Neubayern. Florian F. Scherzer
Aus einem Weckglas nahm sie mit einem Löffel braune Körnchen und schüttete diese in einen Tonbecher. Als sie das heiße Wasser darüber goss, wusste ich, was es war: Kaffee. Sie goss von der heißen Milch dazu und nippte am Becher. Dabei lehnte sie sich sehr weit in ihrem Stuhl zurück. Sie legte sich fast hinein.
Ich nahm mir vom Brot und brockte mir einige Stücke in die Gsteckelte. Dann aß ich noch eine Scheibe mit Butter und Mus. Das Brot war sehr frisch und ich befürchtete davon Bauchweh zu bekommen.
»Möchtest du auch einen Kaffee, Kiener? Wir haben zwar nur Löslichen, aber der ist besser als nichts.«
Mich schüttelte es bei dem Gedanken an das bittere buttrige Getränk vom Holderer.
»Aber besser du gewöhnst dich nicht zu sehr daran. Unten bekommst du eh nur Kaffeeersatz und der schmeckt noch furchtbarer.«
Ich schaute Elsi über den Tisch hinweg an.
»Was wolltet ihr mir gestern mit eurer Fragerei erklären?«
»Warte bis der Engel da ist.«
»Der lässt mich dastehen wie ein Depp.«
»Er ist halt sehr klug.«
»Deswegen braucht er mich nicht wie einen Deppen zu behandeln. Ich kenn das vom Holderer. Der hat auch zu mir gesagt, dass ich ein Bauerndepp bin.«
Elsi erschrak. »Der Holderer. Was hast du mit dem Holderer zu tun?«
»Den hab ich am Markttag in Rieding getroffen. Der hat mir auch einen Kaffee gegeben und mir von der Heimatwahr und den Wandbildern in Rieding und dem Andreas von Rieding und so erzählt.«
»Aber warum?«
»Ich bin vor seiner Hütte gestanden und er hat mich einfach reingeholt.«
»Warum sollte dich der Holderer einfach in seine Hütte holen? Das müssen wir dem Engel sagen. Der Holderer ist kein ungefährlicher Mann. Der macht nichts einfach so.«
In dem Moment betrat der Engel das Schwalbennestzimmer. Er hatte ein Buch unter den Arm geklemmt und hielt den gleichen Becher wie Elsi in der Hand.
»Bekomme ich noch einen Kaffee?« Elsi gab ihm von den braunen Körnern und der Milch. Nach einer Geste vom Engel holte sie noch eine Zuckerdose und gab ihm einen Löffel Zucker dazu. So weißen Zucker hatte ich vorher noch nie gesehen. Der Engel gefiel mir nicht besser als am Abend zuvor. Elsi dagegen war von ihm wie gefangen.
Als der Engel in einem der Sessel saß, ich ihm gegenüber und Elsi auf einem der Stühle, die sie vom Tisch zu uns geschoben hatte, lächelte mich der Engel an und nahm den Faden vom Vorabend wieder auf.
»So Kiener, hast du ein wenig über die Fragen von gestern nachdenken können? Wird dir jetzt klarer, was ich, was wir, dir mit unseren Fragen sagen wollen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Vielleicht ist es besser, wir schicken ihn einfach nach Oberpfaffing zurück. Ich habe den Eindruck, das hat alles keinen Sinn.«
»Christian.« Warum nannte Elsi den Engel beim Vornamen? »Du hast selbst gesagt, dass es mehr werden müssen, die Bescheid wissen. Gib ihm ein bisschen Zeit. Du weißt doch noch, wie das bei mir war. Ich hab auch erst nicht verstanden, was du mit deinen Fragen wolltest. Vergiss nicht, dass der Kiener im 19. Jahrhundert lebt.«
Der Engel, Christian, schaute mich nachdenklich an.
»Und der Holderer ist auch schon hinter ihm her …«
Das ließ den Engel aufhorchen. Aber so erschrocken wie Elsi war er nicht.
»Also gut. Bringst du mir noch einen Kaffee? Aber diesmal heiß.« Wie er Elsi herumschickte.
»So Kiener, dann höre ich jetzt mit meiner Fragerei auf und erzähle dir von Anfang an, was du wissen musst.«
Von diesem Zeitpunkt an war mein Leben ein anderes. Nichts war mehr, wie ich es kannte. Das Ereignis mit den Perchtln vom Vortag und meine plötzlichen Zweifel an allem waren nur eine Kleinigkeit gegen den Umbruch, der mit diesem Augenblick begann.
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