Luzifer junior 1 - Zu gut für die Hölle. Jochen Till

Luzifer junior 1 - Zu gut für die Hölle - Jochen Till


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und ziehe mir die Decke über den Kopf. »Das hast du vielleicht geträumt. Lass mich schlafen.«

      »Cornibus träumt nicht. Luzie aufstehen. Tiemvermietung.«

      Wie bitte? Tiemvermietung? Was soll das denn sein? Ich glaube, ich muss wieder öfter mit ihm sprechen üben. Hausdämonen lernen leider nur sehr schwer sprechen. Mit Cornibus habe ich von Anfang an geübt, er kann mehr als die meisten seiner Artgenossen, aber manchmal bringt er noch Sachen durcheinander. »Das Wort Tiemvermietung gibt’s nicht, Cornibus. Lass mich schlafen. Mir ist noch ganz schlecht von gestern.«

      Und wie. Mit dieser Fußball-Nummer hat sich mein Vater echt selbst übertroffen. Der Weg zurück in mein Zimmer war die reinste Tortur. Sechs Stunden lang bin ich kreuz und quer durch die Hölle gekullert. Drei davon habe ich fast ausschließlich durch die Luft fliegend verbracht, weil ich während der Mittagspause in die Cafeteria gerollt bin. Die Folterknechte haben sich natürlich sofort auf mich gestürzt und ein kleines Match gegen die Leute aus der Küche veranstaltet. Labskaus, unser Chefkoch-Dämon, stand im Tor und hat mich zweimal verschluckt. Jetzt weiß ich, wie er von innen aussieht – und zwar komplett, denn rausgekommen bin ich jeweils hinten. Nicht schön. Als ich dann endlich in mein Zimmer gerollt bin, hat sich Cornibus vor Freude sofort in einen Seehund verwandelt und mich zwanzig Minuten lang auf seiner Nase tanzen lassen. Nun weiß ich übrigens, dass Fußbälle nicht kotzen können. Dafür habe ich dann die erste halbe Stunde nach meiner Rückverwandlung vor der Kloschüssel kniend verbracht. Eins steht fest: So schnell werden die Jungs aus Abteilung 27 nicht mehr Metallica hören.

      »Luzie nicht schlafen«, nervt Cornibus weiter. »Cornibus Luzie wecken. Gestern gesagt. Tiemvermietung. Wichtig. Tiemvermietung.«

      »Es ist zehn vor sieben Uhr morgens, Cornibus«, grummele ich nach einem Blick auf die Uhr. »Selbst, wenn ich wüsste, was eine Tiemvermietung ist, würde ich ganz sicher nicht dafür aufstehen.«

      Ich bin mir sicher, niemand würde für eine Tiemvermietung aufstehen. Nicht mal der CEO. Oder mein Vater. Wobei, der schläft sowieso so gut wie nie. Der ist ganz sicher jetzt schon wach und sitzt bei einem dieser Team-Meet…

      »Oh, verdammt!«, rufe ich und schnelle mit dem Oberkörper hoch. »Das Team-Meeting!«

      »Hat Cornibus gesagt. Tiem-Mieting. Luzie aufstehen.«

      »Nein, das hast du nicht gesagt!«, erwidere ich und springe hektisch aus dem Bett. »Du hast Tiemvermietung gesagt! Das ist was ganz anderes! Das gibt’s nämlich gar nicht!«

      Cornibus verwandelt sich zurück in seine Dämonengestalt.

      »Tiem-Mieting. Cornibus doch nicht blöd.«

      Daran müssen wir auch noch arbeiten. Er gibt es nie zu, wenn er etwas falsch gesagt oder ausgesprochen hat. Und dann hat es auch keinen Sinn, mit ihm darüber zu diskutieren. Wobei ich dafür sowieso gerade keine Zeit habe.

      »Ja, von mir aus«, sage ich deshalb. »Hast du meine Schuhe irgendwo gesehen? Ah, da sind sie ja!«

      Ich schlüpfe schnell in meine Schuhe und werfe einen Blick auf die Uhr. Fünf Minuten noch. Das müsste ich schaffen. Mein Vater legt sehr viel Wert auf Pünktlichkeit. Und ich lege sehr viel Wert darauf, nicht wieder als Fußball zurückzukommen.

      »Ich muss los, Cornibus!«, sage ich. »Danke fürs Wecken!«

      »Cornibus mitkommen?«, fragt er mit erwartungsvoller Miene.

      Oje, jetzt geht das wieder los. Er will immer überallhin mitkommen. Manchmal nehme ich ihn ja sehr gerne mit, aber heute kann ich ihn so gar nicht gebrauchen. Ihm wird nämlich schnell langweilig und dann stellt er irgendwelchen Blödsinn an. Und wenn ich gleich bei dem Team-Meeting irgendetwas nicht gebrauchen kann, dann ist das ein auf den Tisch kackender Pinguin oder Ähnliches.

