Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft. Группа авторов

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dient.

      Dass es gut gelingen kann, das kirchliche Profil zu erhalten, wenn weniger Christinnen und Christen in kirchlichen Einrichtungen tätig sind, zeigt die Situation in anderen Ländern. Die zunehmende Säkularität in Deutschland ist für die Kirchen eine Gestaltungsaufgabe und birgt die Chance der Profilschärfung.

      1 Aggregierte Daten aus den Statistiken Caritas, Diakonie 2016 sowie Deutsche Bischofskonferenz und EKD 2018.

      2 S. www.ekd.de/projektion2060, zuletzt abgerufen am 15.08.2019.

      3 Artikel 1 Grundordnung des kirchlichen Dienstes der Deutschen Bischofskonferenz; Präambel zum Mitarbeitervertretungsgesetz der Evangelischen Kirche in Deutschland.

      4 So Kress, H. Zeitzeichen 4/2009 S. 12.

      5 So die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft, www.streikrecht-ist-grundrecht.de, zuletzt abgerufen am 15.08.2019.

      6 EuGH, Urteil v. 17.4.2018, NZA 2018, 569; BAG, Urteil v. 25.10.2018, NZA 2019, 455.

      7 EuGH, Urteil v. 11.9.2018, NWB VAAAG 94063; BAG, Urteil v. 25.2.2019, NZA-RR 2009, 622.

      Einführung in das neue Recht der (erweiterten) Gesamtmitarbeitervertretungen (§ 24 MAVO)

       Martin Fuhrmann

      „Papst Johannes Paul II. hat in seiner Enzyklika Centesimus annus die Mitarbeiter eines Wirtschaftsunternehmens als ‚das kostbarste Vermögen des Unternehmens‘ und den entscheidenden Produktionsfaktor bezeichnet. Wenn das schon für Wirtschaftsunternehmen gilt, die Güter und Dienstleistungen produzieren, um wie viel mehr für Unternehmen der Kirche, die immer ein Stück Auftrag der Kirche zu verwirklichen haben, was nur durch Personal und personale Beziehungen möglich ist. […] Für alle Dienste und Einrichtungen in Pastoral, Bildung und Caritas müssen die Menschen, für die wir da sind, im Mittelpunkt stehen. Genauso wichtig ist allerdings, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die diese Dienste leisten, im Mittelpunkt der Sorge und Verantwortung der verantwortlichen Träger und Leitungen stehen müssen. Die MAVO wird meines Erachtens dem Anspruch des päpstlichen Wortes gerecht, auch wenn sie in Zukunft ständig weiter entwickelt werden muss. Aber entscheidend ist nicht das Recht, sondern die Wirklichkeit, der Alltag in unseren Diensten und Einrichtungen, und da gibt es zweifellos neben viel Licht auch manchen Schatten. Für mich waren die Informations- und Beteiligungsrechtrechte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wie sie die MAVO formuliert, nicht das Maximum oder Optimum, was man als Dienstgeber gewährt, sondern die Grundlage, auf die man sich in strittigen Situationen verständigen kann. Aber so lange es keinen Streit gibt, so lange man nicht völlig überzogene Forderungen abwehren muss, sollte man weitergehender als die Ordnung es vorsieht informieren und beteiligen.“1

      Mit diesen Worten hat Norbert Feldhoff 2011 in einem Vortrag anlässlich eines Studientags der DiAG MAV in Bad Honnef sein Grundverständnis zum kirchlichen Betriebsverfassungsrecht umrissen. In dieser Rede rekurrierte er – mit durchaus kirchenkritischem Hintersinn – zunächst auf die schwierige Genese der Mitarbeitervertretungsordnung in der Katholischen Kirche und verwies beispielhaft für den steinigen Weg der Kirche in eine christliche Partizipationskultur auf die sehr kontroversen Diskussionen um die Einführung des Informationsrechtes in wirtschaftlichen Angelegenheiten (§ 27a) im Verwaltungsrat des Verbandes der Diözesen Deutschlands im Jahr 2003. Konnte damals die Einführung eines Beteiligungsrechts in wirtschaftlichen Angelegenheiten nach lebhafter Kontroverse nur gegen erhebliche Widerstände mit einer „sehr knappen Mehrheit“ durchgesetzt werden, stieß die vorläufig letzte große Reform des Mitarbeitervertretungsrechts am 19. Juni 2017, die eine Stärkung der Beteiligungsrechte der Mitarbeitenden in wirtschaftlichen Angelegenheiten zum Ziel hatte, auf verhältnismäßig wenig Widerstand in den Gremien des Verbandes. Die Idee der partnerschaftlichen Partizipation hat sich im Laufe der Zeit offenbar bewährt, sie hat Freunde gefunden, sie ist ein Signum unserer Zeit geworden und da Christen immer auch Kinder ihrer Zeit und ihrer Welt sind, bleibt es nicht aus, wie Feldhoff zutreffend bemerkt, dass die vorherrschenden Strömungen der Zeit das kirchlich Leben beeinflussen und prägen – in positiver wie in negativer Hinsicht.

