Beziehungswirklichkeit im Personalmanagement des christlichen Krankenhauses - Proprium und strategischer Erfolgsfaktor. Wolfgang Schell
CONRAD ; Jörg SYDOW, München : Vahlen, 1999, S. 41ff). Die als ganzheitlich und systemorientiert zu charakterisierende St. Galler Schule nimmt jedoch weniger konkret die personalwirtschaftliche Praxis in den Blick. Vgl. dazu die Verwendung des St. Galler Management-Konzeptes bei: LOHMANN, David: Das Bielefelder Diakonie- Managementmodell. Gütersloh : Kaiser, 1997, v.a. S. 46-162; RÖHR, Thomas: Personalpolitik aus Sach- und Menschengerechtem : Unternehmensethik aus theologischer Perspektive. Gütersloh : Kaiser, 1998, v.a. S. 170-259; FISCHER, Michael: Theologie und Ökonomie in Unternehmen der Caritas und Diakonie. In: DIENBERG, Thomas; FASEL, Gregor; FISCHER, Michael (Hrsg.): Spiritualität & Management. Münster : LIT Verlag, 2007 (Kirche – Management – Spiritualität Bd. 1), S. 53-100.
40 Vgl.: OECHSLER, Walter A.: Personal und Arbeit; OECHSLER, Walter A.: Unternehmenskultur und Human Ressource Management. In: Bertelsmann Stiftung; Hans-Böckler-Stiftung (Hrsg.): Praxis Unternehmenskultur : Herausforderungen gemeinsam bewältigen, Band 1 Erfolgsfaktor Unternehmenskultur. Gütersloh : Bertelsmann, 2001, S. 81-101.
41 OECHSLER, Walter A.: Unternehmenskultur und Human Ressource Management, S. 82.
42 Vorstellbar wäre beispielsweise aber auch ein dezidiert biblischer, historischer oder empirisch- fundierter Zugang zu Kernpunkten der Beziehungswirklichkeit.
43 Diese Struktur-analoge Korrelation zwischen trinitarischer Beziehungswirklichkeit und der menschlich erfahrbaren Beziehungsrealität steht immer unter dem Vorbehalt der so genannten „Analogieformel“ des IV. Laterankonzils, 1215, „Zwischen Schöpfer und Geschöpf lässt sich keine Ähnlichkeit feststellen, ohne dass eine noch größere Unähnlichkeit festzustellen wäre.“ DH 806.
44 HEMMERLE, Klaus: Leben aus der Einheit : Eine theologische Herausforderung. Freiburg : Herder, 1995, S. 33f. Vgl. zur „humanen Relevanz der Trinitätslehre“ auch: RUHSTORFER, Karlheinz: Humane Relevanz. Zur bleibenden Bedeutung der klassischen Trinitätslehre (Thomas von Aquin) angesichts einer aktuellen Kontroverse. In: Jahrbuch für Religionsphilosophie 3 (2004), S. 45-57.
45 HEINZ, Hanspeter: Variationen zum Thema: ›Trinitarische Einheit‹ : Theologische Aufbrüche im 20. Jahrhundert. In: BÖHNKE, Michael; HEINZ, Hanspeter: Im Gespräch mit dem dreieinen Gott : Elemente einer trinitarischen Theologie. Düsseldorf : Patmos, 1985, S. 334-347, hier, S. 339f.
46 Vgl. zu dieser Autorenwahl ausführlicher in Kap. III.1, S. 115. Alternativ wäre beispielsweise auch Klaus HEMMERLE mit seiner „Trinitarischen Ontologie“ ein weiterer geeigneter Autor, anhand dessen Schriften die Thematik der Beziehungswirklichkeit in ihrem trinitätstheologischen Bezug aufgearbeitet werden könnte. Vgl. v.a.: HEMMERLE, Klaus: Thesen zu einer trinitarischen Ontologie. In: FEITER, Reinhard (Hrsg.): Klaus Hemmerle : Ausgewählte Schriften. Band 2, Unterwegs mit dem dreieinigen Gott, Freiburg : Herder, 1996, S. 124-161; vgl. auch: GRESHAKE, Gisbert: Der dreieine Gott : eine trinitarische Theologie. 4. durchgesehene und erw. Aufl., Freiburg : Herder, 2001, S. 454-464.
5. Zwei Teilaspekte der Beziehungswirklichkeit: Personalität und Communialität
Im Zuge der beziehungstheologisch fundierten Bearbeitung der Thematik „Christliches Krankenhaus“ ist schließlich noch ein wichtiger Gesichtspunkt vorauszuschicken: Die Beziehungs-„wirk“-lichkeit wird grundlegend konstituiert durch zwei sich ergänzende Teil-„wirk“-lichkeiten: Zum einen ist hier der einzelne Mensch von Bedeutung – in individuell ausgelegter Perspektive kommt die Ich-„Wirk“-lichkeit jeder einzelnen Person in den Blick. Zum anderen gehört zur Beziehungswirklichkeit aber auch der Aspekt der Gemeinschaft – in der Berücksichtigung des Gemeinschaftsbezugs zeigt sich die Wir-„Wirk“-lichkeit von Beziehung. Beziehung ist nicht denkbar ohne diese beiden Teil-„wirk“lichkeiten – den Personbezug und den Gemeinschaftsbezug. Es sind Menschen, eigenständige Individuen, die sich mit ihrer je eigenen Person in ein Beziehungsgeflecht einbringen. Die Eigenständigkeit und Individualität jedes einzelnen Menschen mit seiner Würde und seinem Wert ist somit unverzichtbarer Baustein jedes Beziehungsgeschehens. Gleichzeitig enthält die Beziehungswirklichkeit den gemeinschaftlichen Aspekt. Beziehungsrealität schafft Verbindung zwischen den Menschen und stiftet Gemeinschaft. Gerade der Gemeinschaftsbezug christlichen Heilens und Helfens ist ein wichtiger Aspekt für die Propriumsfrage im christlichen Krankenhaus. Theo-logisch fundierte Beziehungswirklichkeit wird immer in die Gemeinschaft (Communio) führen – denn es ist Gottes erklärtes Ziel, „die Menschen nicht einzeln, unabhängig von aller wechselseitigen Verbindung, zu heiligen und zu retten“ (LG 9), sondern als Gemeinschaft.
