Das Arbeitsrecht ökumenischer Einrichtungen, Unternehmen und Konzerne. Regina Mathy
eine sehr enge mittel- bis langfristige Zusammenarbeit der beteiligten Unternehmen. Differenziert wird zwischen dem sog. Contractual Joint Venture, das lediglich zu der Gründung einer BGB-Gesellschaft führt und letztlich eine strategische Allianz darstellt. Demgegenüber gründen im Rahmen des sog. Equity Joint Ventures mehrere Unternehmen zusammen ein rechtlich selbstständiges Unternehmen.170 Im Gegensatz zu einem gemeinsamen Betrieb fallen beim Gemeinschaftsunternehmen die Anstellungs- und die Betriebsträgerschaft zusammen.
Rechtlich wird das Equity Joint Venture in der Regel zweistufig ausgestaltet (Doppelgesellschaft): Die Zusammenarbeit erfolgt auf Basis eines Joint-Venture Vertrages, durch den eine GbR in Form einer Innengesellschaft begründet wird.171 Daneben sind die Gesellschafter der Innen-GbR Gesellschafter des Gemeinschaftsunternehmens. Die Rechtsträgerschaft kann originär von den beteiligten Kirchen gemeinsam übernommen werden. Als Rechtsformen kommen ebenfalls der Verein, die GbR oder die – für das Gemeinschaftsunternehmen übliche – GmbH172 in Betracht.
b) Fusion
Durch eine Fusion werden die beteiligten Rechtsträger rechtlich zu einer gemeinsamen Einheit geführt.173 Damit geht die rechtliche Selbstständigkeit eines oder beider Unternehmen verloren.174 Die vormals beteiligten Rechtsträger bestehen nicht selbstständig fort.175 Es kommt zur Bildung eines eigenen gemeinsamen und umfassenden Rechtsträgers. Dieser kann beispielsweise in Form eines eingetragenen Vereins (e.V.), einer GmbH oder einer Stiftung durch Vereinigungen bekenntnisverschiedener Kirchen entstehen. Auf diese Weise können Unternehmens- und teilweise sogar Konzernstrukturen aufgebaut werden. Eine Fusion ist vom verfassungsrechtlich garantierten Selbstbestimmungsrecht gedeckt, allerdings müssen auch nach der Fusion weiterhin die für eine Zuordnung zu einer Kirche erforderlichen Merkmale gegeben sein.176
c) Gesellschafts- und arbeitsrechtliche Implikationen
Im Falle der Zusammenarbeit auf Basis eines (einfachen) Kooperationsvertrags oder im Wege einer strategischen Allianz bleiben die Arbeitsverhältnisse bei den jeweils beteiligten Rechtsträgern bestehen. Anders verhält es sich hingegen bei Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens sowie im Falle der Fusion. Die gesellschafts- und arbeitsrechtlichen Implikationen von Umstrukturierungen können an dieser Stelle nur angerissen werden.177 Eine Umstrukturierung unterliegt im Regelfall den Regelungen des UmwG.
Zur Schaffung ökumenischer Rechtsträger kommt insbesondere eine Umwandlung durch Verschmelzung oder Spaltung in Betracht: Sollen nur einzelne Vermögenswerte übertragen werden, erfolgt eine Übertragung im Wege der Spaltung. Dabei werden drei Arten der Spaltung unterschieden: Aufspaltung (§ 123 Abs. 1 UmwG), Abspaltung (§ 123 Abs. 2 UmwG) und Ausgliederung (§ 123 Abs. 3 UmwG). Eine Spaltung kann entweder erfolgen, indem ein bereits bestehender Rechtsträger einen durch Spaltung übertragenen Gegenstand aufnimmt (Spaltung durch Aufnahme) oder ein neu entstandener Rechtsträger, der die durch die Spaltung getrennten Vermögensteile aufnimmt (Spaltung zur Neugründung).178 Eine Spaltung ist dabei immer mit einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge verbunden, § 131 I Nr. 1 UmwG. Die Vermögensbestandteile gehen dabei auf den übernehmenden Rechtsträger über, wodurch dieser in die Rechtsstellung des oder der übertragenden Rechtsträger eintritt.179
Bei einer Verschmelzung wird das Vermögen mehrerer Rechtsträger als Ganzes unter Auflösung der übertragenden Rechtsträger auf einen übernehmenden Rechtsträger übertragen (§ 2 UmwG). Die Verschmelzung kann entweder als Verschmelzung zur Aufnahme (§ 2 Nr. 1 UmwG) oder als Verschmelzung zur Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG) erfolgen. Verschmelzungsfähige Rechtsträger sind gemäß § 3 Abs. 1 UmwG unter anderem die GmbH (Abs. 1 Nr. 2), aber auch der e.V. (Abs. 1 Nr. 4). Eine Verschmelzung durch Aufnahme läge vor, wenn ein von einer evangelischen Kirchengemeinde (bspw. in der Rechtsform eines e.V.) betriebener Kindergarten einen von einer katholischen Kirchengemeinde betriebenen Kindergarten ebenfalls in der Rechtsform des e.V. aufnimmt. Eine Verschmelzung zur Neugründung läge indes vor, wenn beide Rechtsträger aufgelöst und in einen neu gegründeten „ökumenischen Kindergarten e.V.“ übertragen würden.
