Jagd mit Freunden. Udo Lau

Jagd mit Freunden - Udo Lau


Скачать книгу
werden können. Das Team war absolut eingespielt!

      Sobald im Radio NDR 1 ertönte, der Ofen bullerte, das nächste Herforder zischte und der verführerische Duft von Fivos „Spaghetti-Special“ durch die Hütte waberte, waren wir angekommen, angekommen in unserem Reich der Jagd und Hüttenromantik.

      Die Nacht, die Morgentoilette an der Pumpe, die Frühstücksvorbereitung und die Jagdplanung, alles hatte seine spezielle Zeremonie und war festen Abläufen unterworfen und nur auf Ziel gerichtet: Jagdbeginn!

      Wenn wir dann dastanden, jeder in seinem individuellen Outfit, nur selten mit neuen Klamotten, wenn Erle nervös um uns herumwuselte und es wie wir gar nicht mehr abwarten konnte, dann hatte das Ganze etwas von „High Noon“… kurz vor dem Show down.

      Fivos glich mit seinem martialischen Patronengurt diagonal um seinen Oberkörper einem mexikanischen Guerillero, Rudi konnte seine Rittergutsgene mit Schiebermütze, Lederriemen und Hundepfeife nicht ganz verbergen und ich trug meine Schimanskijacke bis sie auseinanderfiel.

      Ein paar letzte Probeanschläge, ein lockeres Mitschwingen der Läufe hinter einer imaginären Ente, Munitionskontrolle, die Flinten aufgeklappt, Rucksack oder Jagdtasche umgehängt…es fehlte nur noch die musikalische Begleitung einer typischen Westernmelodie und wir wären glatt als Wyatt Earp, Dc. Holliday oder John Wayne durchgegangen.

      Direkt von der Hütte aus ging`s los Richtung Maiglöckchenwäldchen, gleich gegenüber. Jedes Areal oder jeder kleine Busch im Revier hatten ihre klangvollen Namen, die sie unverwechselbar machten und eine schnelle Orientierung ermöglichte, meistens angelehnt an die dort besonders typische Art der Vegetation, an den Namen des Besitzers oder verbunden mit der wirtschaftlichen Nutzung.

      EIN KLASSISCHES QUARTETT - FIVOS, UDO, RUDI + ANKO

      Die ersten Minuten waren die spannendsten. Bis der Riegel eingenommen war, der Mittelschütze und seine Flankenbegleiter sich auf Sichtweite und gleiche Höhe eingeordnet hatten, bis Rudi Erles Anfangsenergie unter Kontrolle hatte und die ersten „Has hopp, Has hopp“ ertönten, steigerte sich die Spannung mit jedem Herzschlag.

      Der erste Schuss war wie eine Erlösung, egal ob er getroffen hatte oder nicht, „der Korken war raus“, und die Erleichterung entlud sich in einem lauten Waidmannsheil oder einem aufmunternden „JoHo und Horrido“.

      Fivos war mit Abstand unser bester Flintenschütze und seine Treffsicherheit brachte ihm auch schnell den Titel „Professor Taube“ ein. Wenn er der glückliche und erfolgreiche Erstschütze an einem solchen Morgen war, stand ihm seine ganze kretische Verwegenheit ins Gesicht geschrieben und niemand konnte sich seine Belohnungszigarette so lässig und cool anzünden wie er.

      Wenn der Bann des ersten Schusses gebrochen war und die erste Beute am Galgen hing oder im Rucksack verstaut war, stand das innere Jubilieren und das herbstliche Buntlaub in einem harmonischen Einklang zwischen Jäger und Natur.

      Wir wussten im Laufe der Zeit genau wo wir mit welchem Wild rechnen konnten und doch überraschte uns der Augenblick immer wieder auf´s Neue. Die Wege waren ähnlich und doch konnten sie, den veränderten Gegebenheiten folgend, völlig neue Entscheidungen erfordern. Fixpunkte waren gesetzt.

      Und dazu gehörte die „Bulken-oder Mühlenwiese“ zwischen Hermann`s Einzelhof und dem Bienenzüchter. Ein unwegsames und verfilztes Rechteck von 180 mal 60 Meter Größe, dessen kniehohes Trockengras und Farn durchsetzte Fläche ein ideales Versteck für Hase und Fasan war. Rechts ein Graben, links ein Zäunchen mit verwilderten Apfelbäumen und in der Mitte eine alte Windmühle, deren Räder sich längst nicht mehr drehten.

      Hier steckte immer etwas drin. Die Frage war nur, würde man es erwischen. Das war in erster Linie abhängig von der Schnelligkeit und Treffsicherheit der Schützen, von der Disziplin unserer unverzichtbaren Hundedame Erle und der Pfiffigkeit des Wildes. Wenn der erfahrene Althase die genügende Bodenhaftung hatte und Erle ihn nicht in den Wind bekam, konnten wir ihn schon mal überlaufen; oder wenn sie übereifrig zu weit vorpreschte , ging der Fasanengockel zu früh hoch und entkam unbeschossen. Aber wenn die treue Hündin wie in Stein gemeißelt vorstand, ihr Körper von der Nasenspitze bis zur Rute eine einzige Linie bildete und der rechte Vorderlauf rechtwinklich erhoben war, lief ein Schauer über unsere Rücken und wir wussten, das ist der Moment, wo jedes Jägerherz höher schlägt und in wenigen Augenblicken der Schuss fällt. Dieser Spannungsbogen ist unbeschreiblich.