Auf die enge innere Verbundenheit von Beziehungstheologie und Trinitätslehre wurde bereits hingewiesen. Zur Benennung der beiden Teil-„Wirk“-lichkeiten von Beziehung, der Person-Orientierung und der Gemeinschafts-Orientierung, können daher auch Begriffe dienen, die der trinitätstheologischen Reflexion entstammen: Mit den Begriffen der „Personalität“ und der „Communialität“ sollen im Folgenden die beiden konstituierenden Aspekte der Beziehungswirklichkeit bezeichnet werden.47 Die Personalität umschreibt „Selbstsein und Selbstwerden in Beziehung (zu Gott und dem Mitmenschen), in gegenseitigem Empfangen und Schenken“48 und weist damit auch schon hin auf den Beziehungsaspekt der Communialität, der in der „Communio“/„Gemeinschaft“ gründet. „Communio“ kann verstanden werden als „ die in der Gemeinschaft des dreieinen Gottes vorgebildete und in der Teilhabe an seinem Leben gründende personale Gemeinschaft der Menschen mit ihm und den Mitmenschen“49. Personalität und Communialität können als konstituierende Aspekte der Beziehungswirklichkeit in der Erarbeitung der vorliegenden Thematik hilfreich sein: in der wirtschaftswissenschaftlichen Aufarbeitung der Beziehungsthematik erlauben die Wirkelemente der Person-Orientierung und der Gemeinschafts-Orientierung eine strukturierte Aufgliederung der beziehungsrelevanten Ergebnisse.50 Im Zuge der trinitätstheologischen Erarbeitung sind beide Begriffe noch vertiefend zu betrachten und werden schließlich zu wesentlichen Elementen bei der Ausarbeitung einer trinitarisch fundierten Beziehungswirklichkeit.51
Es soll deutlich werden: Personalität und Communialität bilden die beiden unverzichtbaren Wirkelemente der Beziehungswirklichkeit, die miteinander ins Gleichgewicht zu bringen sind – eine ausgewogenen und gleich gewichtete „Verbindung von Personalität und Communialität“52 ist anzustreben. Dominiert einer dieser beiden Teil-Wirk“-lichkeiten zu stark oder geht sogar ein konstituierender Aspekt unter dem Übergewicht seines Gegenparts ganz verloren, so wird eine gelingende Beziehung verunmöglicht. Diese Gefährdung ist von beiden Seiten her denkbar: Zum einen kann eine übersteigerte Betonung des personalen Aspekts in die Vereinzelung führen und Gemeinschaft unmöglich machen. Auf der anderen Seite darf eine überstarke Gemeinschaftsausrichtung nicht die Person des Einzelnen überrollen. Die personale Orientierung als solche muss gewahrt bleiben. In der heutigen gesellschaftlichen Situation ist jedoch stärker der individuelle, personale Aspekt in den Vordergrund getreten: eine steigende Individualisierung und Singularisierung der Gesellschaft, beispielhaft abzulesen an der stetigen Zunahme von Single-Haushalten in Deutschland, lässt den communialen Aspekt der Beziehungswirklichkeit heute tendenziell zurücktreten. Eine stärkere Betonung der gemeinschaftlichen Wirklichkeit von Beziehung scheint auf diesem Hintergrund angebracht – gerade auch in der caritativen Diakonie der Kirche und im christlichen Krankenhaus. Die beiden konstituierenden Elemente von Beziehung – Personalität und Communialität – werden in der weiteren Bearbeitung der Beziehungswirklichkeit im christlichen Krankenhaus immer wieder in den Blick zu nehmen sein.
47 Es wäre hier z.B. auch möglich das Begriffpaar „Individualität“ und „Sozialität“ zu wählen. Um die Überlegungen zur Beziehungswirklichkeit auf die trinitätstheologische Erarbeitung hin zu akzentuieren, bieten sich jedoch die Begriffe „Personalität“ und „Communialität“ an. Vgl. zur praktischtheologischen Erläuterung und zur Verwendung der Begriffe „Personalität“ und „Communialität“ auch: POMPEY, Heinrich: Wie im Himmel so auf Erden : Wenn Liebe göttlich wird ... – Kirche als Ikone der Dreifaltigkeit. In: KLASVOGT, Peter; POMPEY, Heinrich (Hrsg.): Liebe bewegt … und verändert die Welt, S. 387-419