Tatort Oberbayern. Jürgen Ahrens

Tatort Oberbayern - Jürgen Ahrens


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räusperte sich und antwortete diplomatisch: »Klar, aber an die kommt man legal nicht ran.«

      »Ach, Katharina, das Internet ist ein offenes Buch. Wenn man sich ein bisschen auskennt, ist alles zugänglich. Ich werde weitersuchen, verlass dich drauf.«

      Katharina wusste, dass Einspruch zwecklos war, und wechselte deshalb das Thema. »Vielleicht bringt uns Alfred Birnhuber noch auf eine neue Spur. Der scheint einige Geheimnisse zu kennen, und zwar über Lukas Adelhofer.«

      Birgits Kopf flog herum, die rosa Plastikherzen, die die Archivarin heute als Ohrringe trug, vibrierten heftig.

      So sollte man mit Herzen nie umgehen, philosophierte Katharina im Stillen.

      »Gut, stelle ich meine Recherchen eben ein. Madame Redakteurin ist offenbar lieber allein unterwegs«, giftete Birgit los. »Danke, dass du mich an deinen Infos genauso teilhaben lässt wie ich dich an meinen. Darf man erfahren, wer Alfred Birnhuber ist?«

      Katharina fragte sich, ob sie den Schlankheitsdrinks die Schuld an Birgits plötzlichem Wutausbruch geben sollte, schwieg aber. Stattdessen stand sie auf, trat hinter ihre Freundin und begann, ihr die vom vielen Internetsurfen verspannten Nackenmuskeln zu massieren.

      »Birgit, dass es einen Alfred Birnhuber gibt, weiß ich erst seit einer halben Stunde. Nina Obermann hat mir von ihm erzählt, er ist ein Freund von Lukas Adelhofer. Der scheint mehr darüber zu wissen, warum es Lukas so schlecht ging. Es kommt noch ein Haufen Arbeit auf mich zu und ich bitte dich inständig, mir dabei zu helfen. Ohne dich schaffe ich das niemals. Ohne dich hätte ich keine meiner Geschichten jemals zu Ende recherchieren können.«

      Katharina merkte, wie sich Birgit unter ihren Händen entspannte.

      »Okay, danke, lieb, dass du das sagst. Ich weiß es eigentlich auch. Ich glaube, ich sollte mit diesen Scheißschlankheitsdrinks aufhören, die machen mich fertig. Gut, du triffst dich mit diesem Alfred Hirnhuber, Dirnbuber, Birnhuber und dann schauen wir weiter.«

      Katharina seufzte erleichtert.

      »So machen wir es, Birgit. Bist ein Schatz!«

      Katharina verließ das Archiv und beschloss, durch Birgits Worte ermuntert, heute bald Schluss zu machen, einzukaufen, Svenja früh aus dem Hort abzuholen und abends lecker zu kochen. Vielleicht hatte Oliver Lust dazuzukommen.

      Als sie gerade zum Hörer greifen wollte, um ihn anzurufen, klingelte das Telefon.

      »Obermann hier, melde mich zum Adelhofer-Rapport.«

      »Hallo, Frau Obermann, das ging aber schnell. Hatte Herr Adelhofer nicht viel Zeit für Sie?«

      Das donnernde Lachen, das aus dem Hörer kam, war so laut, dass Katharina den Arm ausstreckte, um die Lautstärke ertragen zu können. »Umgekehrt. Wissens, Nina Obermann von der Kripo Rosenheim entscheidet selbst, wie viel Zeit sie für ein Gespräch erübrigen kann. In diesem Fall gab es kaum noch etwas zu besprechen. Ich habe ihm gesagt, was wir herausgefunden haben. Er hat zugehört, wirkte nicht weiter überrascht und das war’s. Dass es eine grauslige Bruderbeziehung war, wissen wir beide und das weiß vielleicht auch der Robert Adelhofer, aber das ist nicht kriminell. Wenn jeder Narzisst auf dieser Welt in den Knast käme, würden mir einige einfallen, zum Beispiel Donald Trump.«

      Katharina schmunzelte. »Danke für die Infos, Frau Obermann. Bleibt die Frage, wem Sie zu viel Bedeutung mit diesem Vergleich beimessen – Donald Trump oder Robert Adelhofer.«

      Dröhnendes Gelächter am anderen Ende. »Wahrscheinlich beiden, Frau Langenfels, wahrscheinlich beiden.«

      Mit rot verweinten Augen stand Oliver in Katharinas Küche. Neben ihm saß Svenja auf der Arbeitsplatte, am Herd drückte Katharina den Spätzleteig durch die Presse ins kochende Wasser.

