Harald Harst Krimis: Über 70 Kriminalromane & Detektivgeschichten in einem Buch. Walther Kabel

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mit den Zähnen langsam zu zerkauen und die Stücke hinunterzuwürgen. Von meinem Knebel ist nur noch gerade so viel übrig, um Palperlon vorzutäuschen, ich hätte noch die ganze Leinwandkugel im Munde. – Übrigens dürfte Palperlon seinen Vorschlag hinsichtlich der Million völlig ernst gemeint haben. Ich glaube, so langsam beginnt er doch einzusehen, daß seine Verbrecherlaufbahn ein böses Ende durch mich nehmen könnte. Er möchte wohl in der Tat sich zur Ruhe setzen. Nun – das wird auch geschehen. Nur in anderer Weise, als er denkt. Sollte er hier gefaßt werden, dann sorge ich dafür, daß er in eine der Mörderzellen des neuen Gefängnisses in Kapstadt kommt. Dort ist ein Ausbrechen unmöglich. – So, nun wollen wir abwarten. Ich rechne damit, daß gegen 9 Uhr Garner die Villa umzingelt haben kann. Harre also die eine Stunde schon noch aus, mein Alter.“

      Ach – wie leicht ließen sich jetzt die Schmerzen ertragen! Aber auch – ach, wie furchtbar war dann die Enttäuschung und das Entsetzliche, was wir in bangen Sekunden erlebten.

      Ich war vor Erschöpfung, Schmerzen und Abspannung in eine Art Halbschlaf versunken. Mit einem Male schreckte ich auf. Die Kellertür war mit leisem Krach ins Schloß gefallen. Ich öffnete die Augen, sah Palperlon mit der Laterne, der gerade den Schlüssel im Schloß umdrehte. Dann trat er auf Harst zu, leuchtete ihm ins Gesicht.

      „Haben Sie die Polizei herbestellt?“ fragte er mit unheimlicher Ruhe.

      Ich beobachtete, wie Harst nickte.

      „Ah! – Also haben Sie damit selbst Ihr Todesurteil unterzeichnet!“ rief Palperlon leise. „In demselben Moment, wo die Häscher an die Tür donnern, gibt es hier zwei Tote!“

      Er stellte die Laterne auf das eine Faß.

      Mir trat eisiger Schweiß auf die Stirn. Garner mußte die Umzingelung geradezu lächerlich ungeschickt vorgenommen haben! – Ich hatte nur einen Wunsch, daß man uns hier unten nicht suchen möchte! Aber das war ein ziemlich zweckloses Wünschen! – Ich schaute nach Harst hin Er – hatte die Augen mit den Lidern bedeckt! Sein Gesicht verriet auch nicht eine Spur von Aufregung.

      Minuten verstrichen. Palperlon hatte jetzt in der Rechten einen Revolver, lehnte am Türrahmen und starrte vor sich hin.

      Dann – Harst hatte den Rest des Knebels mit der Zunge wieder herausgestoßen, begann zu sprechen.

      „Palperlon, ich würde Sie hier vielleicht schonen!“ sagte er gelassen.

      Der Verbrecher fuhr hoch. Er mußte mit seinen Gedanken in weiten Fernen gewesen sein.

      „Hören Sie mich ruhig an, Palperlon. – Niemand hier weiß, daß Sie Palperlon sind. Mein Wort darauf. Ebenso wenig weiß jemand bisher, wer der Dieb ist. Ich hatte nur Anweisung gegeben, das ganze Dienstpersonal Fitzgeralds zu verhaften, falls wir bis heute 8 Uhr morgens den Ingenieur Treebram nicht angeläutet haben sollten. Das ist die volle Wahrheit.“

      Palperlon trat einen Schritt vor. Man merkte, daß er erleichtert aufatmete.

      „Ich glaube Ihnen, Herr Harst,“ sagte er hastig. „Was weiter?“

      „Nun – unter diesen Umständen wäre es doch ein Unsinn, wenn Sie uns hier erschießen wollten. Sie haben die „Rose von Rondebosch“ gestohlen. Händigen Sie sie mir aus, und Ihnen wird dieses Diebstahls wegen nichts geschehen. Ich werde dann weiter verschweigen, wer Sie sind und wer der Dieb gewesen ist. Ich könnte Ihnen diese Schonung aber nur dann angedeihen lassen, wenn Sie mir versichern, daß Sie hier nicht etwa noch andere Schandtaten begangen haben oder begehen wollen. Geben Sie diese Versicherung ab, die natürlich auch auf Wahrheit beruhen muß, dann bewillige ich Ihnen eine Woche, um von hier zu verschwinden. Nach diesen acht Tagen sind wir Feinde wie bisher. – Schnell – entscheiden Sie sich! Sie müssen uns losgebunden haben, bevor man hier eindringt. Nur dann kann ich alles harmlos erklären.“

      „Und die Millionen dort in dem Mauerversteck?“ fragte Palperlon schnell.

