Luzifer junior 1 - Zu gut für die Hölle. Jochen Till

Luzifer junior 1 - Zu gut für die Hölle - Jochen Till


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diese verflixten Kosten«, knurrt mein Vater und seine Hörner wachsen ein ganzes Stück. »Wie soll ich denn eine ordentliche Hölle führen, wenn mir die Mittel fehlen? Da helfen die schönsten Ideen nichts. Was machen wir denn jetzt mit den Alleinunterhaltern?«

      »Ich hätte da einen Vorschlag«, sage ich.

      Vielleicht erspart mir ja eine gute Idee doch noch dieses komische Internat.

      »Du?«, fragt mein Vater mit grimmiger Miene. »Was willst du machen? Ihnen deinen Schlafanzug leihen?«

      Ich ignoriere diesen lahmen Witz und beuge mich nach vorne.

      »Stromschläge«, sage ich. »Wir lassen sie einen sehr schwierigen Song spielen. Zum Beispiel Bohemian Rhapsody von Queen. Das kriegt niemand richtig hin, schon gar nicht den Gesang. Und jedes Mal, wenn sie sich verspielen oder falsch singen, schicken wir einen Stromschlag auf die Tasten. 1000 Volt oder so. Jede Wette, es wird Stunden dauern, bis sie das Lied fertig gespielt haben. Und dann müssen sie gleich wieder von vorne anfangen.«

      Mein Vater kratzt sich nachdenklich am Kinn.

      »Ich muss zugeben, das ist nicht schlecht«, sagt er nach einer gefühlten Ewigkeit.

      »Das ist sogar ziemlich gut«, sagt Onkel Gabriel. »Und es kostet praktisch nichts.«

      Auf sein Lob kann ich gut verzichten. Schließlich habe ich ihm dieses blöde Internat zu verdanken. Wobei er natürlich recht hat, meine Idee ist echt gut. Ich weiß nicht, wie ich darauf gekommen bin, auf einmal war sie da. Vielleicht habe ich ja doch Talent zum Bösesein und darf hierbleiben?

      »Von mir aus«, brummt mein Vater. »Dann machen wir das. Nicht schlecht für den Anfang, Junior. Wobei ich mich frage, wofür ich eigentlich eine Kreativ-Abteilung beschäftige, wenn schon mein elfjähriger Sohn bessere Ideen hat.«

      »Das ist nicht …«, sagt einer der Brillen-Dämonen, aber weiter kommt er nicht – im nächsten Augenblick zischen zwei gelbe Rauchwolken auf und die Hölle hat zwei alberne Hüte mehr.

      »Also, weiter, nächster Punkt auf der Tagesordnung«, sagt mein Vater. »Steven?«

      »Als nächstes wäre der Quartalsbericht der Finanzabteilung dran«, sagt Steven.

      »Was, echt?«, knurrt mein Vater. »Ist es schon wieder so weit? Kommt mir vor, als wäre das erst letzte Woche gewesen. Wahrscheinlich, weil es gefühlt so lang gedauert hat.«

      »Keine Sorge«, sagt Onkel Gabriel. »Diesmal geht es schneller. Steven hat mir dabei geholfen, eine digitale Präsentation mit Diagrammen vorzubereiten.«

      »Na, das klingt ja sehr spannend«, stöhnt mein Vater und lässt seinen Kopf auf den Tisch knallen. »Hast du auch digitale Kissen dabei? Die Unterlage hier ist definitiv zu hart zum Schlafen.«

      »Wir fangen mit der Grundkostenaufstellung für den Bereich Haushalt an«, fährt Onkel Gabriel unbeeindruckt fort. »Steven, bitte das erste Diagramm.«

      Auf dem Monitor erscheint ein Diagramm mit etlichen unterschiedlich farbigen Balken, die mit Zahlen versehen sind. Onkel Gabriel fängt an, die Zahlen vorzulesen und bei jeder einzelnen ausführlich zu erklären, was sie bedeutet. Mein Vater schnarcht. So viel zu meiner Hoffnung, dass er sich das mit dem Internat noch anders überlegt. Mist, verdammter. Ich will nicht auf diese bescheuerte Schule zu den lebendigen Menschen. Die sind bestimmt alle total blöd. Das Leben ist so ungerecht. Vor allem meins. Höllisch ungerecht. Seufz.