      Wenn dann der Gockel purrend hochsteigt und sein grünbraun schimmernder Schweif im Licht der Sonne glänzt, ist es der archaische Jagdinstinkt, der den Schuss löst und das wunderbare Bild beendet und Stolz und Trauer miteinander verbindet.

      Von der „Mühlenwiese“ ist es nur ein kurzer Weg zur Suhle, dem Grenzfluss unseres Reviers und der jagdtaktischen Herausforderung schlechthin. Voraussetzung für den Erfolg auf Enten ist immer erst eine sorgfältige Standortanalyse. Und das bedeutete ein vorsichtiges Ableuchten des Gewässers und die Klärung, sind welche drauf und wenn ja, wo? Die Schwierigkeit dabei ist natürlich, dass sie uns bei diesem Manöver vorher nicht mitkriegen.

      Meistens sitzen sie an der gleichen Stelle und wenn sie arglos sind, hört man schon von weitem ihr lautes Schnattern. Das Angehen erfolgt von Hermann`s Hof in akkurater Schützenreihe über das abgeerntete Maisfeld, das bei feuchter Witterung auch schon mal richtig matschig sein kann. Aber heute ist ein sonniger Spätherbsttag und das Geläuf trocken.

      Rudi hat Erle an der kurzen Leine. Fivos und ich flankieren die Beiden links und rechts im Abstand von fünfzig bis sechzig Meter, je nachdem, wie weit der Schoof auf dem Wasser auseinander liegt. Die Flinten schussbereit in beiden Händen nähern wir uns lautlos der steilen Uferböschung, die uns vor der frühzeitigen Sicht der Gelbschnäbel schützt.

      Mit jedem Schritt steigt die Spannung. Die letzten Meter überwinden wir in gebückter Haltung und lassen den Hund ablegen. Noch ein Blick zur Seite, ein letztes Ausrichten unserer Dreierkette, gemeinsames Aufrichten und dann ein energisches Vorgehen. Dieser Moment ist der absolute Höhepunkt. Keiner weiß wo sie sitzen und wie sie aufsteigen und fliegen. Hat man Pech, steht man an der falschen Stelle, hat man Glück kommen sie einem ideal und man wird sogar zwei Patronen los. Sämtliche Fasern und Sinne sind auf das Äußerste angespannt und man verfolgt das Geschehen wie auf einer Blaupause. Und plötzlich ist alles vorbei, der Spuk zu Ende.

      Welch eine Freude, wenn jeder jubeln kann und ruft: ich hab eine, ich auch und ein letztes Flattern auf der Böschung oder im Wasser den Erfolg bestätigt. Und wenn Erle dann noch einen Erpel aus dem Fluss apportiert und ihn brav seinem Herrchen vor die Füße legt, dann ist das Glück der Freunde nicht zu bremsen. Wie die Kinder halten wir unsere Beute am langen Hals in die Luft und mancher braucht sogar zwei Hände.

      Nach einem solchen Herbstmorgen ist der Weg zurück zur Hütte ein Schreiten wie auf Wolken und die Aussicht auf eine warme Suppe und ein kühles Herforder lassen Müdigkeit und Schwäche schnell vergessen.

      Nach einer kurzen Pause geht`s zur Nachmittagspirsch. Die Sonne lockt uns raus, bevor sich die müden Beine melden. Die Strecke sieht schon erfreulich bunt aus, und so wie die Birken mit den Erlen um das kräftigste Gelb streiten, so schimmert die grüne Erpellocke neben dem rotbraunen Stoß des Fasanengockels und der schneeweißen Blume des Rammlers um die Wette.

      Wo ist die größte Aussicht auf jagdlichen Erfolg für den zweiten Teil des Tages? Kondition und Erfahrung geben den Ausschlag zwischen der „Lakeweide“ und dem großem Teich oder dem „Kronshalsweg“ und der „Märchenwiese“.

      Schmauch I“ trifft die Entscheidung: „Lakeweide“, sein Lieblingsareal…hat er sich doch dort zur Blattzeit beim Ansitz auf den Roten Bock heimlich Notizen gemacht, wo Mümmelmann seine Sassen und Kleeflächen hat. Außerdem ist es der kürzere Weg und kommt seinem Credo“…no walking“ am meisten entgegen. Überdies bietet der Anmarsch entlang diverser Gräben und über den „Lönsweg“ so manches vielversprechende Fleckchen, das ein intensiveres Stöbern interessant erscheinen lässt! Und wie immer hat er Recht! Schon an der „Katzenleiter“ lässt er den ersten Hasen rollieren, noch ehe Rudi und ich die Flinte oben haben.


Скачать книгу