Qualität in Pfarreien. Thomas Wienhardt
zu beachten.
Management, Markt und Kirche
Mit Dienberg/Warode gesprochen hält faktisch das funktionale und damit Mana-gement-orientierte Denken auch im Bereich der Seelsorgeeinheiten Einzug. Die Personen müssen sich darauf einstellen, sind aber u. U. nicht wirklich dazu ausgebildet.
„Ein leitender Mitarbeiter in Kirche ist heute ebenso mit Termindruck, Ressourcenknappheit, ständigen Veränderungsdruck und der strategischen Entwicklung der gesamten Organisation beschäftigt wie ein Manager in einem privatwirtschaftlichen Unternehmen.“248
Auch in der Kirche wird gemanagt, wenn auch der Begriff häufig nicht verwendet wird. Trotzdem stößt Management immer wieder auf Ablehnung.249 Es wird mitunter der Vorwurf geäußert, dass die Anwendung von Management-Instrumenten in der Kirche zu einer völlig anderen Grundorientierung führt - weg von der eigentlichen Botschaft. Diese Diskussion wird in anderen NPOs ähnlich geführt.250 Das scheint aber ein Missverständnis zu sein, wenn die Schuld den in der Ökonomie entwickelten Instrumenten zugerechnet wird. Ökonomische Betrachtung fragt nach sinnvollem Handeln unter Knappheitsbedingungen und führt zu effizientem Sachmitteleinsatz.251 Management-Instrumente dienen der Institution, damit diese im Rahmen vorhandener Restriktionen trotzdem ihren Auftrag erfüllen kann. Die Effizienz wird in Profit-Organisationen natürlich an wirtschaftlichen Maßstäben gemessen, sie bezieht sich aber auf Ressourcen im Allgemeinen, wie z. B. auch Zeit. Außerdem muss nochmals deutlich festgehalten werden, dass Management immer dem Organisationszweck zu dienen hat und nicht umgekehrt. Es geht also vielmehr darum, dass eine Organisation professionell aufgestellt und geführt wird, selbstverständlich gemäß ihres Auftrags und mit ihren ganz spezifischen Themen.252 Dies erscheint gerade aufgrund der vielfachen Anforderungen in unserer Gesellschaft notwendig, die eine mehr und mehr aufkommende Marktsituation auch für die Kirche und damit aufkommende Konkurrenz beinhaltet und die nach einem verantwortlichen Umgang mit Ressourcen fragt.253
„Eine oder die wesentliche Aufgabe des Managements besteht darin, das langfristige Wohl und den Erfolg der Organisationen zu gewährleisten.“254
Das gilt auch für das Thema Marketing. Marketing dient wie die grundsätzlichere Perspektive des Managements der Organisation und damit ihrem Auftrag:
„Es ist ein eklatantes Mißverständnis zu meinen, daß Kirchenmarketing die Vision von Kirche verändern will. Vielmehr hat es sich an der Vision von Kirche zu orientieren, wie sie durch das Alte und das Neue Testament vorgegeben ist.“255
Marketing wie auch Management kann nicht unabhängig vom Auftrag gedacht werden, sondern es dient diesem. Die Botschaft bleibt, die Frage ist nur, ob die Qualität der Verkündigung nicht durch den Blick auf das Marketing vielfach positive Impulse erhalten kann. Bereits jetzt greift Kirche Marketingansätze auf, die aber zu wenig in ein Gesamtkonzept eingebettet und zu wenig professionell sind, da sie oft nur als Werbung verstanden werden. Marketing nimmt aktiv die Bedürfnisse der Menschen wahr, beachtet diese in der pastoralen Planung und gestaltet aktiv die Kontakte zu den Menschen.256
„Kirchenmarketing kann Menschen an Glauben und Kirche heranführen, vor allem auch umgekehrt: Glauben und Kirche näher an die Menschen heranbringen, Kirchennähe zu schaffen versuchen, die Formen kirchlicher Aktivitäten zugänglicher machen. Ob diese Aktivitäten letztlich erfolgreich sind, steht nicht in Menschenhand. Insofern bietet auch Kirchenmarketing keine Erfolgsgarantie, wohl aber die Vergrößerung von Erfolgschancen.“257