Die arbeitsrechtlichen Folgen einer Umwandlung ergeben sich aus den §§ 322 bis 325 UmwG. Sowohl eine Verschmelzung als auch eine Aufspaltung sind mit dem Übergang von Arbeitsverhältnissen verbunden, soweit die übertragenden Rechtsträger bestehen bleiben.180 Auch bei einer Abspaltung oder Ausgliederung kann es zu einer Übertragung von Arbeitsverhältnissen kommen, sofern § 613a BGB gemäß § 324 UmwG eingreift.181 Hiervon ist der bloße Anteilserwerb (share deal) abzugrenzen. Dadurch erwerben natürliche bzw. juristische Personen Gesellschaftsanteile einer Kapitalgesellschaft. Am rechtlichen Bestand des Unternehmens ändert sich hierdurch nichts. Der alte Arbeitgeber bleibt derselbe und es liegt kein Fall des § 613a BGB vor.
4. Neugründung eines ökumenischen Rechtsträgers
Nicht verwechselt werden dürfen die Neugründung als Unterform der Fusion (Verschmelzung), die aus bestehenden konfessionellen Einrichtungen hervorgeht und eine schlichte Neugründung einer ökumenischen Einrichtung, ohne dass zuvor überhaupt konfessionelle Einrichtungen bestanden. Die Rechtsträgerschaft kann originär von den beteiligten Kirchen gemeinsam übernommen werden.182 Als Rechtsformen kommen ebenfalls der Verein, die GbR oder eine GmbH in Betracht.
5. Zwischenergebnis
In der Vergangenheit erfolgte und erfolgt vielfach eine arbeitsteilige Zusammenarbeit der Kirchen auf Basis einer verbindlich geregelten Kooperation der beteiligten Träger in Form einer Arbeitsgemeinschaft (strategische Allianz). Zukünftig wird – nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen – auch über andere Formen der Zusammenarbeit nachgedacht werden müssen. Dabei kommt insbesondere die Fusion bestehender konfessioneller Einrichtungen bzw. die Neugründung eines ökumenischen Rechtsträgers in Betracht. Die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens bei Fortbestehen der beteiligten Rechtsträger sowie die Fusion, ohne dass die beteiligten Rechtsträger fortbestehen, können auf unterschiedliche Weise erfolgen. Hiermit sind gesellschaftsrechtliche und vor allem arbeitsrechtliche Implikationen verbunden – allen voran gemäß § 324 UmwG bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 613a BGB ein Betriebsübergang, der zum Übergang der Arbeitsverhältnisse auf den ökumenischen Rechtsträger führt.
Formen der Zusammenarbeit183
Fusion | Hohe Bindungsintensität, geringe Autonomie | Ein Unternehmen verliert hierbei seine rechtliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit. |
Gemeinschaftsunternehmen | Hohe Bindungsintensität, geringe Autonomie | Es kommt zur Gründung eines neuen Rechtsträgers, wobei die beteiligten Unternehmen ihre Selbstständigkeit bewahren. |
(Strategische) Allianz | Mittlere Bindungsintensität, geringe Autonomie | Die Selbstständigkeit der beteiligten Unternehmen bleibt erhalten, enge mittel- bis langfristige Zusammenarbeit. |
(einfacher) Kooperationsvertrag | Geringe Bindungsintensität, hohe Autonomie | Es handelt sich um eine kurzfristige Verbindung zweier oder mehrerer Unternehmen. |
III. Rechtsträgerschaft der Zusammenarbeit
Die verschiedenen Handlungsalternativen einer ökumenischen Zusammenarbeit sind danach zu differenzieren, ob ein gemeinsamer Rechtsträger gebildet wird oder die bisherigen Rechtsträger fortbestehen und lediglich eine gemeinsame Einrichtung betreiben. Insofern ist eine (ökumenische) Rechtsträgerschaft von einer Trägerschaft