Rosenmedizin. So sanft heilt die Königin der Blumen. Angelika Gräfin von Wolffskeel von Reichenberg
offenbar, dass es im Erbgut zu Mutationen kommt und so ein Karzinom entstehen kann. Für die medizinische Forschung öffnet sich ein neuer, spannender Therapie- und Prophylaxe-Weg. Eine wichtige Rolle spielen auch Gerbstoffe, Pektin und Carotin, Nerol und Geraniol. Kein Wunder also, dass der Verein »NHV Theophrastus« in Chemnitz die Damaszener-Rose zur »Heilpflanze des Jahres 2013« gewählt hat. Ihre Heilkraft ist sogar wissenschaftlich abgesegnet. Die »Kommission E« des Bundesinstituts für Arzneimittelforschung und Medizinprodukte etwa befürwortet die Anwendung von Rosenblüten aufgrund ihrer Gerbstoffe und deren adstringierender Wirkung bei leichten Entzündungen im Bereich der Mund-und Rachenschleimhaut.
Rosenduft kurbelt den Stoffwechsel an
Die Heilwirkung der Rose muss heute weitreichender betrachtet werden als noch vor wenigen Jahren. An der australischen James-Cook-Universität Townsville etwa testeten Forscher die Auswirkungen von Rosenduft an 3200 übergewichtigen Frauen zwischen 20 und 36 Jahren. Sie »mussten« mindestens drei Stunden pro Tag in einem Zimmer mit frischen Rosen verbringen. Nicht anders essen, nicht mehr Sport treiben, einfach nur den frischen blumigen Rosenduft einatmen. Das Ergebnis verblüffte sogar die Ärzte: Der Appetit wurde von Tag zu Tag weniger, die tägliche Kalorienzufuhr sank um 1000 Kilokalorien. Im Schnitt nahmen die pfundigen Frauen in gerade mal drei Wochen zwischen drei und fünf Kilogramm ab. Vermutet wird, dass der Rosenduft ein Sättigungssignal ans Gehirn sendet.
Lavendel
Ähnlich überrascht waren US-Psychologen, die 28 Schwangere nach der Geburt in einer klinischen Studie mit einer Rosen-Lavendel-Aromatherapie behandelten. Die Frauen gehörten alle einer Hochrisiko-Gruppe an, die bereits eine postnatale Depression erlitten hatten. Sie verbrannten in Räuchergefäßen über drei Wochen lang täglich jeweils nur 15 Minuten lang 2,5-prozentige ätherische Öle. Die jungen Mütter in der Aromatherapie litten deutlich seltener an der belastenden Schwermut, die sich bis zu einem Jahr nach der Geburt zeigen kann. Sie hatten auch deutlich weniger Zukunftsängste, waren innerlich sicherer und stabiler und freuten sich mehr auf die turbulente Zeit mit ihrem Baby. Der Duft hat aber zudem auch eine einschläfernde Wirkung, stärkt das Nervenkostüm bei Stress, schenkt neue, stärkende Energie bei Müdigkeit und vertreibt eine gereizte Stimmung. Das fanden Psychologen des Departments of Physiology und Pathology an der brasilianischen Universität von Paraiba-Caixa heraus.
Die älteste Rose der Welt In jedem Frühsommer leuchten in der Apsis des Hildesheimer Doms die zartrosa Blüten der ältesten Rose der Welt, des 1000-jährigen Rosenstrauchs. Erstmals erwähnt wurde die Hundsrose 1573 – schon damals als uralt bewundert. Der Legende nach blüht sie seit 815. Damals fand Kaiser Ludwig der Fromme (778 bis 840) zwischen ihren Blüten ein Reliquiar, das er bei der Jagd verloren hatte. Aus Dankbarkeit ließ er dort eine Kapelle bauen.
Power fürs Herz
In der Volksrepublik China kam eine Vergleichsstudie von zehn verschiedenen ätherischen Ölen zu dem Ergebnis, dass Rosenöl eine der stärksten antibiotischen Wirkungen aller getesteten Öle besitzt. Bereits nach einer Dauer von fünf Minuten vernichtete das Öl das Bakterium Propionibacterium acnes, das ein Hauptverursacher für eitrige Pickel ist. Der türkische Aromaforscher Prof. Murat Uysal von der Gaziosmanpasa Universität in Tokat untersucht die Wirkung von Rosenöl auf Regelschmerzen und das Prämenstruelle Syndrom. In einer Doppelblindstudie fand er heraus, dass bereits der zarte Duft die Schmerzen und Unbehaglichkeiten um bis zu 20 Prozent verringert. Andere jüngere Studien zeigen: Rosenwasser zum Einsprühen oder Rosensalben zum Einreiben helfen durch ihre Flavonoide und Terpene bei Erschöpfung und Schlaflosigkeit und fördern die Konzentration. Ein Taschentuch mit Rosenwasser auf der Herzregion beruhigt das Herzklopfen und mindert die Angst. Der südkoreanische Biotechnologe Dr. Eun-Kyung Kwon von der Kyung Hee Universität in Yongin entdeckte in den Knospen der Rosa damascena die natürliche Substanz Cyanidin-3-O-ß-Glucosid. Sie ist in der Lage, die Bildung eines Enzyms zu stoppen, das für die Produktion von Angiotensin II sorgt. Dieses Hormon ist für einen hohen Blutdruck verantwortlich. Es stimmt also offenbar, dass Rosen biologische Blutdrucksenker sind.
