Schwimmen. Rüdiger Schneider

Schwimmen - Rüdiger Schneider


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Gesichtsausdruck mit weit geöffneten Augen, gelegentlich sogar im Wechsel mit verlegenem Lächeln

      – Brechreiz

      – ständiger Harndrang (schon vor Eintritt ins Wasser)

      – die Aussagen, Angst oder »weiche Knie« zu haben

      – Ausflüchte/Ausreden, am Schwimmunterricht nicht teilnehmen zu können.

      Furcht ist, wie oben erwähnt, bestimmt und zeichnet sich meist durch panische Verhaltensweisen aus. Flucht und Vermeidungsverhalten in Angstsituationen führen meist zum Rückgang der aktuellen Angst, gehen aber nicht mit einem dauerhaften Lernprozess zur Überwindung der Angst einher.

      Nach Tunner [315] schaltet der angsterfüllte Körper auf Abwehr, was sich in Muskelverspannungen, Erhöhung des Blutdrucks, Beschleunigung der Atmung, Erhöhung der Herzfrequenz, Erweiterung der Pupillen und einer erhöhten Schweißabsonderung zeigt. Es gilt anzumerken, dass nicht alle dieser Verhaltensweisen beim Schwimmunterricht erkannt werden können (wie z. B. Erhöhung des Blutdrucks und hohe Schweißabsonderung), daher gilt es den hör- und sichtbaren Indikatoren für Angst, wie zum Beispiel Ausflüchte/Ausreden, Unruhe, Muskelverspannungen, Beschleunigung der Atmung Rechnung zu tragen.

      Bezogen auf den Schwimmunterricht lassen sich folgende Ängste unterscheiden [vgl. 305, 342, 345]:

      • Furcht vor Misserfolg und eventuell daraus resultierender sozialer Blamage

      • Furcht vor dem Lehrer

      • Furcht vor Tiefe und/oder Weite des Wassers

      • Furcht vor Wasserschlucken (verschlucken)

      • Furcht vor Bedrohung durch das Wasser

      Furcht vor Misserfolg wirkt sich beim Nichtschwimmer so aus, dass er seine Schwimmunfähigkeit verheimlicht, oder sich gar sämtlichen Bewegungsformen im Wasser entzieht [vgl. 342, 345]. Dieses drohende Leistungsversagen führt dazu, dass sich Kinder den Aufgaben des Trainers nicht gewachsen fühlen [vgl. 305].

      Soziale Blamagen kommen nach Thomas [305] beispielsweise dann zum Ausdruck, wenn der Trainer bei Misserfolg auf Bestrafungen, Disqualifikation, Ausschluss aus der Mannschaft oder Beschimpfung zurückgreift. Die letzten beiden Aspekte müssen nicht zwangsläufig vom Trainer ausgehen, sondern können auch durch Mannschaftskameraden provoziert werden. Besonders eine Blamage vor anderen Schwimmern oder Publikum birgt die Gefahr, dass Anfänger dem Schwimmen den Rücken kehren.

      Daher liegt es am Trainer, solche Situationen möglichst zu verhindern, indem das Anforderungsniveau angemessen gewählt wird. Sicher wird ein Lernfortschritt nur dann erfolgen, wenn sich an bestimmten Anforderungen und Zielsetzungen orientiert wird. Insofern besteht die Schwierigkeit des Trainerberufes unter anderem darin, ein geeignetes Anforderungsprofil unter Berücksichtigung des Leistungsstandes und der psychischen Leistungsbereitschaft für die jungen Athleten zu entwickeln. Ist das Anforderungsniveau nicht an das Alter oder den Lernfortschritt angepasst, entsteht eine dauerhafte Überforderung, was sich durch Furcht vor dem Lehrer ausdrückt [vgl. 342, 345]. Eine Reduktion der Furcht vor dem Wasser ist dann erkennbar, wenn der Schwimmunterricht nicht in der Öffentlichkeit stattfindet [vgl. 345].

      Angstgefühle treten nicht nur in der Grundausbildung der Anfänger auf, sondern auch in Form objektbezogener Furcht, wie zum Beispiel der Angst vor einem Wettkampf [vgl. 265 S. 27, 360]. Ein Wettkampf, bei dem die Leistung des Schwimmers durch Eltern, Schwimmkollegen oder Trainer als Versagen dargestellt wird, schürt die Furcht vor Misserfolg in Wettkämpfen. Daher sollte diese Art von Kritik unbedingt vermieden werden. Ein weiterer Grund für Angst vor einem Wettkampf ist zum Beispiel ein schlechter Trainingszustand [vgl. 265 S. 27, 304]. Folglich kann die Ursache der Angst nicht unabwendbar beim Athleten, sondern gleichfalls beim Trainer und dessen Trainingsplanung begründet sein. Angst gilt somit als Faktor, der die Leistung beim Schwimmenlernen oder beim Schwimmen selbst limitiert [vgl. 316].

