Luzifer junior 1 - Zu gut für die Hölle. Jochen Till
n Till
Luzifer junior (Band 1) – Zu gut für die Hölle
Mörder kriegen keine Erdnüsse
Ich. Ich war das, Papa.
»BIN ICH DENN NUR VON STÜMPERN UMGEBEN? VERFLUCHT NOCH MAL! WIE SCHALTET MAN DAS DENN AUS? STEVEN? STEVEN!«
»Ja, Chef?«
»DU HAST DOCH DEN GANZEN NEUMODISCHEN QUATSCH HIER INSTALLIERT! WIE SCHALTET MAN DAS AUS?«
»Sie müssen einfach nur die Stopp-Taste drücken.«
»DIE STOPP-TASTE? WELCHES IST DENN DIE STOPP-TASTE? DIE MIT DEM PFEIL?«
»Nein, die daneben. Die mit dem Kästchen.«
Unfassbar, oder? Mein Vater weiß nicht einmal, wie eine stinknormale Stopp-Taste aussieht. Und er ist der oberste Boss hier.
»DAS FUNKTIONIERT NICHT! JETZT IST ES NOCH LAUTER GEWORDEN!«
Klar. Weil ich die Tasten vertauscht habe.
»Kann nicht sein«, sagt Steven. »Mein Computersystem ist das beste der Welt. Wenn man da auf die Stopp-Taste drückt, dann stoppt die Musik auch.«
»Da stoppt überhaupt nichts. Guck doch selbst! Die tanzen da unten! Die haben SPASS! Das geht nicht! Das verstößt gegen die Hauptdirektive! Hier gibt es keinen Spaß! Wir sind das Gegenteil von Spaß! Das muss aufhören! Mach was, Steven! Und zwar sofort! Sonst kannst du für den Rest der Ewigkeit Fenster putzen!«
»Nein, bitte nicht!«, jammert Steven. »Bloß keine Fenster! Lassen Sie mich mal da ran, Chef. Das haben wir gleich.«
»Beeil dich! Wenn sich das rumspricht, kommen wir alle in Teufels Küche! Und ihr wisst genau, was passiert, wenn ich anfange zu kochen!«
Oh ja, das wissen wir. Mir ist jetzt noch schlecht vom letzten Mal. Nichts gegen ein bisschen Schwefel, aber Pfannkuchen muss man nicht unbedingt daraus machen.
»Ich habe den Fehler gefunden«, sagt Steven. »Da hat jemand die Tasten vertauscht.«
»Die Tasten vertauscht? Du meinst absichtlich? Das ist Sabotage! Wer macht denn so was?«
»Hm«, sagt Steven nachdenklich. »Ich kenne hier eigentlich nur einen außer mir, der sich mit Computern auskennt. Und das ist …«
»LUZIE! Diese hinterhältige kleine Kröte!«
Falsch. Ich heiße nicht Luzie, sondern Luzifer. Genau wie er. Luzifer junior, um korrekt zu sein. Und ich bin auch keine Kröte, sondern sein Sohn. Jawohl, ich bin ein Kind des Teufels. Satans Fleisch und Blut. Der Spross des Leibhaftigen, des Höllenfürsten und wie auch immer er sonst noch genannt wird. Ich weiß, das klingt erst mal unglaublich cool. Ist es aber nicht. Wer hat schon gern den fiesesten Typ der Welt zum Vater? Dabei ist er gar nicht so gemein, wie alle immer denken. Das ist nur seine Arbeit. Leute bestrafen, arme Seelen quälen, tagein, tagaus, vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, ein echter Knochenjob. Wahrscheinlich wird man da automatisch fies. Obwohl er eigentlich so gut wie gar nichts selbst macht, die Drecksarbeit erledigen seine Angestellten. Es sei denn, es geht darum, mich zu bestrafen, wenn ich Mist gebaut habe. Das übernimmt er jedes Mal höchstpersönlich. Was ziemlich oft vorkommt. Weil ich ihm nicht böse genug bin. Was auch leider stimmt. Ich wäre ja gerne so böse wie er. Aber ich schaffe es einfach nicht. Obwohl ich es immer wieder versuche. Manchmal klappt es sogar. So wie bei den Tierquälern in Abteilung 7b. Okay, bei denen fiel es mir auch nicht schwer, fies zu sein. Ich hasse diese Typen, die sind echt der letzte Abschaum. Und deswegen darf jetzt jeder einzelne dieser Mistkerle pausenlos bis ans Ende der Zeit die Höllenhundkacke in unserem Vorhof wegmachen. Mit bloßen Händen. Ohne Handschuhe. Mit einer Katze auf dem Kopf, die denkt, er wäre ein Kratzbaum. Das war meine Idee. Und da war Papa auch mächtig stolz auf mich. Was heute sicher nicht der Fall sein wird. Denn mit den Jungs von Abteilung 27 ist das anders. Diese Art von Folter hat wirklich niemand verdient. Meine Aktion wird sie sicher nicht retten, aber wenigstens konnten sie mal kurz verschnaufen. Wir befinden uns zwar in der hochoffiziellen Hölle, aber selbst hier sollte ab und zu mal eine Pause erlaubt sein, finde ich. Ist es aber nicht. Und deswegen kriege ich gleich richtig Ärger. Sobald Papa mich erwischt, macht er mich ordentlich zur Schnecke. Und das meine ich wörtlich.
