Cashbook. Wolfgang Deutschmann
zum Beispiel ist bei klassischer Werbung das Geld weg, sobald eine Kampagne einmal geschaltet ist, unabhängig davon, ob sie funktioniert hat oder nicht. In den sozialen Medien ist das anders. Werbung lässt sich dort inzwischen so einstellen, dass sie automatisch stoppt, wenn sie nicht angenommen wird. Sie lässt sich auch so einstellen, dass sie stoppt, wenn das Verhältnis zwischen den Werbeausgaben und dem dadurch erzielten Umsatz nicht mehr stimmt.
Wenn du in den sozialen Medien wirbst, weißt du immer, wie viele und was für Menschen deine Werbung wo, wann und wie lange sehen, wie diese Menschen darauf reagieren und zu welchen Umsätzen das führt. In diesem Buch wirst du noch erfahren, wie und warum. Bei klassischer Werbung weiß das alles niemand.
Argument acht. »Ich habe schon jetzt mehr als genug zu tun.«
Mehr als genug zu tun zu haben ist immer eine Momentaufnahme und nie eine Selbstverständlichkeit. Schon gar nicht in einer globalen Wirtschaft, die gerade Umbrüche wie noch nie erlebt. Wenn du dich auf deinem Status quo ausruhst, kannst du eines Tages aufwachen und merken, dass nichts mehr so wie früher ist. Dann ist es schwer, aufzuholen, denn auf einmal musst du den guten Zeiten hinterherlaufen. Alle, die rechtzeitig reagiert haben und schon mit den sozialen Medien Geld verdienen, sind dir voraus. Angenehm ist die Situation dann nicht, denn Investitionen, die du jetzt vielleicht noch aus der Portokasse tätigen könntest, werden dann immer schwieriger und über allem steht dann die Frage: Geht das überhaupt noch? Schaffe ich das noch? Oder geht mir vorher die Luft aus?
Sich auf dem Satus quo auszuruhen bedeutet zudem, auf Wachstum zu verzichten, und dagegen spricht ein ökonomisches Gesetz, das es auch schon gab, lange bevor im Jahr 1969 das US-Militär vier leistungsstarke Großrechner vernetzte und so das ARPAnet, den Vorläufer des Internets, startete. Es lautet:
Stillstand ist Rückschritt.
Schon den Status quo des Umsatzvolumens zu erhalten erfordert ein gewisses Maß an Weiterentwicklung und die Auseinandersetzung mit dem Markt, den Zielgruppen und dem Einkaufsverhalten. Unternehmerische Weiterentwicklung ist jetzt, inmitten der digitalen Revolution, synonym mit der Digitalisierung, und Digitalisierung bedeutet vor allem auch Geld verdienen mit den sozialen Medien.
Argument neun. »Soziale Medien bringen uns keinen Mehrwert.«
Selbst wenn ein Unternehmen keine zusätzlichen Umsätze mit den sozialen Medien generieren will, bieten sie ihm sehr wohl einen Mehrwert. Zum einen geht es um Image-Werte, deren Bedeutung schon der Fall meiner Steuerberaterin und ihrem Rekrutierungsproblem bei Nachwuchs-Talenten gezeigt hat. Außerdem findest du in den sozialen Medien Antworten auf unter anderem diese Fragen:
Wofür genau interessiert sich welche meiner Zielgruppen?
Worauf reagieren meine Zielgruppen und was ist ihnen egal?
Wie kann ich die Emotionen meiner Zielgruppen ansprechen?
Was wünschen sich meine Zielgruppen noch von mir?
Eine Versicherung zum Beispiel kann Antworten auf diese ganz konkreten Fragen finden:
Wer tut was in seiner Freizeit und geht damit welches Risiko ein?
Wer tut was beruflich und geht damit welches Risiko ein?
Das alles hat nichts mit heiklen Daten zu tun. Diese Daten gibt es einfach im Internet, und wer dafür bezahlt, kann mit ihnen arbeiten.
DIE GEWINNER UND DIE VERLIERER DER ZUKUNFT
Die sozialen Medien werden als wichtigstes Marketinginstrument der neuen Wirtschaft Gewinner und Verlierer produzieren. Die Gewinner arbeiten damit, die Verlierer ignorieren sie.
Zu welchen willst du gehören?
Die sozialen Medien gewinnen als Grundlage der Wirtschaft an Bedeutung. Die COVID-19-Krise hat gezeigt, wie sprunghaft diese Entwicklung sein kann.
In den kommenden zehn Jahren werden soziale Medien mehr Start-ups hervorbringen, als es die analoge Wirtschaft in den vergangenen fünfzig Jahren getan hat.
