Verbinde dich.. Luc Hertges
In einem zweiten Schritt darfst du dann deinen Glauben erweitern und dir diese Möglichkeit selbst zutrauen. Wenn es für andere möglich ist, dann ist es sicherlich auch für dich möglich. Wenn du dir diese neue, bisher unmögliche Erfahrung zutraust, dann erlaubst du deinem Geist, deinem Denken, von deinen Begrenzungen weg zu neuen Möglichkeiten zu gehen. Eine neue Möglichkeit entsteht in dir: „Auch ich kann dies erreichen, erschaffen.“
In einem nächsten Schritt darfst du Lösungsansätze und -wege finden, beispielsweise, indem du bei Menschen, die dieses schon erreicht haben, nachfragst, wie sie es angegangen sind, um davon zu lernen. So kannst du dich auch von Büchern wie diesem, Podcasts, Dokumentationen … inspirieren und ermutigen lassen.
Im vierten und letzten Schritt darfst du dann die gefundenen Lösungen Schritt für Schritt umsetzen und dich so auf eine neue, bisher unmögliche Erfahrung zubewegen. Hier ist es wichtig, zu verstehen, dass bei einem Zubewegen „Schritt für Schritt“ auf eine neue Möglichkeit auch zwischenzeitlich Rückschritte und Misserfolge zu verzeichnen sind. Diese sind ganz natürlich. Sie laden dich dazu ein, sowohl Geduld als auch Disziplin zu üben, sowie gelegentliche Kurskorrekturen vorzunehmen, da der Weg ein Lernprozess ist, bei dem du auch immer mal sogenannte Fehler machst, von denen du lernen kannst, wenn du magst.
Zwei Mindsets, die mich persönlich sehr inspiriert haben und immer noch begleiten, sind von Veit Lindau, meinem spirituellen Lehrer, und Maya Angelou, einer meiner Inspirationsquellen:
„Werde die beste Version, die du sein kannst.“ (Veit Lindau)
„Gib dein Bestes, bis du es besser weißt, dann gib wieder dein Bestes!“ (Maya Angelou)
In beiden Zitaten steckt für mich dieses vertrauensvolle Menschenbild sowie die wundervolle Gabe der Vergebung. Ich kann mir vergeben, dass ich es bisher nicht besser wusste und jetzt, wo ich es besser weiß, kann ich es besser machen, wenn ich will.
2 BEGEISTERUNG ERMÖGLICHEN ODER PFLICHTERFÜLLUNG FORDERN?
Was ermöglicht dir, zur besten Version zu werden,
die du sein kannst?
Was ermöglicht dir, dein Bestes zu geben?
Zwei wundervolle Fragen, die mich immer wieder inspirieren und tief in mir wirken, wenn ich ihnen Raum dazu gebe. Aus meiner Erfahrung heraus lautet meine derzeit wahrhaftigste Antwort auf beide Fragen: Immer dann, wenn ich ganz authentisch ich bin. Frei von Erwartungen, frei von Zweifeln, frei von Ängsten, frei von Zwängen … einfach frei!
Wenn Freiheit meine tiefste Sehnsucht ist und vielleicht auch mein natürlichster Wesenszug, wie kann ich diese Freiheit dann vollkommen ausleben UND den Wesen um mich herum dienen?
Auf diese Frage wurden zu unterschiedlichen Entwicklungszeitpunkten unterschiedliche Antworten gegeben, wie ich im Kapitel „Erziehung aus entwicklungsgeschichtlicher Perspektive“ noch näher beleuchte.
So kann die Antwort, aus einem misstrauischen Menschenbild heraus, zum Beispiel lauten: Wir müssen Menschen mithilfe von Erziehungsmethoden, Geboten und Verboten so erziehen, dass sie vernünftig und pflichtbewusst ihre Aufgaben erfüllen. Dies stellt den Erhalt einer aktuellen Gesellschaftsstruktur sicher.
Aus einem positiven und auf Vertrauen basierenden Menschenbild heraus sieht die Antwort vielleicht so aus: Wir alle sind freie Wesen und stellen in den Feldern, in denen wir leben und wirken, zusammen gemeinsame, auf Werte basierende Regeln auf, an die wir uns selbstgewählt und selbstbestimmt halten und an denen wir uns messen lassen. Diese selbstbestimmten Regeln, gepaart mit einem gemeinsamen Anliegen, sind unser Antrieb, uns zum Wohle aller selbst zu verwirklichen.
Dies entspricht im Übrigen meinem aktuellen Verständnis der Welt und ist somit auch meine Antwort auf die Frage.
Die Frage, die sich heute mehr denn je für jeden von uns stellt: Wollen wir blutleere Pflichterfüllerinnen oder begeisterte Ermöglicherinnen sein?
