Das Yoga-Lexikon. Wilfried Huchzermeyer

Das Yoga-Lexikon - Wilfried Huchzermeyer


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[prāṇāyā­ma] m eine Atemübung, bei der durch beide Nasenlöcher eingeatmet und wechselweise durch je ein Nasenloch ausgeatmet wird.

      Anuloma bedeutet „mit dem Strom, natürlich“.

      Anumāna n in der Phi­losophie eine Schlussfolgerung auf­­grund bestimmter Voraus­set­zungen.

      Anurāga m Liebe, Hingabe.

      Anushthāna [anuṣṭhāna] n Ausführung, Praxis. Die systematische Durchführung religiöser Praktiken über einen längeren Zeitraum.

      Anushtubh [anuṣṭubh] f Name eines Versmaßes, das 4 x 8 Silben enthält.

      Anusara Yoga m Yoga-Stil, der 1997 von dem Amerikaner John Friend begründet wurde. Das Wort anusāra bedeutet im Sanskrit „Folgen, Nachfolgen“ oder „natürlicher Zustand“ und wird hier frei übersetzt als „following one’s heart“, dem eigenen Herzen folgen, oder „flowing with grace“, mit der Gnade fließen. Ziel ist eine freudige Yogapraxis, die den Schülern hilft, „im Einklang mit dem Körper die innere Schönheit zu erleben.“

      Fünf generelle Prinzipien der Ausrichtung (alignment) sollen den Übenden helfen, zu ihrer immanenten idealen Körperhaltung zu­rückzufinden und den Energiefluss im Körper zu verbessern. Aber nicht die Perfektion bei der Ausführung von Āsanas steht im Mittelpunkt, sondern die natürliche Freude, mit der sie ausgeführt und als Teil der persönlichen Entwicklung erlebt werden

      John Friend verfügte über langjährige Erfahrung als Iyengar-Yoga-Lehrer und studierte intensiv das Tantra, bevor er sein eigenes System entwickelte, in das Elemente des Tantra einflossen. Yoga bedeutet für ihn, das Göttliche, das in allen Menschen präsent ist, zu erkennen und zu erwecken.

      Meditieren, Chanten und das Studium heiliger Schriften sind Teil des umfangreichen Programms, das auch therapeutische Anwen­dun­gen beinhaltet.

      Ānvīkshikī [ānvīkṣikī] f Logik, Philosophie, Metaphysik. Mit ih­rer Hilfe wird die Erkenntnis dessen, was wahres Selbst und Nicht-Selbst ist, erarbeitet.

      Āpah [āpaḥ] f (Plural von ap) Wasser. Eines der fünf Elemente, die die physische Natur konstituieren. Die anderen sind Erde, Feuer, Wind, Äther.

      Siehe auch Pañcabhūta.

      Apāna m wörtl. Herab-Atem oder -Energie (apa-āna). Einer der fünf Ströme des Prāna, wird im unteren Bereich des Körpers lokalisiert und reguliert Ausatmung und Ausscheidung.

      Apānāsana n die Apāna-Haltung; Dehnung des unteren Rückens; Kniee zur Brust.

      apāna – Apāna (s.o.); āsana - Haltung.

      Aparā Prakriti [prakṛti] f die niedere Natur, die Welt des Stofflichen. Sie­he auch Prakriti.

      Apara-Vidyā f das niedere Wissen, die relative, indirekte Erkenntnis, die durch den Intellekt und die Sinne erlangt wird. Dagegen ist Para-Vidyā die direkte, absolute Erkenntnis des Brahman.

      Aparigraha m Nicht-Ergreifen, Besitzlosigkeit, Freiheit von Habgier. Eine der fünf ethischen Leitlinien in der ersten Stufe des Rāja-Yoga. Siehe auch Yama.

      Aparnā [aparṇā] die „Blattlose“, ein Name der Tochter Himavats. Einmal ging sie in eine so intensive innere Versenkung, dass sie nicht einmal ein Blatt zu sich nahm. Sie ist identisch mit Shivas Gattin Umā.

      Āpastamba, Āpastambha m Name eines Rishis, der eine bedeutende vedische Schule begründete, in der unter anderem das Āpastamba­shrau­tasūtra ent­stand, ein Handbuch der Rituale.

      Apavāda m in der Philosophie die Zurückweisung oder Widerlegung einer falschen Meinung.

      Apavarga m spirituelle Befreiung, ein Synonym für Begriffe wie Moksha oder Kaivalya. Von apa-vṛj – abbiegen, verlassen (weltliche Geburten).

      Appār [wörtl. Vater, Tamil] Name des südindischen Heiligen Tirunavukarasar, der im 7. Jh. lebte und einer der bedeutendsten Na­yanmars war. Er verfasste zahlreiche an Shiva gerichtete Lieder und Gedichte.

