Qualität in Pfarreien. Thomas Wienhardt
Auf diese Weise kann am Ende ein Ansatz für ein Qualitätsmodell entworfen werden, das eine erste Orientierung zur Gestaltung einer wirkungsvollen Gemeindearbeit liefert.
Der Blickwinkel wird auf Pfarreien12 beschränkt. Es braucht eine Fokussierung, um methodisch vernünftig auf einen Gegenstand zugreifen zu können. Schließlich nutzt das Qualitätsmodell den Pfarrgemeinden. Es werden sich für sie einige Handlungskriterien zeigen, die offenbar deutlich bessere Wirkungen als andere hervorbringen.
Die Vorgehensweise stellt sich also folgendermaßen dar:
Abbildung 1: Vorgehensweise
Um die Gedanken vom Eingang nochmals aufzunehmen: Die Chance einer Qualitätsbetrachtung kann z. B. darin liegen, dass Mitarbeitende mehr Potential für das eigene Handeln gewinnen. Dazu gehört, dass echte Würdigung stattfinden kann oder dass Mitarbeitende vor Überforderung geschützt bzw. ihre Motivationen erhalten werden können. Das geistliche Leben kann wieder genügend Raum entfalten. Außerdem passiert Verständigung über gelungene Vorgehensweisen, wovon alle profitieren können.13
Noch eine Nachbemerkung: Sollte darauf verzichtet worden sein, die weibliche wie männliche Form zu verwenden, so ist grundsätzlich beides mitbedacht worden. „Mitarbeiter“ meint dann auch die Mitarbeiterinnen.
1 Klostermann (1981), S. 49
2 Schaller(2000),S.250
3 Vgl.Tetzlaff(2005),S.123
4 Raffée(1995),S.172
5 Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.) (1995), S. 8
6 Karrer (2001b), S.119
7 Abromeit(2001),S.16
8 Abromeit(2001),S.ll
9 Abromeit(2001),S.13
10 Vögele (1998), S.219
11 Vereinzelt finden sich auch Kirchorte in der Stichprobe, also eine Strukturebene innerhalb einer Pfarrei, die sich um eine Kirche in der Pfarrei organisiert und meistens über einen eigenen Ortsausschuss verfügt, der in einem Pfarrei-Gremium vertreten ist.
12 Vereinzelt auch Kirchorte als eine Strukturebene innerhalb einer (großen) Pfarrei.
13 Vgl. Latzel (2010), S. 107-110
1 Grundlegung: Kirche und Qualität
Im ersten Abschnitt der Grundlegung wird auf den Auftrag von Kirche eingegangen, der sich seit dem II. Vatikanischen Konzil mit dem Begriff Sakrament verbindet.
Abbildung 2: Schritt 1
Im zweiten Teil der Grundlegung wird ein Instrument eingeführt, das nachfolgend zur Anwendung kommen soll, um das weitere Vorgehen zu strukturieren. Dieses Instrument hat seinen Urspurng in einem anderen Kontext, wird aber bereits in einigen Handlungsfeldern der katholischen Kirche zum Einsatz gebracht. Es ist also naheliegend, darauf zuzugreifen. Neben einer Erläuterung und Einführung soll es auch um eine theologische Fundierung gehen.
1.1 Die Kirche und ihr Auftrag
1.1.1 Kirche als Sakrament
Kirche ist durchaus greifbar. In das Gebäude „Kirche“ kann jeder hineingehen . Man erhält einen Eindruck von dem, was Kirche sein soll, der je nach Baustil variiert. Je nach persönlichen Geschmack spricht der jeweilige Stil mehr oder weniger an.
Kirche ist auch in einem anderen Sinne greifbar. Es sind die Bilder, die über die Medien vermittelt werden. Man bekommt Amtsträger zu Gesicht oder in aktuellen Serien Klosterschwestern, mit denen man erfundene Geschichten miterleben kann. Und es sind offizielle Vertreter der Kirche vor Ort, mit denen man bei der Feier von Sakramenten oder auch bei einer Beerdigung in Kontakt kommt. Aus der Kirche können Menschen ein- aber auch austreten.
Kirche ist greifbar. Für ethische Kommissionen sind Kirchenvertreterinnen wichtige, kritisch-reflektierte Mitarbeiterinnen. Für die Entwicklungszusammenarbeit zeigt sich ein großes weltweites Netzwerk an kirchlichen Strukturen. Auch gesellschaftspolitisch ist die kirchliche Struktur territorial wie auch z. B. mit Verbänden sehr breit aufgestellt. Allein die Caritas entfaltet ein großes Gewicht, das die Gesellschaft mit gestaltet.
Kirche ist sichtbar. Sie ist da, sie agiert und wirkt, und das schon seit langer Zeit. Es gibt ein einheitliches „Gewand“, das sie erkennbar macht. Es gibt Regeln, nach denen das Miteinander intern funktioniert, Positionen und Aufgaben sind ebenfalls auszumachen. Kirche hat einen Auftrag und damit eine Mission, für die sie steht und die sie erfüllen möchte. Man kann also soziologisch festhalten, dass Kirche eine Institution unserer Gesellschaft darstellt.
Unter dieser Perspektive unterscheidet sich Kirche nicht von anderen Institutionen. Nur Auftrag und spezifisches Tun unterscheidet sie.
„Auf analoge Weise läßt sich dieses Institutionsverständnis auch auf die Kirche übertragen. Die Kirche zeigt sich in ihrem institutionellen Charakter soziologisch dort am deutlichsten, wo ihre geschichtlich gewordenen, ‘typischen’ Grundvollzüge in einem gewissen Sinn ‘formalisiert’ worden sind, wo also ihre Verkündigung und Lehre (Martyria), ihr gottesdienstlichsakramentales Leben (Liturgie) und ihr Dienst an den Armen in Gemeinde und Gesellschaft (Diakonia) eine ‘objektive’, gegenüber den einzelnen Glaubenden relativ eigenständige, allgemein verbindliche und repräsentative Form annehmen. ‘Verbindlich’ meint: Dieses Handeln bringt den Sinngehalt des Glaubens der Gemeinschaft normativ zur Geltung. ‘Repräsentativ’ besagt: Es geschieht stellvertretend und im Namen der ganzen Gemeinschaft. In solchen Handlungsweisen tritt die Kirche als Gemeinschaft im Glauben in relativer Eigenständigkeit den einzelnen Glaubenden und anderen gesellschaftlichen Gebilden in ihrer Umwelt gegenüber; hier ‘objektiviert’ sie sich in einer die einzelnen übersteigenden Form, so daß auch rechtlich gültig gesagt werden kann: Die Kirche verkündet das Evangelium, sie bekennt ihren Glauben, sie betet und feiert Gottesdienst, sie dient den Menschen, sie erläßt Normen und Weisungen usw.“ 14
Diese Wahrnehmung ist völlig richtig. Aber es ist wie bei einer Münze - es gibt genauso eine zweite Seite, deren Missachtung dazu führt, dass man die Münze als ganze nicht wahrnehmen würde.
Auch Kirche ist sozusagen „zweiseitig geprägt“. Hätte sie nur die soziologische Dimension, so könnte sie nicht die ihr eigentlich zugedachte Aufgabe erfüllen. Sie ist Teil der Gesellschaft, darin muss sie wirken. Dazu braucht sie die institutionelle Gestalt. Aber durch diese Gestalt wirkt letztlich etwas Größeres,