Oceanside Affairs. Alexandra B. Schopnie

Oceanside Affairs - Alexandra B. Schopnie


Скачать книгу
zu sprechen, ohne dabei albern zu klingen.

      Die Stimmung war angespannt, die Luft war feucht und gleichzeitig nicht sehr sauerstoffreich. Während die Techniker versuchten, die Einstellungen zu optimieren, hockten sich Stef Martínez und Chase Anderson auf einen unbequemen Felsbrocken.

      Stef war ein Mann von 1,72 Metern Größe, trug diese aber mit angebrachtem Stolz. Seine dunkelbraunen Haare waren voll und immer voluminös mit einer eleganten Welle nach hinten gekämmt, was ihn größer wirken ließ. Er war kräftig, hatte ein breites Kreuz und hatte im Zuge der Dreharbeiten hart trainiert, um insgesamt an Muskelmasse zuzulegen. Außerdem war er der geduldigste Mann, den Chase kannte. Er hatte Geduld mit allem und jedem, nur mit sich selbst nicht. Chase mochte Stef aufrichtig und das war in diesem Business viel wert. Sein Kollege und Freund warf ihm einen Seitenblick zu.

      „Nervt, oder?“

      Chase seufzte und rückte den Gürtel mit seiner Dienstwaffe zurecht, die zwar täuschend echt wirkte, aber keinen funktionierenden Schießmechanismus besaß. Gleich darauf dachte er an Maddie, die ihm geschrieben hatte, diese kleine Geste so zu mögen. Mit den Ellbogen auf den Knien abgestützt sah er hinab auf seine Schuhe, die von der lehmartigen Konsistenz des Höhlenbodens helle Ränder an den Sohlen bekommen hatten. Er brummte zustimmend, war aber gedanklich ganz woanders.

      Als Chase bemerkte, dass Stef ihn immer noch ansah, drehte er sich zu ihm um.

      „Was?“

      Stefs dunkle Augenbrauen hoben sich ein Stück. „Nicht dass ich mich beschweren will, aber du bist heute ganz schön abwesend, mein Lieber. Alles klar bei dir?“

      Chase wog ab, unterbrach dann seine eigenen Gedanken aber und erzählte es Stef einfach. Er erzählte von der jungen Frau, deren Beitrag er geliket hatte und wegen der die Produktion jetzt die neue Marketingkampagne plante. Auch, dass er sich entschieden hatte, ihr das mitzuteilen und sie daraufhin begonnen hatten, sich zu unterhalten.

      Stef hörte zu, nickte dann und zuckte mit den Achseln. „Nett von dir, dass du dir die Zeit für sie nimmst“, fand er.

      Chase legte den Kopf schief. „Ich schreibe sonst nie mit Fans. Also, nicht direkt und nicht seit dieser Serie. Machst du das?“

      Stef überlegte kurz. „Kaum, dafür ist es zu unübersichtlich geworden. Briefe werden eh weniger, außerdem hält Donna die in der Regel nicht für wichtig genug, um mir welche zu zeigen. Und wenn man alle Emails und so weiter lesen würde, die über die Kanäle kommen, meine Güte…“

      „Findest du das schade?“, fragte Chase weiter und dachte an all die Posts, die täglich über sie verfasst wurden. Und dabei waren sie nicht einmal richtige Superstars, spielten noch lange nicht in der obersten Liga des Showbusiness mit.

      Im Gegensatz zu Chase hatte Stef schon immer den Wunsch gehabt, Schauspieler zu werden und Chase stellte immer wieder fest, dass der gebürtige Mexikaner häufig den realistischeren Blick auf die Welt hatte, in der sie sich bewegten. Chase selbst war durch Zufall als Schüler ans Modeln geraten und erst dann hatte er sich, auch aus Ermangelung weiterer Ideen, für eine Schauspielausbildung entschieden.

      „Ja, manchmal schon“, antwortete Stef. „Früher war es anders. Manchmal kommt es mir so vor, als hätten wir zu den Fans eine so große Distanz aufgebaut, dass ich fast vergesse, dass es sie gibt. Und dann, wenn sie sich bei mir in Erinnerung rufen, bin ich überrascht, was sie an mir finden.“

      Er machte eine kurze Pause. „Ich bin ihnen extrem dankbar, aber nicht sehr nah an ihnen dran. Selbst auf den Conventions ist da diese Mauer.“

      „Die Mauer ist wichtig“, bemerkte Chase und konnte, während er diese Worte aussprach, Maddie ein kleines Stück besser verstehen.

      Stef deutete Chases folgendes Schweigen richtig und fragte, wie es war, mit dem Fan zu schreiben.

      „Erstaunlich einfach“, stellte Chase fest. „Sie ist recht bodenständig, aber sie… Wie soll ich sagen? Sie hat mir gezeigt, dass Fans auch eine solche Mauer haben. Scheinbar kommt sie nicht sonderlich gut damit zurecht, dass ich sie durchbrochen habe.“

      „Weil sie in dich verliebt ist?“, fragte Stef mit einem Augenzwinkern, doch Chase winkte ab.

