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in der Leichtigkeit und Behändigkeit etwa des Sechstagewerks in Gen 1, liegt in der Tat etwas sehr Spielerisches – ganz ähnlich dem mit der Sphaira spielenden Zeuskind in seiner Höhle oder dem jungen Eros. Gott schafft spielerisch, d. h. zunächst einmal, er schafft völlig frei und ungezwungen: Niemand und nichts zwingt den sich selbst ewig genügenden Gott (er ist ja in sich schon Beziehung und vollkommenes Spiel), eine Schöpfung aus sich herauszusetzen, und doch tut er es. Er schafft weiterhin ohne Anstrengung und, wie die Natur dem nicht völlig verschlossenen Menschen allenthalben zeigt, in unendlicher Kreativität und spielerisch-kindlicher Maßlosigkeit: Dort modelliert er allerlei aus Wasser, Luft und Erde, hier hängt er – wörtlich – ein paar „Lampen“ (Gen 1,14: ) an den Himmel, dort gibt er mit spielerischer Geste der unendlich variantenreichen Flora, dort der Fauna und hier schließlich dem Menschen das Leben. Gott freut sich am eigenen Spiel – „Und er sah, dass es gut war“ – und ruht sich am siebten Tage aus; wohl kaum, weil das Werk ihn überanstrengt hätte (vom Gegenteil zeugt der vorherige Bericht), sondern um nochmals gerade die Leichtigkeit des Schaffens (er braucht nicht einmal sieben Tage) und die Muße/Ruhe als Vollzugsweise der „Zustimmung zur Welt“ zum Ausdruck zu bringen. Hier zeigt sich auch die Freude Gottes an seiner Schöpfung, ihr von Gott her völlig harmonischer und guter Charakter sowie ihre Zweckfreiheit.
Der Schöpfungsakt Gottes ist wie das Spiel frei von vordergründigen Zwecken: Man könnte in Abwandlung eines berühmten von Bonaventura überlieferten Wortes sagen, dass es vielleicht gar keines Schöpfungszweckes bedarf, sondern dass absolute Güte und Kreativität sozusagen automatisch überlaufen und schaffen: bonum est diffusivum sui,37 das Gute ist wesentlich das sich Ausbreitende, Verströmende – so sein neuplatonisches Axiom. Übersetzt in den vorliegenden Kontext hieße das: Ein absolutes Spiel läuft vor Kreativität automatisch über und generiert – „kreiert“ – neue Regeln, Schauplätze, Rollen, Spielzeuge. Könnte der Schöpfungsakt aber – wie auch das Spiel – bei aller Zwecklosigkeit doch einen tieferen Sinn, ein Ziel haben? Der Christ darf mit einem anderen großen Franziskaner, Johannes Duns Scotus, ein positives Schöpfungsziel, eine Schöpfungsintention auf Seiten Gottes annehmen: Gott schafft – dem Kölner Gelehrten zufolge –, weil er, der in sich schon ewige Liebesgemeinschaft ist, weitere Mitliebende sucht.38 Hier ließe sich nun übersetzen: Der ewige Spielergott schafft, nicht bloß um Spielzeuge (Platon!), sondern um Mitspieler, um Spielgefährten zu gewinnen, er erschafft also den ganzen Kosmos um des Menschen als seines möglichen (Spiel-)Partners willen. Schöpfung ist somit wesentlich Eröffnung der Möglichkeit eines Beziehungsgeschehens, Einrichtung eines Spielfeldes.
Wie vollzieht sich nun aber diese Beziehung zwischen Gott und Schöpfung, nachdem diese einmal geschaffen ist?
c) „Deus ludens redemptor“
Nach der Betrachtung des spielenden Gottes in seiner ewigen Beziehungshaftigkeit und als Schöpfer fehlt nun noch der systematische Blick auf das Verhältnis von Gott und Schöpfung, vor allem aber von Gott und Mensch, das sich ebenfalls als Spiel beschreiben lässt. Dies zeigt sich biblisch ja bereits in Gestalt der bei den Menschen wohnenden und sich freuenden Weisheit YHWHs und in der antwortenden, tanzenden Freude des Menschen.39 Die Überschrift lautet hier Deus ludens redemptor – der spielende Gott als Erlösergott. Es hätte auch heißen können Deus ludens concursus oder gratiae: Der spielende Gott der Mitwirkung bzw. der Gnade.
