Selbsthändig. Florian Bayer

Selbsthändig - Florian Bayer


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      Ein zentraler Punkt auf der Messe ist das „Literary Café“, in dem Vorträge gehalten werden, man Künstler treffen kann und auf Talentsucher stößt.

       Was hast du in der Anfangsphase neben Messen zu besuchen noch gemacht?

      Ich hatte gehört, dass es ganz interessant sein könnte, für Schulbuchverlage zu arbeiten. Ich konnte mir das gut vorstellen und wollte das gerne machen. In meiner Mappe hatte ich aber nichts, was in Schulbüchern so auftauchen könnte.

      Also habe ich spezielle Arbeitsproben gezeichnet, die sich mit dem Umfeld Schule beschäftigt haben, wie zum Beispiel Klassenräume, Kinder an der Tafel, A wie Ameise, B wie Ball, und so weiter. Die Bilder schickte ich an einige Schulbuchverlage und die Resonanz war sehr positiv.

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      Nein, der Ablauf bleibt immer der gleiche, aber der Stress lässt nach. Ich war am Anfang von der ganzen Grundstimmung her ungeheuer gestresst. Das BRIEFING ist meistens sehr zurückhaltend. Man hat nur den zu illustrierenden Text und viel Freiheit. Wobei das mit der Freiheit nicht ganz stimmt. Ich weiß ja meistens, was die von mir erwarten. Manchmal ist es aber wiederum übergenau: auf einem Buchcover für zwölfjährige Mädchen muss die Titelheldin unbedingt wie vierzehn aussehen, damit sie das cool finden. Nach dem Briefing kommen die Skizzen und eine Präsentation in schwarz-weiß, danach die Absegnung und daraufhin die Reinzeichnung. Grobe Skizzen werden aber leider oft missverstanden. Wenn zum Beispiel manchmal ein paar Striche mehr als nötig zu sehen sind, heißt es schnell: „Die guckt ja so grimmig!“ Dabei ist das ja eigentlich völlig irrelevant; die können nicht unterscheiden, was wichtig ist und was nicht. Deswegen fertige ich inzwischen sehr konkrete Skizzen an. Das sind fast schon Reinzeichnungen.

      BRIEFING ist die Information über alle erforderlichen Sachverhalte, die ein Illustrator oder eine Werbeagentur benötigt, um ein Angebot abgeben oder einen Auftrag ausführen zu können. Das Briefing beschreibt die Aufgabenstellung und enthält Informationen über Ziele, Zielgruppen, Konkurrenz, Wettbewerbsvorteile und Entwicklungen.

      In Frankreich gibt es neben dem Lektor immer auch einen Artdirector. Der versteht auch die technischen Abläufe und dadurch ist mehr Kompetenz bei den Korrekturen vorhanden. In Deutschland fehlt der Artdirector, dort läuft alles über den Lektor, das ist manchmal schwierig.

      Buchverlage haben generell nicht so brutale Deadlines wie Zeitschriftenverlage. Aber für Magazine arbeite ich auch, und auch da will ich ja schon, dass der Kunde zufrieden ist. Dann setz ich mich auch mal ne Nacht hin. Finanziell laufen Korrekturen bei mir über eine Mischkalkulation.

      Zum einen wechseln sich schnelle Aufträge mit langwierigen Aufträgen ab, die durch viele Korrekturen durch müssen, und zum anderen habe ich verschiedene Kunden: Bilderbuchverlage zahlen schlecht, Magazine besser.

      Der Hochschulanzeiger für die Frankfurter Allgemeine ist sehr dankbar, der sichert mir ein festes Einkommen. Einmal im Jahr mache ich Werbung, die haben den besten Tagessatz, so um die 500 Euro. Im Editorialbereich bekommt man für kleine Illustrationen etwa 200 Euro, wenn es aufwendiger wird bis zu 400 Euro. Ich mach sehr viel kleine Jobs und achte darauf, dass ich keinen Leerlauf hab, so bekomme ich 3.000 bis 3.500 Euro im Monat, viel mehr geht auch nicht.