      „Das ist es ja – sie weiß, dass sie mich nicht kennt, sondern nur Logan. Sie hat ihm wohl einfach gern beim Rumballern und Surfen zugeguckt und nun hat sie mir gegenüber ein schlechtes Gewissen deshalb. Oder so ähnlich.“

      „Und darüber zerbrichst du dir deinen hübschen Kopf?“ Stef grinste, doch als guter Freund erkannte er, dass dieses Thema Chase beschäftigte und schlug ihm sanft auf die Schulter.

      „Es sollte dich nicht überraschen, dass die Fans ihre eigene Sichtweise auf dich haben. Klar ist es komisch, wenn dein Fernsehschwarm sich als echter Mensch entpuppt.“

      Chase wehrte Stefs Berührung halbherzig ab und wusste, dass Stef Recht hatte.

      „Oder stört es dich, dass sie Logan lieber mag als dich?“, scherzte Stef nun und erntete daraufhin einen Stoß gegen die Rippen. Chase setzte sich auf und streckte sich, um sich aus seinem Gedankenkarussell zu befreien.

      „Ich weiß auch nicht, Mann“, sagte er nur noch und schüttelte dieses dumpfe Gefühl ab, dessen Ursprung er sich auch nicht ganz erklären konnte.

      *

      „Puh, das ist harter Tobak.“ Lea runzelte die Stirn. Das machte sie häufiger und es bedeutete selten etwas Gutes. Seit ihrer letzten Nachricht hatte Maddie nichts mehr von Chase gehört, das war nun fünf Tage her. Dass Lea, die sonst die Direktere und Mutigere von ihnen war, sie für ihre Offenheit gelobt hatte, tat zwar gut, es änderte aber nichts an dem Chaos in ihrer Magengegend.

      Der Spaziergang am Ufer des Willamette River kam gerade Recht. Maddie hatte sich ehrlich eingestanden, dass sie jetzt einfach kein Oceanside Murders gucken wollte, sie nicht noch mehr Chase-Verwirrungen gebrauchen konnte.

      Der kühle, diesige Nieselregen in Portland war keine Seltenheit zu dieser Jahreszeit. Es regnete viel, daher waren die meisten Stadtbewohner mit passender Kleidung ausgerüstet. Maddie spürte, wie die Feuchtigkeit langsam knieabwärts durch ihre Jeans drang, doch ihr dicker Regenmantel ließ nichts durch. Leas knallgelbe Wetterjacke leuchtete durch den trüben Abend, der ansonsten nur verschwommen von den Lichtern der Stadt erhellt wurde. Es kamen ihnen kaum Leute entgegen.

      „Ich fühle mich falsch“, gestand Maddie. „Ich saß da den ganzen Abend in der Bastelkammer und habe mit diesem Fernsehstar gechattet, während Pete geschlafen hat. Stundenlang warte ich auf eine Nachricht und muss mich jedes Mal zurücknehmen, um nicht sofort zu antworten. Ich will nicht, dass es selbstverständlich wird, dass wir uns jeden Tag schreiben.“

      „Weißt du, ich dachte wirklich, das würde sich von allein erledigen. Vielleicht musst du dir doch selbst überlegen, wohin das Ganze führen soll. Aber noch wissen wir ja nicht, ob er antworten wird. Vielleicht hast du ihn auch verschreckt mit deiner Ehrlichkeit.“

      „Ja, vielleicht.“

      Platsch. Platsch.

      Sie liefen auf einem von Pfützen übersäten Schotterweg.

      „Was ist mit Pete?“, fragte Lea schließlich ohne Wertung in der Stimme.

      Maddie dachte an die Momente, in denen sie ihr Handy vibrieren spürte und wie sie dann jedes Mal verstohlen auf das Display sah in der Hoffnung auf eine Nachricht von Chase und dann, ebenfalls verborgen, einen Blick auf ihren Freund Pete warf, der von alldem nichts wissen sollte Das war auch einer der Gründe, warum sie nicht zu viel Zeit auf die Nachrichten verwenden wollte – Pete sollte es nicht merken, er sollte nicht den Verdacht haben, sie würde etwas vor ihm verstecken. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass Pete ihre innere Abwesenheit nicht bald bemerken würde. Selbst wenn sie gegensteuerte, entfernte sie sich von ihm. Nicht viel, nicht ganz, nur eben so viel, dass es nicht mehr war wie vorher. Es war kein Betrug, aber die Aufmerksamkeit, die Chase nun bekam, fehlte an anderer Stelle – eine ganz einfache Rechnung. Allerdings war Maddie sich nicht sicher, ob Pete das je auffallen würde, nicht


Скачать книгу