Oceanside Affairs. Alexandra B. Schopnie

Oceanside Affairs - Alexandra B. Schopnie


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sie für die Vorbereitung ihrer Unterrichtsstunden zu Rate zog. Ihr neues Sofa - das Stroh-Sofa, wie sie es inzwischen in Gedanken nannte - war mit blass-grauem Stoff überzogen und passte zumindest farblich gut in das Arrangement ihres Wohnzimmers. Nur bequem war es leider nicht und vor etwa drei Wochen hatte es begonnen, eigenartig zu knistern, wenn man sich setzte.

      Pete engagierte sich nicht sonderlich, wenn es um Einrichtung ging. Er mochte es, wenn Sachen ihren Platz hatten – ob sie nun aber einem farblich stimmigen Gesamtkonzept unterlagen, war ihm recht egal. Maddie erinnerte sich noch gut an ihre Abschlusszeit, in der so viele Dinge zusammengekommen waren. Während sie ihre letzten Prüfungen gehabt hatte, waren sie und Pete bereits auf Wohnungssuche gegangen. Peter McCormik, mit dem sie damals erst seit einem Dreivierteljahr zusammen gewesen war, zögerte nicht eine Sekunde, als es darum ging, diesen gemeinsamen Schritt zu gehen.

      Maddie blickte über ihren Buchrand zu ihm herüber. Er hatte braunes, lockiges Haar und haselnussbraune Augen, war schlaksig und hatte diese süßen Sommersprossen. Er konnte zwar nicht kochen, dafür aber putzen, Wäsche waschen und aufräumen. Zusätzlich war er auch noch klug, liebevoll, geduldig und lustig – ein echter Volltreffer eben. Zumindest, wenn er sich mit etwas anderem beschäftigte als mit Computern.

      Und da machte es wieder Pling, denn offenbar hatte sie nur die Benachrichtigungen über neue Follower und Kommentare ausgestellt, allerdings nicht die für die Ankündigung einer neuen Direktnachricht. Eine Push-Up-Nachricht auf dem Sperrbildschirm verriet ihr, dass Chase Anderson ihr geschrieben hatte.

      Wumms, Normalität wieder verschwunden.

      Sie würde die Nachricht nicht hier lesen, nicht neben Pete, das war nicht richtig. Maddie ließ ihr Handy in die Hosentasche gleiten und verschwand in der Bastelstube. Pete sah kaum auf, war vertieft in seine Wochenendlektüre, die meist aus einer IT-Zeitschrift bestand. Maddie spürte das Blut in ihre Wangen schießen. Die Reaktion ihres Körpers war ungefähr die eines Teenagers, dessen Schulschwarm ihn zum Abschlussball einlud.

       21.10.19, 9: 28 Uhr

      Liebe mads_v_g, wie geht es dir heute so? Ich habe an dich gedacht und wollte dir nur kurz einmal das Feedback geben, dass die Idee mit einer Folge zum Thema Mobbing auf Eis gelegt worden war, da aber dein Vorschlag so viele Likes bekommen hat, nimmt der Sender die Überlegung wieder auf. Ich persönlich finde das super, vielen Dank für dein Engagement in diese Richtung.

      Gruß, Chase Anderson

      Maddie sah auf die Uhr. Es war halb zehn morgens, sie hatten gerade gefrühstückt. Sie war sich nicht sicher, warum das gerade wichtig war – vielleicht, weil etwas zu tun, was sich verboten gut anfühlte, etwas für Freitagabende war und nicht für einen jungen Samstagmorgen. Aber es war nicht verboten, eine Nachricht zu schreiben. Auch nicht, wenn das Herz dabei höher schlug.

       21.10.19, 10: 03 Uhr

      Hallo Chase Anderson!

      Wow – eine Nachricht von dir in meinem Postkasten, da habe ich aber gestaunt. Ich freue mich über dein Feedback. Als Lehrerin ist das Thema Mobbing Teil meines Alltags, ich erlebe es in unterschiedlichster Form, und ich finde in einer Polizeiserie kann man das gut unterbringen. Außerdem stelle ich es mir witzig vor, wenn Logan und Stef beispielsweise an Logans früherer Schule ermitteln und man ein paar Flashbacks in die Vergangenheit mitbekommt!

      Und zu meinem Engagement: du bist doch derjenige, der sinnvolle Sachen teilt, die dann von Millionen gesehen werden…

      Gruß, Maddie

       21.10.19, 14: 16 Uhr

      Hallo Maddie. Dein Name ist netter zu schreiben als dein Pseudonym!

      Die Idee, Logans Schul-Vergangenheit aufzugreifen, könnte gut ankommen.

