Jeder Schritt ein Auftritt (E-Book). Marcel Felder
Der Professionelle und die Souveräne (außen flexibel, innen hoch)
Zungenbrecher
Ratschläge für einen schlechten Redner (von Kurt Tucholsky)
Zitate rund ums Auftreten
Geometrische Figuren
Ansichtssache: Eltern–Kind
Ansichtssache: Heterogenität
Ansichtssache: Zusammenarbeit
Ansichtssache: Gemeinsame Pause
Literaturverzeichnis
Die Autorin und die Autoren
Vorwort von Mathis Kramer-Länger
Als kurz nach der Jahrtausendwende die Lehrerinnen- und Lehrerbildung in der Schweiz auf das Bologna-Konkordat abgestimmt wurde, gestalteten die neu entstehenden Pädagogischen Hochschulen ihre Studiengänge und Curricula in Modulen. An der Pädagogischen Hochschule Zürich wurden dabei drei «Trainingsmodule» definiert: Neben einem Modul zum Training von Kommunikationskompetenz, gab es eines, in dem der Umgang mit Konflikten trainiert wurde sowie eines zum Training von Auftrittskompetenz. Zum ersten Mal wurde der Begriff «Auftrittskompetenz» – ergänzend und in Abgrenzung zu den damals bereits gebräuchlichen Begriffen «Kommunikationskompetenz» und «Konfliktkompetenz» – im Rahmen eines (fach-)hochschulischen Curriculums ver wendet.
Mit dem Trainingsmodul Auftrittskompetenz, einem Pflichtmodul am Anfang des Studiums, werden seither die Studienanfängerinnen und -anfänger der PH Zürich bei einer für sie neuen Erfahrung unterstützt: der Erfahrung, aufzufallen. Darin – im Auffallen – wurden die meisten Studentinnen und Studenten während ihrer 15-jährigen Schullaufbahn nämlich nicht unterstützt. Im Gegenteil: Oft kommt in der Schule ungeschoren davon, wer nicht auffällt, Tarnung wird als wichtige Kompetenz erlebt, die hilft, die schulischen Anforderungen zu bestehen.
Bereits in der zweiten Semesterwoche ihres Studiums besuchen die Studentinnen und Studenten der PH Zürich zum ersten Mal einen Kindergarten oder ein Schulzimmer. Spätestens wenn die ersten Schülerinnen und Schüler den Raum betreten, realisieren die Studierenden, dass ihnen Tarnung nicht hilft. Ob sie es nun wollen oder nicht: Unter lauter Kindern oder Jugendlichen fallen sie auf.
In dieser Situation reagieren die Studierenden wie alle Menschen in ungewohnten Situationen: Sie greifen auf Bekanntes zurück. Beim ersten Kontakt mit Schülerinnen und Schülern beispielsweise auf die Rolle der älteren Schwester, des älteren Bruders. Oder auf die der Pfadfinderführerin, des Leiters einer Jugendgruppe oder des Unteroffiziers. Oder aber, sie erinnern sich an eine Lehrerin oder einen Lehrer, die sie als Schülerin oder Schüler erlebt haben und sie versuchen, sich an deren Verhalten oder dessen Art zu Sprechen zu orientieren.
Ist dies auch nicht ganz falsch, so ist es auch nicht wirklich hilfreich. Denn einerseits stimmen die Situationen, in denen die Studierenden die ihnen bekannten Rollen erprobt haben, nicht mit der Schulsituation überein: Eine große Schwester passt in den familiären Kontext, als Pfadfinder verbringt man im kollegialen Rahmen Freizeit. Andererseits bewirkt die Orientierung an Vorbildern, dass man möglicherweise eine Lehrerin oder einen Lehrer ganz gut imitiert, man bleibt aber immer Imitatorin respektive Imitator und ist damit nicht bei sich und dem Eigenen, man ist nicht authentisch. Das ist auf Dauer nicht nur anstrengend, sondern führt auch zu einem eng begrenzten Handlungsrepertoire.
Im Trainingsmodul Auftrittskompetenz beginnen die Studierenden, das eigene Rollenverhalten zu erkennen und weiterzuentwickeln. Mit Übungen zu Selbstwahrnehmung wird die Aufmerksamkeit für sich selbst aktiviert und differenziert. Mit Übungen zur Wahrnehmung ihrer Umgebung werden sie aufmerksamer gegenüber der sie umgebenden Situation. Das Pendeln zwischen diesen beiden Aufmerksamkeiten, dem «Bei-sich-Sein» und dem «In-der-Situation-Sein», wird mit Übungen zur Mehrfachaufmerksamkeit trainiert. Dabei geht es weniger darum, «richtiges» Verhalten einzuüben. Vielmehr ist es das Ziel, Eigenes, Authentisches zu finden und vielfältig anwenden zu lernen. Und dies immer in Bezug auf die jeweilige Situation, einer Situation des Auffallens. So entsteht Bewusstsein für sich selbst in der neuen Situation des Auffallens – situationsbezogenes Selbst-Bewusstsein.
