Heilkräuter - Überliefertes Wissen für Hausapotheke und Küche. Elfie Courtenay
kam dem Beifuß große Bedeutung zu. Bei den Germanen durfte er in keiner rituellen Räucherung fehlen.
Kranke wurden gründlich mit Beifußbüscheln abgefächert, um sie von den Übeln zu befreien, die sich an ihren Leib geheftet hatten. Anschließend wurden diese Büschel verbrannt.
Um Fußmärsche über weite Strecken unbeschadet zu überstehen, wurde Beifußkraut mit der weißfilzigen Seite nach oben in die Schuhe gelegt.
Beifuß vor der Blüte
Beifuß als Frauenkraut
Der würzig-bittere Beifuß galt als eines der wichtigsten Frauenkräuter. Je nach Dosierung halfen Tees oder Sitzbäder, die ausgebliebene Menstruation anzuregen, die Entbindung zu beschleunigen, die Nachgeburt oder einen toten Fötus abzutreiben. Die antibakterielle sowie durchblutungs- und wehenfördernde Eigenschaft des Beifuß war den Frauen seit Jahrhunderten bekannt und wurde in vielen Kulturen genutzt.
Während der Entbindung räucherte die Hebamme den Raum und das Lager mit Beifuß, um die Geburt zu erleichtern, die Gebärende zu beruhigen und um vor bösen Einflüssen zu schützen.
Historisches
Eduard Bauer schreibt in seinem »Heilpflanzen-Taschenbuch« von 1908:
»Tee von Beifuß dient als vorzügliches und kräftiges Heilmittel bei allgemeiner Schwäche und Schwäche der Verdauungsorgane. Er hat einen ausgesprochenen Einfluss auf die Blutverteilung und somit auch auf das Zentralnervensystem (tägl. 1 Tasse). Und gerade in den Entwicklungsjahren der Kinder übt er eine ganz besonders gute Wirkung aus.
Wegen des Bitterstoffes, den Beifuß enthält, gibt er, mit Rainfarn vermischt, ein sicher wirkendes Mittel gegen Spulwürmer. Bei Rheumatismus, Verrenkungen und Quetschungen wird die aus Beifuß gewonnene Tinktur, zur Hälfte mit Arnikatinktur (aus der Apotheke, Arnika steht streng unter Naturschutz!) vermischt, zum Einreiben benutzt.«
Beinwell
Symphitum officinale, Raublattgewächse
Verwendete Pflanzenteile Blätter und Wurzeln
Sammelzeit Blätter von April bis in den Herbst hinein, Wurzeln im März/ April oder im Oktober
Wichtige Inhaltsstoffe Allantoin, Schleimstoffe, Gerbstoffe, Pyrrolizidinalkaloide
Wichtige Wirkungen Alantoin fördert die Kallusbildung und Regeneration von Knochengewebe, wirkt schmerzlindernd, abschwellend, entzündungshemmend und wundheilend.
Fertigpräparate aus der Apotheke Traumaplant® Salbe, Kytta® Salbe, Kytta® Balsam und Kytta® Plasma, hauseigene Originalherstellungen von Apothekern (auf Nachfrage!); homöopathisch: Symphitum als Globuli oder Tropfen
Volkstümliche Namen Wallwurz, Beinwurz, Schwarzwurz
Beinwell liebt feuchte, nährstoffreiche Wiesen, wächst in Gärten, auf Äckern und an Wegrändern, aber auch auf Ödland und Brachflächen. Er ist relativ anspruchslos und passt sich weitgehend an die Bodenverhältnisse an. Man erkennt ihn leicht an seinen großen, pelzigen, geaderten Blättern, die sich wie feines Sandpapier anfühlen und den ganzen Sommer über, bis in den Herbst hinein, immer wieder frisch nachwachsen, da sie auch bei den Tieren sehr beliebt sind. Die nickenden Blüten wirken wie kleine Glöckchen, sie bilden überhängende Trauben und variieren in Farben von Zartrosa bis Pink und Violett.
Verwendungsmöglichkeiten
In der Volksheilkunde spielte der Beinwell eine wichtige Rolle bei Knochenbrüchen. Dazu hat man die Wurzel ausgegraben, gereinigt und im Mörser zerstoßen. Anschließend wurde der schleimige Brei auf das entsprechende Glied aufgetragen, mit Holzlatten geschient, mit Tüchern fest umwickelt und ruhiggestellt. Diese Prozedur musste mindestens zweimal täglich durchgeführt werden.