      Hoffentlich unterscheidet sie sich von meiner…

      Erzähl mir was von dir, Maddie-Superfan! Was hast du in deiner Schulzeit Dummes angestellt?

      Welche Fächer unterrichtest du denn, woher kommst du?

      Gruß aus L.A., Chase

       21.10.19, 14: 51 Uhr

      Hey!

      Also ein Teil von mir möchte dich jetzt so etwas fragen wie: „Sorry, aber ist dir etwa langweilig? Warum schreibst du mir noch?“ Der andere Teil möchte dir gern antworten und dabei das Gefühl haben, in eine ganz normale Unterhaltung zu starten. Ich versuche es also mal damit, ja?

      Ich lebe in Portland (Oregon) und unterrichte Englisch und Sport. Meine Schulzeit war arbeitsreich: ich war Cheerleaderin, das hat mir einen Teil der Uni finanziert. Eigentlich wollte ich gern Tänzerin werden, doch das hat mir mein Vater ausgeredet. So wie er mir auch meinen ersten Freund ausgeredet hat, die kurzen Röcke (zumindest die, die nicht zur Uniform gehörten), den Alkohol und die Partys. Ich war fleißig und brav in meiner Schulzeit und habe dadurch wohl einiges verpasst ;)

      Und ich interpretiere das mal so, dass deine Schulzeit etwas anders verlaufen ist, mh?

      Gruß, Maddie

       21.10.19, 15: 12 Uhr

      Liebe Maddie mit dem geheimen Namen,

      da mein Vater fünf Kinder hatte, denen er die dummen Sachen ausreden musste, kam nicht so viel bei mir an und ich hab sie alle ausprobiert. Selbst in meinem Wikipedia-Eintrag steht, dass ich ein chaotischer Schüler war…

      Ich habe mich dann aber auch auf den Sport konzentriert, das hat geholfen. Ich war allerdings kein Cheerleader im kurzen Rock (lieber Cargo-Hosen) sondern Kapitän des Rugby-Teams. Ist eine größere Sache in Australien, ein bisschen wie Football, nur weniger Regeln und weniger Helme.

      Und da man mir auf der Schauspielschule geraten hat, die aggressiv-sportliche Schiene zu fahren, ist Sport immer Teil meines Alltags geblieben.

      Tanzt du denn noch?

      Starten wir jetzt in eine normale Unterhaltung?

      Gruß, Chase

       21.10.19, 15: 21 Uhr

      Lieber Chase,

      ich gebe die Frage mal zurück: kannst du denn tanzen oder „nur“ von brennenden Gebäuden springen? ;-) Mir fehlt dazu momentan die Gelegenheit. Zum Tanzen meine ich, von Gebäuden springe ich so oder so eher selten. Ist dein Schauspielleben so spannend, wie es sich anhört?

       21.10.19, 15: 30 Uhr

      Liebe Maddie, Schauspieler sein ist auch einfach ein Beruf – sprich: ich gehe zur Arbeit, muss dort fleißig sein und gehe wieder nach Hause. Klingt das sonderlich aufregend?

       21.10.19, 15: 34 Uhr

      Chase Anderson, ich vergleiche mal eben:

      Jetsetten, Fernsehgalas, Modelshootings, Interviews, Stunts und Fans, die über deinen Po twittern (entschuldige nochmal… ist mir ziemlich peinlich, wenn ich bedenke, dass du das gelesen hast…) gehören jetzt nicht unbedingt zu meinem Job!

       21.10.19, 15: 40 Uhr

      Okay, Maddie, 1: 0 für dich. Dafür bringe ich kleinen Menschen nichts Wichtiges über das Leben bei, so wie du. Bleiben wir dabei, dass unsere beiden Jobs ihre spannenden Elemente haben, ja?

      Ehrlich gesagt, macht es mir herzlich wenig aus, etwas über meinen Po zu lesen – du hast es ja nett gemeint ;) Außerdem ist Distanz zum Job immer wichtig, das schließt die Fans mit ein. Wusstest du, dass am Set von Oceanside Murders ein psychologischer Coach dafür bezahlt wird, uns in Sachen Umgang mit Fans und Rollenvorbereitung zu unterstützen? Er heißt Jim und würde mich sicher gern fragen, warum ich mit dir eine private Unterhaltung führe.

      Gruß, Chase

       21.10.19, 15: 52

      Tatsächlich, ein eigener Coach? Neulich habe ich die Folge gesehen, wo du von kolumbianischen Menschenhändlern entführt wurdest und tagelang in einem Kellerloch ausharren musstest. Sich da hineinzuversetzen


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