Rosenmedizin. So sanft heilt die Königin der Blumen. Angelika Gräfin von Wolffskeel von Reichenberg

Rosenmedizin. So sanft heilt die Königin der Blumen - Angelika Gräfin von Wolffskeel von Reichenberg


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die Wege zu den reich gedeckten Tafeln, den Wein in den Kelchen verzierten schwimmende Rosenblütenblätter. Bei der legendären Festivität »Sub rosa«, die Kaiser Nero (37– 68 n. Chr.) im Goldenen Palast auf dem Palatin feierte, rieselten Hunderttausende Rosenblütenblätter und sogar Rosenöl herab. Es flossen Ströme von Wein, der nach Rosen duftete, alle Festgäste badeten in teurem Rosenwasser. Auch am Morgen nach dem großen Fest nutzten die praktisch denkenden Römer die Heilkraft der Rosen. Sie versuchten, den wegen des Katers dröhnenden Kopf mit einem Kranz aus gekühlten Rosen wieder klar zu bekommen. Mit diesem Ansatz waren sie durchaus auf der medizinisch richtigen Fährte. Rosen waren aber auch als Auszeichnung für militärische Großtaten begehrt – man denke an den Rosenkranz.

      In modernen Wohlfühltempeln wird die wohltuende Wirkung der Rose auf das Nervensystem noch heute bei Massagen und Bädern eingesetzt. Rosenblätter sind ein beliebter Zusatz in Entspannungsbädern;

      für die seelische Balance wird Rosenöl verräuchert.

      Zurück über das Mare nostrum an die Küste Afrikas: Kleopatra (69–30 v. Chr.), die ägyptische Königin, badete nicht nur wohlig in Rosenmilch, sie nutzte die Rose vor allem als Zeichen der Liebe. Die schöne Frau auf dem Pharaonenthron begrüßte den römischen Feldherrn Marcus

      Antonius (86–30 v. Chr.) in einem Zimmer, dessen Fußboden so hoch mit Rosenblütenblättern bedeckt war, dass er knietief darin versank.

      Als Rom und das weströmische Reich im Jahr 476 untergingen, gab es in der Ewigen Stadt mehr als 2000 öffentliche Rosengärten, belegen historische Unterlagen. Der Dichter und Satiriker Horaz (65 v. Chr.–8 v. Chr.) hatte schon zuvor eindringlich darüber geklagt, dass überall dort Rosen wüchsen, wo eigentlich Obstgärten und Weizenfelder gedeihen sollten.

      Doch so wunderschön und faszinierend die Rose auch ist: Die Menschen interessierten sich schon früh nicht nur für ihre »äußeren Werte«, sondern auch für ihre medizinische Heilkraft. Der legendäre Yan-Kaiser Shen Nong (»Göttlicher Bauer«, um 2800 v. Chr.) beschrieb in seinem Arzneimittelbuch Shen Nong Ben Cao Jing 365 Pflanzen wie etwa chinesischen Zimt, Ingwer, Rhabarber oder Ginseng – aber auch die Früchte der Jin Ying Zi-Rose, die heute als Cherokee-Rose bekannt ist. Diese Wildrosenart aus Zentralchina (Rosae laevigatae fructus) gelangte bereits im 17. Jahrhundert nach Nordamerika. Dort breitete sie sich schnell aus.

      Der französische Botaniker und Forschungsreisende André Michaux (1746–1802) verlieh ihr dann in seiner »Flora boreali americana« den indianischen Namen Cherokee-Rose: Er hielt sie irrtümlich für eine heimische amerikanische Pflanze.

      EXTRA Segeln unter falscher Flagge

      Pfingstrosen ähneln mit ihren prächtigen Blüten zwar Rosen. Doch die Päonien gehören zu den Hahnenfuß-Gewächsen. Die Blume, die auch als Bauernrose bekannt ist, gibt es in 32 verschiedenen Sorten.

      Christrosen, die auch als Schneerosen oder Weihnachtsrosen bekannt sind, gehören zu den Nieswurzen.

      Zistrosen bilden eine eigene Gattung, die Zistrosen-Gewächse (Cistaceae), und haben eine starke Heilwirkung z. B. gegen Erkältung.

      Die Rose von Jericho (→ Foto), eine Wüstenpflanze, gehört zu den Kreuzblütlern und bildet im Winter eine Rosette mit kleinen weißen Blüten aus. In der Trockenzeit rollt sie sich zu einer apfelgroßen Kugel zusammen und überlebt sehr lange ohne Wasser. Bei Regen erblüht sie.

      Christrose, Pfingstrose, Zistrose – klingt alles sehr nach Rose, sie alle sind aber Mogelpackungen.