      Bei Anfängerkursen entstehen Ängste vor der Tiefe und Weite des Wassers, was sich beim Wechsel vom Nichtschwimmerbereich in den Schwimmerbereich zeigt [vgl. 345]. Fehlt dem Schwimmer der sichere Boden unter den Füßen, scheinen Schwimmbewegungen, die im Nichtschwimmerbereich beherrscht wurden, für ängstliche Kinder nur schwer durchführbar [vgl. 342]. Werden fälschliche Informationen bezüglich der Wassertiefe mitgeteilt, so folgen möglicherweise weitere Negativerlebnisse. Folglich wird von dieser Art der Täuschung abgeraten [vgl. 345]. Besonders ängstlichen Kindern sollten einerseits immer Auftriebshilfen wie Schwimmnudel oder Schwimmbrett erlaubt sein, da bei ihnen – als unsichere Anfänger – ein erhebliches Sicherheitsrisiko besteht. Andererseits bewährt sich in der Praxis, wenn ängstliche Schwimmanfänger ihre ersten Schwimmbewegungen nahe dem Beckenrand ausführen, sodass sie sich stets am Rand festhalten können und der Trainer im Notfall schnell eingreifen kann.

      Eine weitere Furcht kann im Wasserschlucken gesehen werden. Anfänger reagieren angsterfüllt, wenn Wasser in die Atemwege eintritt. Das Wasserschlucken bewirkt meist einen Hustenreiz in Verbindung mit Atemnot [vgl. 342, 345].

      Furcht vor der Bedrohung durch das Wasser kann sowohl durch Darstellungen über Wasserkatastrophen (Flutwellen, Tsunami etc.) als auch durch ein ängstliches Vorbild der Eltern entstehen. Kinder, deren Eltern Angstverhalten bezüglich Wasseraktivitäten aufzeigen, können diese Verhaltensweisen ebenfalls entwickeln [vgl. 315].

      Beim Anfängerschwimmen im Verein wie auch in den Schulen sollten solche Ängste behoben werden, damit die Bewegungen im Wasser ungehindert erlernt werden können. Zur Behebung von Ängsten empfehlen Psychologen [vgl. 315] die Auseinandersetzung mit den Angstauslösern unter optimalen Lernbedingungen, wie zum Beispiel angenehme Wassertemperatur, ausreichend Auftriebshilfen, geringer Lärmpegel, eventuell die Anwesenheit der Eltern des Kindes, geduldiger Schwimmtrainer etc.

      Der Lehrer sollte frühzeitig auf angstauslösende Faktoren achten und diese – wenn möglich – sogleich mit Einfühlungsvermögen beheben, damit ein angstfreier Lernprozess möglich ist [vgl. 1, 305]. Durch eine ausführliche Wassergewöhnung (siehe Kapitel 3.2) sollen positive Erlebnisse und freudvolle Bewegungen sowie Orientierung im Wasser gewährleistet werden.

      Um die Wettkampfangst von Leistungsschwimmern zu reduzieren, wurde in einem Versuch ein wöchentliches mentales Training als Interventionsmaßnahme gestartet [vgl. 360]. Sowohl kognitive als auch somatische Angstgefühle der Schwimmer konnten nach dem achtwöchigen Mentaltraining verringert werden, weshalb solch eine psychologische Betreuung von Spitzenathleten sicher von Vorteil ist.

      Die Wassergewöhnung ist im Grunde die Anpassung des Körpers und der Sinne an das Medium Wasser und somit Voraussetzung für den Anfängerschwimmunterricht [vgl. 101, 265 S. 395]. Die Gewöhnung an das Wasser wird unter anderem durch das Tauchen, das Gleiten in Brust- und Rückenlage und durch das Springen ins Wasser mitbestimmt [vgl. 265, S. 395]. Die Wassergewöhnung soll garantieren, dass Kinder Schwimmen frühzeitig mit Spaß verbinden.

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      Abb.2: Elemente der Wassergewöhnung (nach Bissig et al. [30, S. 11])

      Die Kernelemente der Wassergewöhnung werden unten dargestellt (Abb.2).

      Diese Teilschritte erfüllen laut Bissig et al. [30] alle Funktionen, die die Anfänger für das Schwimmen benötigen. Die Übungsformen werden entweder komplett unter Wasser oder an der Wasseroberfläche durchgeführt.

      Anhand der Ausführungen wird deutlich, dass viele dieser Teilelemente nahezu unter Wasser erfahren werden sollen, das heißt, dass der grundlegende Schritt des Schwimmenlernens vom Tauchen zum Schwimmen beschrieben werden könnte [vgl. 30, 69]. Dieses methodische Konzept bietet eine Reihe von wichtigen Lernschritten, die für den Erfolg des sicheren Schwimmens von Bedeutung sind.

      Kritisch anzumerken ist dabei, dass der erste Wasserkontakt sowie


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