»Wo ist dieser Satansbraten? LUZIE!«
Wo ich bin? Direkt unter seinem Schreibtisch.
»Hihi«, kichert Steven. »Satansbraten. Der war gut, Chef.«
»Fenster, Steven«, knurrt mein Vater. »Ich sage nur: Fenster. LUZIE! KOMM SOFORT HIERHER!«
Ich bin doch schon da. Hier unten. Direkt vor seinen Hufen. Zum Glück habe ich die nicht von ihm geerbt. Ich habe ganz normale Füße. Und keine Hörner. Wobei die bei ihm auch nicht immer zu sehen sind. Sie werden je nach schlechter Laune länger oder kürzer. Jede Wette, jetzt sieht man sie gerade sehr deutlich.
»LUZIE! ICH SAG’S NICHT NOCH MAL! DU WEISST GENAU, WAS PASSIERT, WENN DU NICHT SOFORT HIERHERKOMMST!«
Ja, das weiß ich. Dann krieche ich für den Rest des Tages als glibberige Schnecke durch die Gegend. Aber das passiert auch, wenn ich nicht komme.
»Diese verflixte kleine Mistratte! Na warte! Steven, welche Taste muss ich drücken, wenn ich Cerberus rufen will?«
»Die mit dem kleinen Hund drauf«, antwortet Steven. »Habe ich extra für Sie entworfen, Chef. Sie können ihm aber auch eine Nachricht über HellsApp© schreiben. Das habe ich letzte Woche installiert und jetzt nutzt es schon jeder Zweite hier. Das ist wie SMS, nur schöner.«
»Du immer mit deiner modernen Technik«, knurrt mein Vater. »Wieso soll ich denn meinem Höllenhund eine SMS schreiben, wenn ich genauso gut nach ihm brüllen kann? CERBERUS! SOFORT ZU MIR! BEI FUSS!«
Okay, das war’s dann für mich. Cerberus findet jeden. Er ist der beste Höllenhund, der hier rumläuft. Und der liebste. Das darf mein Vater aber nicht wissen. Er denkt, Cerberus schnappt jeden Ausreißer, weil er ihn fressen will. Dabei will er einfach nur gestreichelt werden. Weil aber alle Angst vor ihm haben, streichelt ihn natürlich keiner, und aus Enttäuschung beißt er sie dann. Bei mir weiß er aber ganz genau, dass er gestreichelt wird. Er hat übrigens keine drei Köpfe, wie immer alle denken. Es sind nur zwei, einer vorne und einer hinten, oder umgekehrt. Jedenfalls ist einer süßer als der andere. Aber welcher das ist, sage ich nicht, sonst wird der andere eifersüchtig.
Keine Minute später höre ich Cerberus’ fröhliches Bellen.
»Da bist du ja endlich«, brummt mein Vater. »Ich habe einen Auftrag für dich. Luzie hat sich mal wieder einen seiner dummen Scherze erlaubt. Such ihn und bring ihn sofort hierher. Du darfst ihm auch ruhig unterwegs irgendwas abbeißen. Wächst ja wieder nach.«
Das stimmt. Ich bin nämlich wie Papa unsterblich. Das habe ich herausgefunden, als ich mal mit den Bombenbauern aus Abteilung 47 gespielt habe, und mein Kopf explodiert ist. Unsichtbar bin ich aber leider nicht.
»LOS! SUCH LUZIE!«, befiehlt mein Vater seinem Höllenhund. Im nächsten Augenblick höre ich, wie Cerberus’ Krallen an der Frontseite des Schreibtischs scharren.
»DOCH NICHT DA!«, brüllt mein Vater. »DUMMER HUND! DUMMER, DUMMER HUND!«
Cerberus läuft um den Schreibtisch herum und fängt an, aufgeregt zu bellen. Er hat mich entdeckt und versucht, an Papas Beinen vorbei zu mir zu kommen. Dann springt er auf Papas