      Das Herzstück der letzten MAVO-Reform war die Überarbeitung des Rechts der Gesamtmitarbeitervertretungen (§ 24). Nachfolgend werden die wesentlichen Motive des kirchlichen Gesetzgebers analysiert, die wichtigsten Elemente der Neuregelung beleuchtet sowie einige ausgewählte Streitfragen aus der Praxis erörtert.

      I. Hintergründe und Leitmotive

      Nach altem Recht konnte eine Gesamt-MAV (GMAV) bzw. eine erweiterte Gesamt-MAV (eGMAV) nur dann gebildet werden, wenn der Dienstgeber und alle Mitarbeitervertretungen darüber Einvernehmen erzielt hatten. Es galt das Einstimmigkeitsprinzip. Durch den Widerspruch einer Mitarbeitervertretung und/oder des Dienstgebers konnte die Bildung einer zweiten Mitbestimmungsebene verhindert werden. Damit nahm die Bildung eines einrichtungsübergreifenden Repräsentationsorgans im katholischen Mitarbeitervertretungsrecht eine Sonderstellung ein: Im Anwendungsbereich des BetrVG ist ein Gesamtbetriebsrat zwingend zu errichten, wenn in einem Unternehmen mehrere Betriebsräte bestehen (§ 47 BetrVG). Auf den Willen des Arbeitgebers kommt es genauso wenig an wie auf den Willen der Betriebsräte, weil die Bildung des Gesamtbetriebsrats obligatorisch ist. Auch im Anwendungsbereich des Bundespersonalvertretungsrechts ist ein Gesamtpersonalrat zu bilden, wenn die Mehrheit der wahlberechtigten Beschäftigten einer Nebenstelle oder eines Teils der Dienststelle deren Verselbständigung beschließt (§§ 55 i. V. m. 6 Abs. 3 BPersVG). Das MVG.EKD kombiniert diese beiden Modelle: Es sieht vor, dass dort, wo mehrere Mitarbeitervertretungen bestehen, eine GMAV zu gründen ist, wenn die Mehrheit der Mitarbeitervertretungen dies beantragt (§ 6 MVG.EKD). Um Gesamtmitarbeitervertretungen auch in kirchlichen Holding- und Konzernstrukturen zu ermöglichen (also bei mehreren Rechtsträgern innerhalb eines Unternehmensverbundes), sieht die MVG.EKD die Bildung einer Gesamt-MAV im Dienststellenverbund (§ 6a) vor.

      Die Neuregelung in der MAVO verfolgt den Zweck, den zweistufigen Aufbau der mitarbeitervertretungsrechtlichen Repräsentationsorgane bei einem kirchlichen Dienstgeber (Abs. 1) oder bei mehreren kirchlichen Rechtsträgern (Abs. 2) zu erleichtern und zu fördern. Dadurch soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass in größeren kirchlichen Unternehmen mit mehreren Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1, wichtige, die Dienstnehmer betreffende Entscheidungen, oftmals nicht auf der Einrichtungsebene, sondern auf der Ebene der Unternehmensleitung getroffen werden. Damit reagiert der kirchliche Gesetzgeber auf die veränderten ökonomischen und strukturellen Rahmenbedingungen in der kirchlichen Arbeitswelt, denn die Zunahme von Fusionen und Kooperationen verlagert immer mehr Entscheidungen von der Einrichtungs- auf die Unternehmensebene. Dementsprechend ist es nur konsequent, wenn die Vertretungsorgane der Dienstnehmer auf derselben Organebene – gewissermaßen als soziales Gegenstück zur Unternehmensleitung – angesiedelt werden (Mitbestimmungsebene folgt der Entscheidungsebene).

      Die Stärkung der zweiten Mitbestimmungsebene soll dazu beitragen, einrichtungsübergreifendes, gesamtunternehmerisches Denken bei Leitungen und in der Mitarbeiterschaft zu fördern. GMAVen und eGMAVen sichern die Transparenz im Unternehmen; ihre Arbeit dient dazu, Mitarbeiterinteressen zu bündeln, MAV-Tätigkeiten sinnvoll zu koordinieren und etwaige kollidierende Interessen auszugleichen. Auch aus Dienstgebersicht bringt die Stärkung der einrichtungsübergreifenden Mitbestimmungsebene Vorteile: Gerade bei fusionierten Unternehmen oder in größeren Einrichtungsverbünden kann sie dazu beitragen, einheitliche Arbeitsbedingungen, Werte und „Spielregeln“ zu implementieren und dadurch das Zusammengehörigkeitsgefühl in räumlich oft dezentral verorteten Belegschaften zu stärken. Außerdem lassen sich durch einrichtungsübergreifende Vertretungsorgane Ressourcen sparen, weil mitbestimmungspflichtige Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder zumindest mehrere Einrichtungen desselben Trägers betreffen, nur einmal auszuhandeln und zu beschließen sind.

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