Beruf Bäuerin. Susann Bosshard-Kälin
Inhalt
Vorwort von Nationalrätin Maya Graf
Ruth Haug-Eggenberger Weiningen ZH
Marie-Theres Waser-Küttel Stans NW
Rosmarie Mazenauer-Wicki Altnau TG
Rita Schuler-Schöpfer Hünenberg ZG
Paula Zurfluh-Bieri Isenthal UR
Rita Burkard-Laubacher Hohenrain LU
Franziska Inderbitzin-Schuler Lakeland, Australien
Heidi Roos-Flury Schwesteregg, Romoos LU
Vreni Föhn-Zurfluh Muotathal SZ/Alp Dräckloch GL
Nicole Scheuber-Bieber Disentis GR
Erfahrung, Wissen und Können von Peter Moser
Bäuerinnenschule Kloster Fahr 1944–2013
Vorwort
Als die Anfrage kam, für dieses spezielle Bäuerinnenbuch ein Vorwort zu schreiben, habe ich zuerst gezögert. Bin ich die richtige Person dazu? Ich kenne die Bäuerinnenschule des Klosters Fahr nur von Erzählungen. Zwar arbeite ich heute, wenn ich nicht als Nationalrätin in Bern bin, als Biobäuerin. Doch ich habe keine Ausbildung in diesem Bereich abgeschlossen. Ich habe nach dem Handelsdiplom die Ausbildung zur Sozialarbeiterin absolviert und in diesem Beruf auch Teilzeit gearbeitet. Erst als ich 30 war, übernahmen wir mit unserer Hofgemeinschaft den elterlichen Bauernhof zur Bewirtschaftung.
Die Hofarbeit auf dem Milchwirtschafts- und Obstbetrieb habe ich von klein auf gelernt, die Liebe zu Tier und Natur hat mich schliesslich zur Politik der Grünen geführt. Aber sattelfest in Kochen und Hauswirtschaft bin ich nicht. Im Gegenteil. Ich führte als junge Frau eher einen Kampf dagegen, gerade weil es von mir erwartet wurde. Ich wollte ja nie Bäuerin werden. Als ich mit 19 Jahren schliesslich auf einem Bauernhof im Waadtland das Haushalten lernen sollte, brach ich mir nach zwei Wochen den Fuss so radikal, dass ich ein halbes Jahr ausfiel und der Versuch beendet wurde.
Heute arbeite ich fürs Leben gerne auf dem Bauernhof, weil ich das Glück und die Freiheit habe, zusammen mit meinem Mann, meinen Kindern und der Familie meines Bruders wie auch mit meinen Eltern die Arbeit auf dem Hof so zu organisieren, dass ich mein Nationalratsmandat ausüben und daneben dort mitarbeiten kann, wo meine Stärken liegen. Es ist diese Freiheit zur Selbstbestimmung, die Bäuerinnen heute haben und die mir wichtig scheint. Unsere Mütter und Grossmütter hatten diese Freiheit nicht. Es ist diese Freiheit, die das Leben auf den Bauernhöfen der Schweiz heute so komplett anders macht, vielfältig, offen, nicht einfacher, aber hoffentlich bereichernd.
Mit Spannung las ich also die Porträts heutiger Bäuerinnen, die alle etwas gemeinsam haben: Sie besuchten in jungen Jahren die Bäuerinnenschule des Klosters Fahr. Ich bin beim Lesen immer tiefer in den Alltag der Bauernhöfe eingetaucht, in Gedanken durch die Deutschschweizer Landschaft von Hof zu Hof geflogen und war überwältigt von all diesen Lebensgeschichten. Ich bin beeindruckt von der Offenheit, mit der diese Landfrauen über ihren Werdegang, ihren Beruf, ihre Zusammenarbeit auf dem Hof, ihre Glücksmomente und ihre Schwierigkeiten erzählen. Und es ist schön zu lesen, wie gut sie sich selbst einschätzen können, wie selbstbewusst sie ihren Beruf vertreten und lieben. Beschäftigt hat mich aber, wie unglaublich viel und hart diese 13 porträtierten Bäuerinnen arbeiten, wie lange die Tage sind, wie viel sie für andere geben und wie wenig sie für sich selbst verlangen.
Der Beruf der Bäuerin ist nicht nur ein vielseitiger Beruf, bei dem man extrem stark und flexibel sein muss, er ist auch eine Berufung. Es wird spannend sein, zu sehen, wie die nächste Generation von Bäuerinnen all diese Herausforderungen in einer sich schnell wandelnden Zeit meistern wird. Diese Herausforderungen werden sie ohne die «Oase» Bäuerinnenschule Fahr antreten müssen. Denn diese musste sich dem Zeitgeist bereits anpassen und ihre Schultüren schliessen.
Die jungen Bäuerinnen werden andere «Lernoasen» finden, sie werden vermehrt einen zweiten Beruf haben, mehr auswärts arbeiten und bestimmt weitere innovative Projekte auf den Höfen entwickeln. Sie werden auch bei den Sozialversicherungen und beim Lohn gleichwertige Partnerinnen ihrer Lebenspartner sein. Ich wünsche deshalb von Herzen, hoffentlich ganz im Sinne dieser 13 starken Bäuerinnen, dass dieser wunderschöne Beruf weiterhin eine grosse Anerkennung in der Gesellschaft findet. Und ich möchte allen herzlich danken, die zu diesem eindrücklichen Bäuerinnenbuch beigetragen haben.
Maya Graf
Nationalrätin Grüne, Sozialarbeiterin und Biobäuerin Sissach BL
Einleitung
Wie Bäuerinnen auf einem Hof mit ihren Familien, mit den Tieren und der Natur leben, davon haben viele Menschen – und bei weitem nicht nur in städtischen Gebieten – kaum eine Vorstellung, höchstens vielleicht Vorurteile.
Schweizer Bäuerinnen eine Stimme und eine Bühne in der Öffentlichkeit zu geben: Das ist das Ziel dieser Lebensgeschichten. 13 Frauen erzählen von ihren Freuden und Sorgen, ihren Träumen und ihrer oft harten Lebensrealität in der Landwirtschaft des 20. und 21. Jahrhunderts. Obwohl die porträtierten Frauen in verschiedenen Kantonen der Schweiz leben, ja eine sogar nach Queensland in Australien ausgewandert ist, und alle aus unterschiedlichen Generationen stammen, so gibt es doch einen roten Faden im Buch. Es sind die Erinnerungen an einen Ort, der sie verbindet: Sie sind ehemalige Absolventinnen der Bäuerinnenschule im Benediktinerinnenkloster Fahr – am Rand der Stadt Zürich. Sie haben dort, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, Ende des letzten Jahrhunderts oder erst vor ganz wenigen Jahren, ihre bäuerliche Grundausbildung absolviert.
Selbst «Ehemalige» der Bäuerinnenschule, die im Sommer 1983 im Kloster Fahr fürs Leben lernen durfte, aber keine aktive Bäuerin wurde, nahm es mich sehr wunder, wie Frauen in der Landwirtschaft heute denken und ihr Leben gestalten.
Mit Unterstützung der Fahrer Schwestern, besonders der Gartenfachfrau