      »Nein, Cornibus«, sage ich. »Diesmal nicht, tut mir leid.«

      »Cornibus auch ganz brav. Macht keinen Unflug.«

      »Unfug, Cornibus. Das heißt Unfug. Und du machst immer Unfug.«

      »Heute nicht. Cornibus ganz brav. Kein Unflug. Guck.«

      Er verwandelt sich in einen Dackel und legt den entsprechenden Blick dazu auf.

      »Das hilft dir leider auch nicht«, sage ich lachend. »Es geht wirklich nicht, Cornibus. Das ist mein erstes Team-Meeting, das ist sehr wichtig. Ich mache später etwas mit dir, okay?«

      »Okay«, sagt er seufzend und verwandelt sich wieder zurück. »Cornibus warten bis später. Versprochen?«

      »Versprochen«, sage ich. »Aber jetzt muss ich flitzen! Bis nachher!«

      Ich schließe die Tür hinter mir und hechte zum nächsten Aufzug. Ein kurzer Blick auf die Uhr, noch drei Minuten, das wird knapp. Unser Konferenzraum ist auf Level 77. Hoffentlich hält das Ding jetzt nicht wieder auf jeder Etage an. Ich habe Glück, es steigt nur auf Level 32 noch jemand ein. Es ist einer unserer Buchhalter-Dämonen. Er glotzt mich die ganze Zeit an und kichert blöde. Sehr seltsam, normalerweise lachen diese Jungs nie. Na ja, egal, Hauptsache, ich komme pünktlich.

      Ich spurte die letzten Meter. Als ich am Konferenzraum ankomme, sehe ich durch die große Glastür, dass schon alle da sind. Nur neben meinem Vater ist noch ein Platz frei, der ist wohl für mich gedacht. Papa schaut grimmig auf die große Wanduhr und trommelt dabei ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch herum. Ich öffne die Tür.

      »Ich bin da!«, rufe ich. »Und ich bin pünktlich!«

      Alle Köpfe drehen sich zu mir. Sie starren mich mit großen Augen an, dann schauen sie zu meinem Vater, der mich ebenfalls anstarrt. Nach einer Sekunde völliger Stille fangen plötzlich alle an, lauthals zu lachen. Sie kriegen sich kaum noch ein und einige rutschen sogar von ihren Stühlen, weil sie sich nicht mehr halten können vor Lachen. Okay, irgendjemand muss wohl einen richtig guten Witz erzählt haben, kurz bevor ich reingekommen bin.

      »Darf ich mitlachen?«, frage ich. »Worum geht’s denn?«

      Das Gelächter wird noch lauter.

      »Er will mitlachen!«, grölt mein Vater. »Steven! Sorg dafür, dass er mitlachen kann!«

      Steven steht auf und richtet sein Schrei-Phone auf mich. Dann tippt er kurz auf dem Display herum und im nächsten Augenblick erscheine ich in Lebensgröße auf dem riesigen Monitor rechts an der Wand. Oh, verdammt. Jetzt weiß ich, warum die alle lachen. Ich habe in der Hektik meinen Schlafanzug angelassen. Und es ist ausgerechnet der orangefarbene mit den bunten Schäfchen. Cornibus, dieser kleine Halunke! Er hat doch ganz genau gesehen, dass ich den Schlafanzug noch anhabe, aber gesagt hat er nichts. Na warte, das kriegst du zurück.

      »Bist du dir sicher, dass du wirklich hier bist?«, fragt mein Vater lachend. »Vielleicht träumst du ja noch?«

      Ganz sicher nicht. Die Röte in meinem Gesicht fühlt sich zu echt an. Das ist jetzt schon oberpeinlich, ausgerechnet bei meinem allerersten Team-Meeting.

      »Okay, genug gelacht«, sagt mein Vater kurze Zeit später und alle hören schlagartig auf zu lachen. »Wir sind ja nicht zum Spaß hier. Luzie, setz dich.«

      Ich nehme neben meinem Vater Platz und schaue mich erstmal in Ruhe um. Die meisten der Anwesenden kenne ich, zumindest vom Sehen. Links von uns sitzen die Leiter der Abteilungen eins bis zehn, also die wichtigsten. Rechts vorne sitzt Onkel Gabriel, Papas Stellvertreter. Er ist irgendwie zuständig für alles, worauf mein Vater keine Lust hat, Abrechnungen und Geld und so. Neben ihm sitzt Fluxus, unser Mann für die Logistik. Er sorgt zum Beispiel dafür, dass es immer genug zu essen hier unten gibt. Und Klopapier. Und alles Mögliche, was man sonst noch so braucht. Die drei Dämonen


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