Die heilsgeschichtliche Deutung des Bildes vom Spiel wurde bereits angedeutet in der Vorstellung des Menschen als zum Spielgefährten Gottes geschaffenes Wesen. Das Bild des Spiels lässt sich auf die gesamte Heilsgeschichte übertragen, die nicht von ungefähr schon von den Vätern als gottmenschliches Drama, als ernst-heiteres Spiel der Beziehungspartner Gott und Mensch aufgefasst wurde. Schillers Wort aus „An die Freunde“ von den „Brettern, die die Welt bedeuteten“ – gemeint ist der Boden der Theaterbühne – erhält hier seinen ganzen Ernst und kann nun auch umgekehrt gelesen werden: Die Welt ist eine Bühne, ein Theaterstück, ein dramatisches Spiel.
Hans Urs von Balthasar wird dieses Bild – ausgehend vom Welttheater Calderóns, Goethes, Claudels und vieler anderer – in seiner vierbändigen „Theodramatik“ ausfalten:40
„Aber das Aufscheinen Gottes (Theophania) ist nur der Auftakt zum Zentralen: der in Schöpfung und Geschichte sich ereignenden Auseinandersetzung zwischen der göttlichen unendlichen und der menschlichen endlichen Freiheit. Von dieser Mitte handelt die Theodramatik[…]. Gott will ja von uns nicht nur angesehen und wahrgenommen werden wie ein einsamer Schauspieler von seinem Publikum, sondern er hat es von vorneherein auf das Zusammenspiel abgesehen.“41
Die Heilsgeschichte ist das entscheidende Spiel um das Heil der Menschen, mit offenem, aber erhofft positivem Ausgang: Die Menschen sind die Darsteller dieses Dramas, denen in Gottes Heilsplan eine je spezifische Rolle (theologisch gesprochen: Sendung)42 zukommt, die sie in Freiheit anzunehmen oder abzulehnen vermögen. Gott selbst aber – wie Balthasar in seiner „Trias der Produktion (Autor, Schauspieler, Regisseur)“ beschreibt43 – ist nicht, wie in der antiken Vorstellung, der alleinbestimmende Autor des Stücks: Er ist als Vater durch den Schöpfungsakt und seinen Heilsplan sehr wohl Autor, allerdings hebt diese Autorenschaft – ähnlich wie im Improvisationstheater – nicht die Freiheit der Schauspieler auf. Und: Gott selbst schaltet sich durch die beiden heilsgeschichtlichen Sendungen von Sohn und Geist selbst in das Drama ein:
„Der Vater, der als der Sender des Sohnes und des Geistes scheinbar oberhalb des Spieles verharrt, könnte sich nicht tiefer engagieren als durch diese Sendungen: ,So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seines einzigen Sohnes nicht schonte, sondern ihn preisgab‘ (Joh 3,16 und Röm 8,32) […]. Der Geist aber, der als der unbestechliche ,Zeuge‘ objektiv registriert, ist zugleich die durch das ganze Spiel hindurch ,ausgegossene Liebe Gottes‘ (Röm 5,5).“44
Gott ist also zugleich auch Regisseur des Heilsdramas, eine Rolle, die Balthasar dem Hl. Geist zumisst. Die Heilsgeschichte als Spiel kulminiert dann freilich in der Inkarnation: Der ewige Gott wird zugleich Schauspieler, er übernimmt in Jesus Christus selbst die Hauptrolle des Stücks – mit allen dramatischen Konsequenzen. Im Menschen Jesus tritt Gott selbst an die Stelle des Menschen, gar als Mensch in die Geschichte ein, liefert sich kenotisch als „Spielball“ der Macht menschlicher Sünde aus und vollzieht dabei zugleich als vollkommenes
die völlige Hingabe an den Vater. Und trotz seines scheinbaren Scheiterns führt dieser Hauptdarsteller das Spiel zum guten, ja zum bestmöglichen Ende. Durch seine Sendung und sein Engagement im Heilsdrama weitet Christus den Spielraum und eröffnet erst die Möglichkeit eines positiven Ausgangs des Dramas:„Die Inklusion der dramatischen Personen in Christus besagt zunächst nicht mehr als dies: daß in Christus jener personale Freiheitsraum von Gott her eröffnet ist, innerhalb dessen die einzelnen (individuellen oder kollektiven) Personen ihr letztes menschliches Gesicht, ihre Sendung oder ,Rolle‘ erhalten, die gemäß oder ungemäß zu spielen ihnen überlassen bleibt.“45
Hierdurch kommt es laut Balthasar zu einer Verschmelzung der „Trias der Realisation […] (Darbietung, Publikum, Horizont)“,46 die Grenzen zwischen