In Situationen des Auffallens geht es immer auch darum, die Menschen wahrzunehmen, die einen umgeben und mit ihnen zu interagieren und zu kommunizieren. Das «In-der-Situation-Sein» ist also immer auch ein «In-Kontakt-mit-Menschen-Sein». Wer in diesem Sinne mehrfach wahrnehmend, selbst-, situations- und adressatenbewusst interagiert und kommuniziert entwickelt eine zentrale professionelle Kompetenz für den Lehrberuf – und für viele andere Berufe. Es erstaunt denn auch nicht, dass in den letzten Jahren unter dem Begriff «Auftrittskompetenztraining» verschiedene Aus- und Weiterbildungsangebote außerhalb der Lehrerbildung entstanden, in denen Berufsleute aus unterschiedlichen Bereichen ihren Umgang mit berufsfeldspezifischen Situationen des Auffallens, Interagierens und Kommunizierens trainieren.
Insofern könnte das Trainingsmodul auch «Auffallenskompetenz» oder «situativ-authentische Interaktions- und Kommunikationskompetenz» heißen. Dass es um die Jahrtausendwende zum Begriff «Auftrittskompetenz» kam, hängt wohl damit zusammen, dass die Übungen des Trainingsmoduls dem Fundus der Schauspielausbildung entstammen, in der es – stark vereinfacht ausgedrückt – um den Bühnenauftritt geht.
In diesem Band sind solche Übungen zusammengetragen. Die Zusammenstellung fokussiert darauf, Menschen verschiedener Professionen in ihren authentischen Möglichkeiten des Interagierens und Kommunizierens in Situationen des Auffallens kompetenter zu machen und ihnen so zu einem situations- und adressatenbezogenen Selbst-Bewusstsein zu verhelfen.
Mathis Kramer-Länger, Prof. ZFH, Pädagogische Hochschule Zürich
Klar und effizient zu kommunizieren ist immer eine Herausforderung. Manchmal erzählt die Stimme oder die Köperhaltung eine ganz andere Geschichte, als der Gesprächsinhalt erwarten lässt. Dies passiert oft ganz unbewusst. Eine Begrüßung mit verschränkten Armen und auf den Boden gerichtetem Blick hat mit Sicherheit eine ganz andere Wirkung als eine Begrüßung mit Blickkontakt und Händedruck. Der Körper vermittelt nur allzu schnell etwas ganz anderes, als eigentlich intendiert war. Das «Was» und das «Wie» stimmen dann nicht überein und können Interpretationen zulassen, die wir gar nicht beabsichtigt haben. Selbst für geübte berufliche Rednerinnen und Redner bleibt die unmittelbare mündliche Kommunikation stets eine komplexe Herausforderung.
Damit Kommunikation gelingt, ist es hilfreich, sich der Wirkung von Sprechweise und Körpersprache bewusst zu werden. Die Fähigkeit, andere wahrzunehmen, entwickelt sich erst dann, wenn man sich selber wahrnehmen und seine Wirkung einschätzen kann. Diese kommunikativen Grundkompetenzen sind nicht nur in der Lehrer/-innenbildung, sondern in den meisten Berufen gefordert – ein sicherer Auftritt wird heutzutage in nahezu jeder beruflichen Tätigkeit verlangt, sei es vor einer Klasse, vor einer Kundschaft im Verkauf oder im Pflegeberuf. Um das verbale und das nonverbale Kommunizieren zu üben, fehlen nicht selten die nötigen Gefäße in der Ausbildung. Genau hier findet diese Übungssammlung ihre Anwendungsmöglichkeit: Sie bietet das nötige kommunikative Werkzeug, um den eigenen Auftritt lustvoll und mit nachhaltiger Wirkung zu trainieren.
Das Zentrum Mündlichkeit (ZM) der Pädagogischen Hochschule Zug ist sich der Bedeutung überzeugender Wirkungsgestaltung in Professionalisierungsvorgängen bewusst und unterstützt die Einbettung von Auftrittskompetenztrainings in der Lehrer/-innenausbildung. Mündlichkeit – nicht nur verbale, sondern auch para- und nonverbale Sprache – ist flüchtig und hat immer eine über das Gesagte hinausgehende Wirkung. Dies verleitet dazu, vor allem leichter zu Korrigierendes zu trainieren, wie die Schriftlichkeit. Trotzdem bleiben unser Körper und unser Sprechen unausweichliche Bestandteile der Interaktion, ob wir sie bewusst trainieren oder nicht. Diese systematische Übungssammlung enthält konstruktive Trainingsmöglichkeiten, die genau hier ansetzen, denn es geht darum, im Interagieren