      Mach’s gut, Hölle

      »Cornibus mitkommen?«

      »Ich hab’s dir doch schon erklärt«, sage ich seufzend. »Ich darf dich nicht mitnehmen. Ich darf so gut wie gar nichts mitnehmen. Nicht mal mein Schrei-Phone.« Absolute Kontaktsperre, hat Onkel Gabriel gesagt. Ich werde ganz auf mich allein gestellt sein da oben.

      »Cornibus mitkommen!«

      »Sei froh, dass du hierbleiben darfst. Da oben ist es bestimmt stinklangweilig. Und ich hätte sowieso keine Zeit für dich, weil ich in diese blöde Schule muss.«

      Ich habe mich letzte Nacht ein bisschen schlaugemacht. Dieses Prinzip Schule ist echt das Letzte. Da muss man offenbar den kompletten Vormittag verbringen und lauter blödes Zeug lernen. Und nachmittags muss man dann noch irgendwelche Aufgaben im Haus erledigen. Und je nachdem, ob man das alles gut oder schlecht macht, kriegt man eine Zahl von eins bis sechs dafür. Ich werde versuchen, so viele Sechser wie möglich zu kriegen. 666 ist die Lieblingszahl meines Vaters – vielleicht darf ich ja früher zurück, wenn ich ihm ganz viele Sechser mitbringe.

      »Cornibus mitkommen! Schule böse! Auf Luzie aufpassen! Und Quatsch machen!«

      »Das ist lieb«, sage ich und muss lachen. »Aber ich darf da oben keinen Quatsch machen. Ich muss ganz brav böse sein.«

      »Cornibus böse! Kann Luzie helfen!«

      »Ja, ich weiß«, sage ich erneut seufzend. »Ich könnte einen Verbündeten sehr gut gebrauchen. Aber es geht nicht. Papa hat es verboten. Du musst leider hierbleiben. Onkel Gabriel wird sich um dich kümmern.«

      »Nein! Würg! Kotz! Will nicht zu Onkel Gabelmehl! Nicht lieb zu Cornibus! Immer ärgern! Cornibus bei Luzie bleiben!«

      »Tut mir leid, es geht nicht anders«, sage ich. »Ich weiß, Onkel Gabriel ist ein bisschen seltsam, aber er hat mir versprochen, gut auf dich aufzupassen. Wenn er dich zu sehr ärgert, ärgere ihn zurück, das kannst du doch gut.«

      »Gabelmehl ärgern kein Spaß. Macht Knoten in Schwanz von Cornibus. Gabelmehl böse. Aber nicht gut böse. Böse böse.«

      »Ach was, du übertreibst mal wieder. Onkel Gabriel ist …«

      In diesem Moment geht die Tür auf und Onkel Gabriel betritt mein Zimmer.

      »Was bin ich?«, fragt er.

      Cornibus faucht ihn kurz an und verschwindet unter meinem Bett.

      »Äh … der Beste«, sage ich. »Du bist der Beste, Onkel Gabriel. Zumindest, wenn du mich nicht gerade abholen und brutal aus meinem Zuhause reißen willst.«

      »Ich weiß, du bist sauer auf mich«, sagt Onkel Gabriel. »Aber glaub mir, das wird eine unvergessliche Erfahrung für dich werden, wenn du dich erst mal an die seltsamen Gepflogenheiten da oben gewöhnt hast. Apropos seltsam: Hier, das soll ich dir von Fluxus geben.« Er streckt mir eine Plastiktüte entgegen. Ich kippe den Inhalt auf meinem Bett aus und betrachte ihn skeptisch.

      »Was ist das denn?«, frage ich.

      »Das sind Unterhosen«, sagt Onkel Gabriel.

      »Unterhosen?«, frage ich verwundert. »Hab ich noch nie gehört. Was macht man denn damit?«

      »Die zieht man an. Unter der normalen Hose. Jeden Tag eine andere.«

      »Eine Hose für unter die Hose?«, wundere ich mich. »Wozu das denn? Das ist doch total ungemütlich.«

      »Frag mich nicht, die machen komische Sachen da oben. Jedenfalls musst du ab jetzt auch Unterhosen tragen, sonst fällst du auf.«

      »Muss das sein? Es sieht doch niemand, ob ich unter der Hose etwas anhabe«, erwidere ich.

      »Doch«, sagt Onkel Gabriel. »Im Internat gibt es nur Gemeinschaftsbadezimmer. Da laufen morgens immer alle in Unterhosen herum. Das solltest du dann auch machen. Und duschen.«

      »Was? Duschen? Im Ernst?«, frage ich entsetzt.

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