Oder, wie Frédéric Lenoir es ausdrücken würde: „Wollen wir schlicht und einfach existieren oder kunstvoll leben?“
Meine Einladung an dich und mich lautet:
Lass uns alle friedvolle und freie Lebenskünstlerinnen sein.
3 ERZIEHUNG UND BEZIEHUNG AUS SICHT DER AKTUELLEN HIRNFORSCHUNG
Wie werden wir unbewusst zu Pflichterfüllerinnen und vor allem,
wie gelingt es uns, unsere Begeisterungsfähigkeit
wiederzuentdecken und zu stärken?
Traditionelle Erziehungsmodelle vertreten den Standpunkt, dass der Mensch als unfertiges Wesen geboren wird und erzogen werden muss, damit er sich in der aktuellen Welt und Gesellschaft zurechtfindet. Hierbei handelt es sich um ein defizitäres und misstrauisches Menschenbild, welches wenig Beziehung auf Augenhöhe voraussetzt oder zulässt.
So entsteht eine scheinbare Trennung zwischen derjenigen, die alles weiß und derjenigen, die (scheinbar noch) nichts weiß. Diese (gedachte) Trennung kann heutzutage im Schmerzzentrum des Gehirns als wirklicher Schmerz sichtbar gemacht werden. Nämlich immer dann, wenn ein Mensch über das Belohnungs- beziehungsweise Bestrafungssystem aktiviert oder motiviert wird.
Diesen Schmerz erklärt der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüther damit, dass jeweils die Würde des Menschen verletzt wird, wenn er nicht frei aus sich selbst heraus, sondern fremdgesteuert handelt.
Traditionelle, patriarchische Erziehungsmodelle dienen vor allem dem Fortbestand der gesellschaftlichen Strukturen, so, wie sie gerade sind.
Damit sich die Menschen die Regeln ihres Umfeldes aneignen und sich ihnen anpassen, wird bei den traditionellen Erziehungsmodellen „gutes“, also wünschenswertes Verhalten, belohnt, und „negatives“, also nicht-wünschenswertes Verhalten, bestraft. Dieses Konzept ist in der Psychologie unter positiver beziehungsweise negativer Verstärkung bekannt. Was die Menschen dabei auch lernen, ist, dass sie sich nicht auf ihre Intuition, auf ihr Gefühl verlassen können oder dürfen, und dass es dem Anschein nach eine äußere Instanz gibt, welche alles besser weiß und gleichzeitig immer recht hat.
Da kleine Kinder anfangs scheinbar sehr oft im Unrecht sind, schlussfolgern die meisten, dass sie so, wie sie von Natur aus sind, schlecht beziehungsweise falsch sind. In der Region des Gehirns, welche für Emotionen zuständig ist, werden dadurch Botenstoffe ausgelöst, welche die äußeren Belohnungs- beziehungsweise Bestrafungsmuster unterstützen und spiegeln. Je öfter diese Muster aktiviert werden, desto schneller entwickeln sich stabile Verhaltensweisen. Der junge Mensch lernt, was sich gehört, und passt sich an die Gesellschaft an, welche ihn und sein Umfeld umgibt. Er wird so zu einem gut funktionierenden Pflichterfüller erzogen.
Diese Erziehungsmodelle waren besonders sinnvoll in Zeiten des Krieges und in Zeiten der Industrialisierung, als Menschen für ihre Rolle im System maßgeschneidert vorbereitet und geformt wurden. Auch hier deutet sich an, dass der Mensch in einem solchen System nicht wirklich er selbst ist und (nur) die Rolle erfüllt, für die er vorbereitet wurde.
Dass diese Erziehungsmodelle heutzutage nicht mehr zeitgemäß sind, zeigt sich einerseits dadurch, dass sie jeweils für den Fortbestand des aktuellen Zustands stehen und sich somit sehr schwer mit Veränderungen tun. Und andererseits durch ein diskriminierendes Rollenverständnis, in dem Frauen bewusst klein gehalten werden, um die Rolle des „Heimchens am Herd“ zu erfüllen. Dabei geht es den Männern meines Erachtens nicht viel besser, da auch sie klein gehalten werden, um ihre Rolle im System zu erfüllen. In patriarchischen Modellen gelten Männer wertvoller als Frauen.
Dies wird heutzutage, Gott sei Dank, an den meisten Orten dieser Welt in Frage und richtiggestellt.
Wenn wir uns von einem traditionellen, patriarchischen Erziehungsmodell lösen und andere nicht mehr so erziehen wollen, dass wir sie dabei zum Objekt unserer Vorstellungen und Erwartungen machen, stellen sich die Fragen, wie Lernen natürlich in uns angelegt ist und wie gegebenenfalls eine „artgerechte“ Erziehung aussieht.
Auf