Bereits Paracelsus und Hildegard von Bingen haben den Beinwell mit seinen heilenden Eigenschaften bei Knochenbrüchen, Geschwüren und Wunden erwähnt. Dabei stand die Behandlung mit Umschlägen aus Beinwellwurzel im Vordergrund. Keine andere Pflanze enthält so viel Allantoin wie Beinwell, und selbst da, wo andere Mittel versagt haben, kam es mit Beinwellumschlägen zur Heilung. Dies betraf unter anderem Knochenmarksentzündungen, offene Beine (Ulcus cruris) und chronische Eiterherde.
Die Wurzelstöcke, die außen schwarz und innen weiß sind, müssen nach dem Ausgraben unbedingt gut gereinigt werden. Anschließend kann man sie halbieren, auf Schnüre ziehen und an einem luftigen Ort zum Trocknen aufhängen.
Beinwellauszug für Umschläge
Da im wild wachsenden Beinwell geringe Mengen giftiger Pyrrolizidinalkaloide enthalten sind, sollten selbst hergestellte Beinwellprodukte möglichst nicht auf offene Wunden gelangen und nicht länger als vier bis sechs Wochen pro Jahr verwendet werden. Fertigprodukte werden inzwischen aus PA-freien Züchtungen hergestellt.
100 Gramm frische oder 50 Gramm getrocknete, zerkleinerte Beinwellwurzel für 10 Minuten in 1 Liter Wasser kochen, abseihen und Umschläge mit der noch warmen Flüssigkeit machen. Bei nicht intakter Haut sind diese Umschläge nur im Akutfall anzuwenden, wegen der enthaltenen Pyrrolizidinalkaloide sind sie nicht zur Daueranwendung geeignet.
Die gleichzeitige Einnahme von Symphitum als Globuli oder Tropfen unterstützt den Heilungsprozess.
Empfohlen wird die Anwendung zum Beispiel bei Knochenbrüchen, Quetschungen, Drüsenschwellungen, Schleimbeutelentzündung, bei Sehnen- und Sehnenscheidenentzündung, Blutergüssen, Verstauchungen, Verrenkungen, Prellungen, Drüsenschwellungen oder Knochenhautentzündungen.
Beinwellsalbe
20 Gramm frische oder 10 Gramm getrocknete, in ganz feine Stückchen geschnittene Beinwellwurzel mit 200 Millilitern Olivenöl in einen Topf geben und allmählich unter Rühren erwärmen. Die Temperatur darf nicht über 70 Grad ansteigen, am besten mit einem Thermometer kontrollieren.
Nach circa 30 Minuten wird das heiße Öl in einen zweiten Topf abgeseiht. Dazu legen Sie ein großes Baumwolltaschentuch ins Sieb, das Sie am Ende noch gut ausdrücken.
Sie geben 20 Gramm Bienenwachs ins Öl, entweder vom Imker oder Bienenwachspastillen aus der Apotheke, und rühren vorsichtig um, bis das Wachs geschmolzen ist. Nun nehmen Sie den Topf vom Herd und rühren so lange weiter, bis die Salbe lauwarm und halb fest geworden ist.
Verteilen Sie die Salbe auf 2 Salbentöpfchen à 100 Gramm. Im Kühlschrank aufbewahrt, ist die Salbe etwa 1 Jahr haltbar.
Beinwell im Teigmantel
Auch innerlich darf man sich am Beinwell erfreuen, zumindest ab und zu. Denn die Blätter, in dünnen Pfannkuchenteig getaucht und in Butterschmalz ausgebacken, schmecken köstlich! Die Blätter enthalten Vitamin B12, ein wichtiges Vitamin, das nur in wenigen Pflanzen enthalten ist. Ein Mangel führt beispielsweise zu Erschöpfung, Infektanfälligkeit, Depressionen oder Burn-out.
Ursprung des Namens
Unseren Vorfahren war die knochenheilende Fähigkeit des Beinwell schon seit vielen Jahrhunderten bekannt, und so kam er auch zu seinem Namen: »Bein« bedeutet auf althochdeutsch »Knochen« und »wallen« – so viel wie »zusammenwachsen«.
Zum rohen Verzehr ist Beinwell wegen seiner rauen Blätter nicht geeignet, passt aber wunderbar in jedes Wildgemüse. Zusammen mit Giersch, Wiesenbärenklau und Kohlkratzdistel bildet er eine willkommene, mineralstoffreiche und gesunde Abwechslung für jeden Speisezettel. Auch für Rouladen sind die großen Blätter wunderbar geeignet.
Ein