Rosen verlängern das Leben
Jasmin
In Verbindung mit Jasmin- oder Veilchenöl kräftigen sie zudem den Herzmuskel. Das Einreiben des Brustkorbes stärkt die Atemmuskulatur. Es liegen gute Erfahrungen mit der äußerlichen Anwendung bei Ohrenschmerzen, Spannungskopfschmerz und Neuralgien vor. Rosentinktur hilft bei Abschürfungen und kleineren Wunden, ein Rosenessig bei Verbrennungen, Cellulite und bakteriellen Infektionen. Gleichzeitig hat der Duft über den Geruchssinn auf die Gefühle Einfluss: Bei depressiven Verstimmungen, Stress und Ängsten wirkt ätherisches Rosenöl harmonisierend und stärkend. Sogar das Altern kann es verlangsamen. Zumindest deuten dies erste Experimente an, die der Ökologe und Evolutionsbiologe Dr. Mahtab F. Jafari von der Universität Californien in Irvine mit Fruchtfliegen durchführte. Ein Rosenblüten-Extrakt ließ männliche wie weibliche Summer deutlich länger leben – ohne ihren Stoffwechsel zu verlangsamen oder ihre Fruchtbarkeit einzuschränken. Dr. Jafari vermutet, dass der Anti-Aging-Effekt durch die antioxidative Wirkung der Rosenblüten ausgelöst wird.
Hagebutten in der Rosenmedizin
Die Scheinfrüchte der Hecken- oder Hundsrose (Rosa canina) sind kleine medizinische Wunder. Die eigentlichen Früchte sind, botanisch gesehen, die Kerne, die so schön jucken. Für Tee verwendet man hauptsächlich die Hagebuttenschalen. Hagebuttentee ist warm oder kalt ein schmackhafter und Vitamin-C-reicher Muntermacher für Kinder wie Erwachsene. In der Volksmedizin gilt er zudem als Mittel zur Blutreinigung und zur Steigerung der Immunkraft. Neben viel Vitamin C und Betacarotin enthält Hagebuttenmark Pektine, Fruchtsäuren und Gerbstoffe. Die Heilwirkung der Kerne beruht auf ihrem hohen Gehalt an Kieselsäure.
Hagebutten sind wahre Vitaminbomben.
Doch auch die medizinische Hagebuttenforschung hat ein paar Überraschungen anzubieten. So haben z. B. drei dänische Forschungseinrichtungen in den Samen und Schalen der Hagebuttenfrüchte die Substanz Galaktolipid isoliert, die aus einem Zuckeranteil und Fettsäuren besteht. Galaktolipid verhindert bei Arthrose Entzündungen und Gewebeschädigungen, stabilisiert die Zellmembranen und unterstützt den Aufbau von Knorpelgewebe. Das Institute for Clinical Research in Kolding an der Ostseeküste verabreichte 112 Probanden mit einer Osteoarthritis drei Monate lang täglich fünf Gramm Hagebuttenpulver oder ein Scheinmedikament. Nach einer dreimonatigen Behandlung besserten sich in der randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudie bei den Patienten, die Hagebutten einnahmen, Beschwerden wie morgensteife Gelenke oder Arthroseschmerzen nachhaltig. 88 Prozent der Patienten konnten wieder schmerzfrei Konservendosen oder Flaschenverschlüsse öffnen und auch andere Alltagstätigkeiten verrichten, die ihnen vorher wegen der Schmerzen unmöglich waren. Und: Auch ihr allgemeines Wohlbefinden besserte sich. Eine weitere Studie zeigt, dass das Hagebuttenpulver auch die Ablagerung von LDL-Cholesterol in den Gefäßen verhindert, das zur Arteriosklerose führt.
Die Schönheit der Rose soll künftig für die Krankheit Multiple Sklerose sensibilisieren. Ab 2017 erhält jedes Jahr eine soziale oder eine Reha-Einrichtung ein liebevoll angelegtes Rosenbeet, das durch die Blume auch Aufmerksamkeit für die Probleme von Menschen mit MS wecken soll. Unterstützt wird das Projekt von der MS-Forschung.
Rücken- und Gelenkschmerzen bessern sich
Das antientzündliche Wirkspektrum der Hagebutte ist genauso gut wie das von synthetischen Schmerzmitteln, fand Prof. Sigrun Chrubasik vom Institut für Rechtsmedizin an der Universität Freiburg heraus. Das Hagebuttenpulver senkte bei Patienten mit entzündlichem Rheuma erhöhte Entzündungswerte. In einer Pilotstudie der Universität Freiburg untersuchten die Wissenschaftler 152 Patienten mit chronischen Rückenschmerzen. Bei Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen besserten sich alle Messparameter – ebenso wie bei Patienten mit Gelenkschmerzen. Bei starken Beschwerden bekamen sie anfangs