      Es wird berichtet, dass Appar zunächst Jaina war und dann zum Shiva­iten konvertierte, nachdem er in einem Shiva-Tempel die wundersame Genesung von einer schweren Krankheit erfuhr. Er bekehrte später viele andere Menschen zum Shivaismus, so auch den jainistischen Pallava-Herr­scher Mahen­dra, der ihn einmal gefangen setzen und schwer misshandeln ließ. Doch als der Heilige anschließend wie unversehrt Shiva lobpries, war Mahendra so beeindruckt, dass er an Stelle des Jaina-Klosters in der Hauptstadt einen Shiva-Tempel errichtete.

      Apsarā f himmlische Nymphe, Wesen von überirdischer Schönheit. Apsarās treten bisweilen als Verführerinnen von Yogīs auf, wenn diese durch überehrgeizige Askese sich selbst oder die Welt aus dem Lot zu bringen drohen, oder wenn es deren Bestimmng ist, zum Vater eines Kindes zu werden.

      Die Apsaras leben in Indras Himmel und sind die Gefährtinnen der Gandharvas.

      Āptakāma m ein Mensch, dem alle Wünsche (kāma) erfüllt sind und der daher spirituell befreit ist, weil er kein Begehren mehr hat.

      Apunya [apuṇya] adj und n unrein. Fehler, Verfehlung, Nicht-Punya.

      Ārambhāvasthā f der Zustand (avasthā) des Anfangs (ārambha). Das erste von vier Stadien in der Entwicklung eines Yogīs, gemäß der Hatha-Pradīpikā verbunden mit dem Hören von mystischen Klängen und dem Durchtrennen des Brahma-Granthi.

      Andere Quellen nennen als Merkmale dieses Stadiums das Rezitieren von Om oder die Reinigung der Nādīs.

      Siehe auch Avasthā.

      Āranyaka [āraṇyaka] n (Abhandlung) „den Wald betreffend“. Gattung vedischer Schriften, die sich an die Brāhmanas anschließen und für die Lektüre von Einsiedlern im Wald (aran­ya) bestimmt sind.

      Āratī f abendliche Anbetung mit Blumen, Räucherstäbchen und ei­ner Kampferflamme, welche kreisförmig um ein Götterbild geschwenkt wird. Dabei hat der Kampher eine symbolische Bedeutung: so wie er ohne Rückstände verbrennt, verzehrt die Flam­me von Gottes Liebe das menschliche Ego.

      Arcanā f Verehrung des Göttlichen durch verschiedene Rituale.

      Architektur die Wissenschaft von der Baukunst existiert in Indien bereits seit alter Zeit unter den Namen Sthāpatya-Veda, Vāstu-Jñāna und Vāstu-Vidyā und zählt zu den Upavedas oder sekundären Vedas. Offenbart wurde sie nach alter Lehre den Menschen von Vishvakarman, dem göttlichen Ur-Architekten.

      Dieses Wissen wurde von zahllosen Baumeister- und Handwerker-Generationen zunächst mündlich überliefert, bevor es ab ca. dem 4. Jh. auch schriftlich fixiert wurde.

      Die Texte beschäftigen sich mit allen äußeren ebenso wie den esoterischen Aspekten insbesondere des Tempelbaus. So geht es nicht nur um das rechte Material und die rechte Farbe für den jeweiligen Bau, sondern auch um die Kunst der optimalen Anordnung von Räumen, wobei dem Feng-Shui verwandte Überlegungen eine Rolle spielen. Auch das fachkundig durchgeführte Ritual der Einweihung unter Berücksichtigung astrologischer Kon­­stel­la­tionen ist von Bedeutung.

      Während nordindische Tempel in der Regel nur eine begrenzte Größe aufweisen, wurden in Südin­dien teils riesige großflächige An­lagen errichtet.

      Siehe auch Kunst.

      Ardha halb, halbe, halber etc., ein Wortelement in Āsana-Bezeich­nungen.

      Ardhacandrāsana n Halbmond-Haltung.

      ardha – halb; candra – Mond; āsana – Haltung.

      Ardhamandalāsana n Halbkreis-Haltung.

      ardha – halb; maṇḍala – Kreis; āsana – Haltung.

      Ardhamatsyendrāsana n die hal­be Matsyendra-Haltung; der halbe Drehsitz.

      ardha – halb; matsyendra – Name eines Yoga-Meisters (Mat­syen­dra); āsana – Haltung.

      Ardhanārīshvara m der Gott Shiva als androgynes Wesen in halb männlicher und halb weiblicher Form, wodurch die transzendente Einheit


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