      »Mensch, Oliver, nicht heulen, Zwiebeln fertig schneiden, Käsespätzle ohne Zwiebeln geht nicht«, drängelte Svenja.

      Schniefend wandte sich Oliver von dem Brett ab, auf dem eine Zwiebel zur Hälfte geschnitten war. Drei weitere warteten noch auf ihre Zerkleinerung.

      »Das geht nicht, Katharina. Meine Augen brennen wie Feuer. Von mir aus reibe ich den Käse, um die Zwiebeln müsst ihr euch selbst kümmern. Ich esse sie sowieso nur euch zuliebe. Von wegen geht nicht ohne Zwiebeln«, schimpfte er in Svenjas Richtung. »Ich esse Käsespätzle nur ohne Zwiebeln und deine Mutter weiß, warum.«

      Bedeutsam blickte er in Katharinas Richtung. Als ihm klar wurde, dass sie gerade kein Ohr für seine Zwiebel-Unverträglichkeit und die daraus resultierenden Folgen hatte, holte er den Schweizer Bergkäse aus dem Kühlschrank und begann ihn zu reiben.

      »Okay, ich schneide die Zwiebeln. Immer muss man alles selber machen.« Mit diesen altklugen Worten rutschte Svenja von der Theke und verschwand in ihrem Zimmer. Kurz darauf kam sie mit einer Skibrille über den Augen zurück und begann ruhig und routiniert, eine Zwiebel nach der anderen zu bearbeiten. Wie man mit den Fingern eine Kralle machte, um sich nicht zu schneiden, hatte ihre Mutter ihr ausführlich erklärt.

      »Siehste, so macht man das.« Triumphierend hielt Svenja Oliver das Ergebnis unter die Nase.

      »Toll, Svenja, ganz toll, und jetzt stell sie bitte möglichst weit weg von mir.«

      Nachdem Oliver – nicht ohne gründlich das Risiko einer Schnittverletzung zu erläutern – den Käse gerieben hatte, schichtete Katharina Spätzle, Zwiebeln und Käse in eine Auflaufform mit »oben viel Käse«, wie ihre Tochter angeordnet hatte.

      Als die Spätzle im Ofen waren, begannen die drei mit der Vorspeise: Katharina hatte ihnen echten Büffel-Mozzarella gegönnt und den zusammen mit nach Urlaub duftenden Tomaten, Olivenöl und viel Basilikum angerichtet – ein Gericht, das auch Svenja glücklicherweise schätzte. Unter anderem, weil sie Kühe liebte und der Mozzarella »lecker nach Kuh schmeckt«.

      »Wo ist eigentlich deine Elyas-M’Barek-Kappe?«

      »Die habe ich einem Kontaktmann geliehen.« Gelassen aß Svenja weiter.

      Katharina und Oliver schauten sich kurz an und schnell wieder weg, um sich das Lachen verbeißen zu können.

      »Was für ein Kontaktmann, Svenja? Und woher weißt du überhaupt, was das ist?«

      Svenja rollte die Augen: »Mensch, Mama, ich bin kein Baby mehr, du redest doch dauernd von deinen Kontaktmännern und dass die dir geheime Sachen erzählen. Und ich hab halt auch welche.«

      »Aha. Was hat der dir im Tausch für die Kappe erzählt?«

      »Dass der Niko in die Eileen verliebt ist, der blöde Arsch.«

      »Für die Information hast du deine Lieblingskappe verliehen?«

      Svenja wurde feuerrot und nickte.

      »Und wann gibt dir der Kontaktmann das Teil zurück?«

      »Wenn ich ihm sagen kann, ob die Luisa noch Single ist.«

      »Ah, klar, na, das dürfte für dich kein Problem sein, das rauszufinden.«

      »Nee, ich weiß es schon. Luisa ist kein Single, sie ist mit Fritz zusammen. Die Kappe muss mir der Jan trotzdem zurückgeben.«

      Dass Svenja eben ihren Kontaktmann geoutet hatte, übergingen Katharina und Oliver diskret.

      »Und wie sieht’s mit deinen Kontaktmännern aus, Mama?«

      Svenja wollte offensichtlich das Thema wechseln.

      »Ich habe im Moment nur einen, den ich noch gar nicht kenne. Mit dem treffe ich mich am Freitag, wenn du bei der Oma bist.«

      »Musst du dem auch irgendwas geben, damit er dir was erzählt?«

      »Gute Frage, Svenjalein, das weiß ich erst am Freitag.«

      Zwei Stunden später, nachdem eine Riesenschüssel Käsespätzle und der Lieblingsnachtisch von allen dreien, türkischer Schokoladenpudding »Supangle«,


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