1,5 Kilogramm mehr Gewicht. Unmöglich, oder? Was wir messen, wenn wir uns regelmäßig wiegen, ist einfach die Menge an zurückgehaltenem Wasser. Haben wir salzig gegessen? Haben wir Sport gemacht? Viele Ballaststoffe gegessen? Auch hormonelle Schwankungen können diese täglichen Gewichtsänderungen erklären, die nichts mit einer Zunahme des Fettgewebes zu tun haben.

      Hier eine Grafik zur Gewichtsentwicklung einer Person, deren Ernährung normal ist.

      Grafik zur Gewichtsentwicklung in einem Zeitraum von sechs Wochen

      Anhand der Grafik sieht man, dass das Gewicht der Person zwischen 81,5 Kilogramm und 83,5 Kilogramm schwankt. Man kann sich leicht vorstellen, wie beunruhigt diese Person wäre, wenn sie sich an den Tagen mit dem höchsten Gewicht wiegen würde.

      Das Gewicht steigt und fällt jede Woche ein bisschen – wie eine kleine Welle. Wichtig ist, die Zahlen mit etwas Abstand zu betrachten. Dann erkennt man, dass die Wellenbewegungen immer die gleichen sind, unabhängig von den äußeren Faktoren.

      Normalgewicht und Idealgewicht

      Häufig ist vom Idealgewicht die Rede, einer Norm, die es aus Gesundheitsgründen zu erreichen gilt. Vom natürlichen Gewicht ist seltener die Rede. Das Normalgewicht, auch »set point«4 genannt, basiert auf einer Theorie, der zufolge jeder Mensch ein genetisch bedingtes Gewicht hat. Vergleichbar einem Korken, der auf der Wasseroberfläche schwimmt, legt der Körper das Gewicht fest, bei dem er sich in Homöostase (= physiologisches Gleichgewicht) befindet und das ihm erlaubt, alle Körperfunktionen so effektiv wie möglich aufrechtzuerhalten. Somit entscheidet unser genetisches Erbe darüber,


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