Digitale Unternehmen wie Amazon, die mit den sozialen Midden arbeiten, werden mächtiger werden und analoge Mitbewerber, die darauf verzichten, einfach ausradieren. Neue, frische Unternehmen junger Menschen, die binnen weniger Jahre dank der sozialen Medien aufpoppen, werden große, vielleicht hundert oder noch mehr Jahre zählende Tanker der alten Wirtschaft, die jetzt mit ihren bürokratischen, hierarchischen, verschachtelten und langsamen Strukturen noch vor Arroganz strotzen, überflüssig machen und ersetzen. Das wird die Verteilung des Wohlstandes innerhalb der Bevölkerung und damit die sozialen Strukturen, den Lebensstil, die Denkart, die Art zu konsumieren, das Straßenbild oder etwa die Steuergesetze völlig verändern. Eine Welt geht unter und eine neue entsteht. Viele haben Angst davor. Zu Recht, denn sie stehen auf der falschen Seite, die Veränderung verneint. Ich finde es aufregend, denn ich weiß, dass ich auf der richtigen Seite stehe. Wo stehst du?
Die sozialen Medien, die Digitalisierung insgesamt wird auch die geografische Verteilung des Reichtums beeinflussen. Derzeit verläuft sie im Wesentlichen entlang der Nord-Süd-Achse des Planeten, künftig werden die digitalisierten Länder, Regionen und Städte reich und die analogen arm sein, egal, wo auf der Welt sie liegen. Die einen werden zu glitzernden Hotspots aufsteigen, in den anderen werden die Lichter allmählich ausgehen.
Die Länder und Städte stellen jetzt gerade selbst die Weichen. Durch ihre Antworten auf diese zwei Fragen entscheiden sie, wo sie künftig stehen werden:
Wie gut ist die Bildungspolitik in unserem Land, unserer Region oder unserer Stadt?
Wie fördern wir digitale Start-ups und die Digitalisierung von Unternehmen in unserem Land, unserer Region oder unserer Stadt?
BILDUNG ENTSCHEIDET
Wer wo stehen wird, zeigt sich bereits. Die baltischen Staaten Estland oder Lettland lernen schon ihren Volksschulkindern programmieren und stellen für Start-ups gut dotierte Fonds und Förderprogramme bereit. Die Lichter der neuen Welt gehen dort bereits an, während es in Mitteleuropa dunkler wird. Deutschland und Österreich ruhen sich auf ihrem in den vergangenen Jahrzehnten erworbenen Wohlstand aus. Die Digitalisierungsförderungen für Start-ups und Unternehmen sind lächerliche Alibi-Aktionen. Hier fehlt es sowohl an Bewusstsein als auch an bereitgestellten Mitteln und Kreativität.
Ein Land, das die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen richtig einschätzt, würde Förderungen nicht an bürokratische Bedingungen knüpfen, sondern etwa an Kennzahlen in den sozialen Medien oder auf den Websites.
Ab einer bestimmten Entwicklung der Social-Media-Accounts bekommen Start-ups und Unternehmen dann Fördermittel, um ihre Websites zu professionali-sieren, bessere Webshops zu errichten oder ihre Reichweite mit Ads zu skalieren.
Dazu kommt in Deutschland und Österreich ein veraltetes Bildungssystem. In welchem Zustand es ist, merke ich immer, wenn ich Mitarbeiter für meine Unternehmen suche. Ich finde in vielen Bereichen keine, die das können, was tatsächlich gebraucht wird. Es gibt viele leistungsbereite und engagierte junge Menschen, doch es fehlen ihnen die richtigen Kompetenzen. Selbst Absolventen von Fachhochschul- und Universitätsstudien zu digitalen Themen sind im professionellen und praktischen Umgang mit sozialen Medien ahnungslos. Das hat strukturelle Ursachen.
FRÜHER ANFANGEN
Jugendliche halten sich pro Tag durchschnittlich drei bis vier Stunden in den sozialen Medien auf. Schon die Kinder finden sich erstaunlich schnell mit deren Bedienung zurecht, was allerdings wenig bringt. Denn wer sich auf seinem Smartphone Katzenvideos und TikTok-Posts ansieht, lernt nichts dabei. Dass sie in den sozialen Medien nicht nur Konsumenten sein, sondern selbst kreativ etwas mit ihnen machen und schaffen können, lernen Kinder und Jugendliche in Mitteleuropa kaum. Sie haben keine Ahnung, wie sie diese Medien gestalten können, was sie aktiv damit machen können und welche Chancen sich für sie daraus ergeben können. Das ist so schade!
Oft brauchen junge, innovative Menschen nur etwas Inspiration oder ein Vorbild,