„Recht verstanden bedeutet Kirchenmarketing dann nicht den Ausverkauf des Evangeliums, sondern die prinzipielle Orientierung an den Menschen und daran, dass das Evangelium bei Ihnen ankommt. Die Orientierung am Marketing hilft, alles um sich selbst Kreisen der Kirche zu durchbrechen und stellt den Menschen mit seinen Bedürfnissen ins Zentrum der kirchlichen Arbeit. Eine Kirche, die bei den Menschen nicht ankommt, steht auch dem Evangelium im Weg. Es ist ein Grundproblem unserer theologischen Ausbildung, dass dieses Ankommen des Evangeliums bei den Menschen nicht in den Blick kommt. Eine Grundvoraussetzung dazu wäre die Einübung in zielorientiertes Arbeiten.“258
Die Frage nach der Vereinbarkeit von Management und Theologie stellt sich in besonderem Maße in den Einrichtungen der Caritas. Ohne Management und unternehmerisches Handeln sind diese Einrichtungen nicht zu führen. Management und Theologie schließen sich auch hier nicht aus. Vielmehr kommt es darauf an, das dortige Tun an den theologischen und ethischen Grundlagen des Evangeliums zu normieren, nicht nur als Leitidee, sondern auch im operativen Alltag.259
Mit Karrer gilt, dass nicht das Management zu verurteilen ist und nicht dessen Gebrauch in der Kirche. Vielmehr steht der Auftrag im Zentrum und dem dient das Instrument.260 Nicht das Instrument ist das Problem, sondern die Art der Anwendung - der Anwender muss damit umgehen und dessen Nutzen einschätzen können.261 Dazu gehört auch, die normativen Grundlagen kirchlichen Handelns als Voraussetzung für die Anwendung des Instruments aktiv zu beachten.262 Ökonomie hat eine Dienstfunktion für den Auftrag von Kirche.263 Fehlende Wahrnehmung der Rolle und Relevanz wirtschaftlichen Tuns könnte stattdessen dazu führen, dass Fehlentwicklungen nicht genügend in den Blick kommen. So eine Fehlentwicklung könnte darin bestehen, dass implizit Verwaltungsgremien pastorale Entscheidungen definieren und damit nicht mehr im Dienst der Pastoral stehen, sondern unabhängig vom kirchlichen Auftrag rein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten agieren. Der Fehler liegt dann aber im fehlenden Management, d. h. in derfehlenden Ziel-Klarheit und Steuerung solcher Verwaltungsgremien.264
Für Projekte der evangelischen Kirche formuliert Menne sehr deutlich:
„Ungenügende Leitungskompetenz, Professionalität, Nachhaltigkeit, Intensität und mangelnde Bereitschaft zum unternehmerischen Risiko infolge von Angst und fehlender Visionen und zugleich dem absoluten Postulat theologischer Deutungshoheit - ohne Führungskonsequenz oder aber Kraft zum pragmatischen Konsens: Das waren, sind und bleiben die Untiefen, in denen die meisten evangelischen Kampagnen über kurz oder lang auf Grund liefen.“265
Eine generelle Diskreditierung von Management kann demnach nicht der richtige Ansatz sein. Kosch nimmt die Kritik wahr als Hinweis, dass das kirchliche Tun nicht unter das Diktakt wirtschaftlicher und finanzieller Maßstäbe kommen darf („Gefahr der Ökonomisierung“). Zugleich darf auch nicht das Gegenteil passieren („Gefahr der Spiritualisierung“).266 Die Kritik von Menne macht deutlich, dass pastorales Handeln, gerade in einer Pfarrei, durchaus gemanagt werden muss. Die vielfach vorhandenen Ratgeber zur Pfarreiarbeit machen dies deutlich und nehmen deswegen die Führung, die pastorale Planung, Entscheidungsprozesse usw. in den Blick, um das Handeln auf