      Keine Rose ohne Dornen … sagt zwar das alte Sprichwort. Doch der Botaniker gruselt sich: Rosen haben Stacheln, keine Dornen. Der feine Unterschied: Dornen wie bei Kakteen sind umgewandelte Blätter. Stacheln dagegen sind Auswüchse der obersten Zellschicht von Sprossen oder Blättern. Beide aber piksen. Der kleine Botanicus würde sicher auch darauf hinweisen, dass die Rose keine Blume ist, sondern ein Gehölz. Stimmt. Aber für jeden, der sie sieht und bewundert, bleibt sie dennoch die schönste Blume des Planeten.

      Und was ist mit der berühmten Gedichtzeile »Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose« von Gertrude Stein (1874 – 1946)? Es geht nicht um eine Blume, sondern um ein kleines Mädchen namens Rose, das sich darüber wundert, dass sich alles dreht: Mond, Sonne, Erde, immer rundherum. Und so schnitzt sie ihren Namen in einen Baum: »… aber rundum werde ich Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose einschnitzen …«

      Zuerst tauchen die Zeilen 1913 in dem Gedicht »Sacred Emily« auf. Berühmt wurden sie aber in einer Kindergeschichte, die Gertrude Stein 1939 veröffentlichte.

      EIN MITTELALTERLICHES RÄTSEL: WAS IST DAS?

       Fünf Brüder sind zur gleichen Zeit geboren,doch zweien nur erwuchs ein voller Bart,zwei anderen blieb die Wange unbehaart,dem fünften ist der Bart zur Hälfte abgeschoren.

      Antwort: die Rose. So ganz stimmt es nicht, aber die Beobachtungen sind schon recht genau. Die fünf Brüder, die Kelchblätter der Rose, sind nicht zur gleichen Zeit geboren, sondern sie bildeten sich, wie auch die Laubblätter, der Reihenfolge nach Dem ersten und dem zweiten Blatt erwächst auf beiden Seiten eine ausgeprägte Fiederung. Das dritte ist nur an einer Seite gefiedert, weil die andere Seite, als die Knospe noch geschlossen war, vom ersten Blatt überlappt wurde. Das vierte und das fünfte Blatt wurden jeweils von ihren vorhergehenden Blättern überlappt Sie haben deshalb kahle Ränder.

       Die Hundsrose, allgemein unter Hagebutte bekannt, ziert viele Gärten und Wege.

      »Rosenwasser und Fledermausflügel«

      Der römische Gelehrte Plinius der Ältere (23 /24–79 n. Chr.), der bei dem größten Vesuv-Ausbruch aller Zeiten starb, empfahl in seinem Naturkunde-Werk »Naturalis historia« die Rose als Heilmittel bei mehr als 32 Krankheiten. So riet er Männern mit Haarproblemen, die Rosengalle der Hundsrose Rosa canina gegen ihre Kahlköpfigkeit zu benützen. Schwerer zu ertragen war sein zweiter Tipp: Eine Tinktur aus Fledermausflügeln, gekocht in Rosenwasser, sollte helfen. Die Heilkundigen der Antike glaubten, fälschlicherweise, mit einem Therapeutikum aus den Wurzeln der Pflanze die Tollwut, ausgelöst durch Hundebisse, behandeln zu können. Ganz am Rande: Der botanische Beiname canina weist nicht auf den Hund hin, sondern sagt, dass die Pflanze »hundsgemein« ist, also überall wächst. Möglicherweise als Arznei brachten dann römische Soldaten Rosen in ihrem Marschgepäck über die Alpen und nach Großbritannien.

      Karl der Große – Vater des Rosenanbaus

      Nach dem Untergang des Weströmischen Reiches geriet die Rose weitgehend in Vergessenheit. Sie fiel Jahrhunderte in einen Dornröschen-Schlaf. Erst Kaiser Karl der Große (768–814) holte sie wieder aus der Versenkung. In seiner Landgüterverordnung »Capitulare de villis vel curtis imperii« legt er im Jahr 812 fest: In jedem seiner Güter sollen etwa 80 Nutzpflanzen und Heilkräuter, dazu knapp 20 Obstbäume angebaut und gepflegt werden. Auf der Pflanzenliste standen auch »Rosas«, also Rosen. Gemeint damit war die einheimische Wildrose Rosa canina, die als Hundsrose überall in Mittel und Nordeuropa blühte und Hagebutten austrieb. Bei Kindern sind die haarigen Kerne, die wahren Früchte, bis heute als Juckpulver beliebt. Karl der Große dürfte eher an das leckere Fleisch der Schalen gedacht haben. Durchaus eigensüchtig, denn er hatte als Kaiser keinen festen Wohnsitz und zog mit seinen Truppen, seinen Beratern, Köchen, Priestern, Küchenhilfen und Astrologen von einer burgartigen Palastanlage zur anderen. Und brauchte überall etwas zu essen – aber auch Medizin. Das Wissen darum, dass die süßsäuerlichen Hagebutten vor Mangelkrankheiten wie Skorbut schützten, war unter den Heilern der damaligen Zeit sicherlich weitverbreitet.

      Karl dem Großen ist die Rosensorte »Charlemagne« gewidmet.

      »Sammle


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