      „Die gehen Ihnen allerdings verloren. Aber was besagt das gegenüber der Aussicht, als freier Mann Kapstadt zu verlassen!“

      Palperlon hatte die Lippen aufeinander gepreßt. Er kämpfte mit sich. Dann rief er:

      „Gut – es sei! Ich versichere, daß ich hier lediglich den Edelstein gestohlen habe!“

      „Und ich,“ erklärte Harst nun, „gebe Ihnen mein Wort, meine Zusagen zu halten, falls diese Versicherung richtig ist. – So. Simpson nun schnell! Schneiden Sie uns los. Es ist höchste Zeit. Ich höre oben im Hause bereits Schritte.“

      Palperlon gehorchte, reichte dann Harst den Edelstein und meinte: „Ein schlechtes Geschäft für mich! Nun kann ich von vorn anfangen. All mein sauer verdientes Geld bin ich los!“

      Nichts bewies die geradezu ungeheuerliche Abgebrühtheit dieses Verbrechers besser als dieser Ausspruch!

      Wir gingen jetzt nach oben. Die Kellertreppe mündete im Hausflur. Kaum waren wir hier angelangt, als links eine Tür aufgerissen wurde. Inspektor Garner stand vor uns, prallte sofort zurück, rief:

      „Ah – da sind Sie ja!“ Dann runzelte er ärgerlich die Stirn. „Herr Harst, was soll dies alles bedeuten? Wozu mußte ich –“

      Hinter ihm tauchten Fitzgerald und Treebram auf.

      „Gott sei Dank!“ meinte Fitzgerald. „Ich war Ihretwegen schon in ernstester Sorge, meine Herren!“

      „Das war unnötig,“ erklärte Harst mit liebenswürdigem Lächeln. „Der wackere Simpson hatte uns bei sich versteckt, unten im Keller. Wir haben leider die Zeit verschlafen. Bitte, Master Garner, falls die beiden weiblichen Dienstboten und die Diener bereits verhaftet sein sollten, geben Sie sie wieder frei. Der Edelstein hat sich schon gefunden. – Treten wir doch hier in Simpsons Wohnzimmer ein. Oder besser, gehen wir in die Villa hinüber. Ich wäre für ein Glas Wein dankbar, Master Fitzgerald, und auch der brave Simpson hat eine Herzstärkung verdient.“

      Harst schauspielerte so glänzend, spielte so sehr den harmlos Vergnügten, daß er selbst mich täuschte.

      Fitzgerald rief jetzt sofort: „Der Stein gefunden? Wo – wo ist er?! Wo?!“

      „Hier – bitte!“ lachte Harst und hielt dem Überglücklichen die prachtvolle Rose von Rondebosch hin.

      Fitzgerald griff danach „Sekt trinken wir, Sekt!“ meinte er strahlend. „Kommen Sie – kommen Sie. Auch Simpson soll ein Glas haben – meinetwegen!“

      Gleich darauf waren wir sechs im Salon versammelt. Simpson-Palperlon war bescheiden neben der Tür stehen geblieben. Fitzgerald reichte Zigarren, meinte: „Hier Simpson, – bitte! Bedienen Sie sich auch.“

      Harst war plötzlich mit einem Satz hinter Simpson gesprungen, umschlang ihn, rief Garner zu: „Handschellen her, Inspektor!“

      Palperlon war so überrascht, daß er sich zu spät zur Wehr setzte. Die Fesseln schnappten ins Schloß. Er war gefangen.

      Die Salontür ging auf. Die beiden Schwarzen trugen die Leiche Pooks auf einer Matratze herein. Auf einen Wink Harsts setzten die Neger die Matratze in der Mitte des Zimmers ab und entfernten sich dann wieder.

      Dann begann Harst in knappen Worten zu schildern, wie sein Verdacht sich auf Simpson, den Mann mit dem künstlichen Buckel, mit falschem Bart und Perücke, gelenkt habe. Er erwähnte, daß Pook derjenige gewesen, der Simpson-Palperlon vor drei Jahren den Diebstahl des Steines unmöglich gemacht hätte, und daß Pook Simpson auch mit der Reitpeitsche geschlagen hätte.

      „Palperlon!“ fuhr er dann fort, „Sie wollten nicht nur diese eine Rache haben, daß Pook als Dieb der „Rose von Rondebosch“ vor der Öffentlichkeit galt. Nein – Sie hatten noch eine andere Rache vorbereitet! Sie haben Pook in Kapstadt gestern vormittag in einer Verkleidung einen Basuto-Götzen verkauft, den Sie in ganz besonderer Weise hergerichtet hatten. Sie schlugen den Unterteil der Tonstatue ab, brachten im Innern eine Nadel so an, daß der, der durch das Loch im Rücken des Götzen mit dem Finger hineinfühlte, sich stechen mußte. Um nun Pook zu verleiten, dies zu tun, sperrten Sie in die Statue einen großen Käfer ein. Dann leimten


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