      Machst du bei PITCHES mit?

      Nein, das mach ich nicht mehr. Das ist so undankbar, das habe ich nur am Anfang gemacht und mir gedacht, das ist immerhin für die Mappe gut.

      Es gibt viele unernste Pitches, man sollte wenigstens ein Ausfallhonorar verlangen. Manchmal weiß man nicht einmal, dass es sich bei der Anfrage um einen Pitch handelt, das ist dann bitter.

      PITCH bezeichnet die Wettbewerbspräsentation, mit der eine Werbeagentur oder ein Illustrator im Kampf um einen Etat, Klienten oder Auftrag seine Konzepte beim potenziellen Kunden vorstellt.

      Ich hab die Anfangszeit als sehr großen Stress empfunden. Ab wann hat man zum Beispiel keine Angst mehr, in den Urlaub zu fahren? Das traut man sich erst, wenn man sichere Kunden hat. Mit der Selbstständigkeit umzugehen, hat viel mit Disziplin zu tun. Und immer Disziplin zu bewahren fällt schwer. Vor allem das Anfangen einer Aufgabe ist so schwierig, da niemand einen dazu zwingt. Da geht so viel Zeit für Rumhängen und Zocken drauf. Eine andere Schwierigkeit ist der Ehrgeiz. Das Projekt muss mir unbedingt gefallen und ich muss durch jedes neue Projekt immer besser werden. Damit mache ich es mir auch schwer.

      Es ist schon dunkel, als ich wieder auf die Straße trete. Ich fühle mich meinem Beruf schon einen ganzen Schritt näher. Diese Mischung aus Innenleben und Reflexion auf bestimmte Vorgänge im Berufsalltag haben mir ein klares Bild gezeichnet von dem, was mich vielleicht bald erwartet. Nicht alles scheint leicht zu werden, aber in Verbindung mit den fröhlichen Bildchen, die Jörg Mühles Arbeitstisch bedecken und seiner entspannten Art, habe ich das Gefühl, dass das alles zu bewältigen sein wird. Image

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      JIM LE COW-BOY ET COCHISE L’INDIEN Jörg Mühle, 2003 Editions Nathan

       www.davidfoldvari.co.uk

      DAVID FOLDVARI EDITORIAL, WERBUNG

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      Der Rave, die Drogen – ich nahm das Studium erst nach ein paar Jahren etwas ernster.

      Vertreten wird David Foldvari durch Big Active – eine Illustratorenagentur, die unter anderem auch Jasper Godall und Genevieve Gauckler beheimatet. Sie wurde Anfang der 90er von Gerard Saint, Paul Heatherington und Mark Watkins gegründet.

      Nach einem kurzen Besuch bei Big Active in London und einem missglückten Treffen in einem Bagelcafé, findet das Interview bei Foldvari zu Hause in Hove, einem Stadtteil des englischen Seebads Brighton statt.

      Naja, ich muss sagen, dass ich immer öfter nach London flüchte. Brighton ist voll mit Babys und Müttern. Meine Londoner Freunde sind anders, dort ist viel zu viel los, um so sesshaft zu werden, wie die Leute in Brighton. Komm rein, ich hab mir gerade ne Pizza kommen lassen und nen Wein aufgemacht. Das was hier aussieht wie mein Schlafzimmer, ist im Moment mein Arbeitsplatz. Bis vor kurzem hatte ich mein Studio im „New England House“ hier in Brighton. Aber dort hat es mir nicht so gut gefallen. Ich mag diese großen Gebäude nicht. Jetzt arbeite ich im Moment eben in meinem Schlafzimmer.

      Erzähl doch mal, wie es dich hierher verschlagen hat, bzw. wie du Illustrator geworden bist.

      Um ganz am Anfang zu starten: Meine Schulzeit bestand


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