Jagd mit Freunden. Udo Lau

Jagd mit Freunden - Udo Lau


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sollte ein leeres, kleines Bierfässchen als Keilerersatz an zwei glatten Haken auf dem Spannseil hinunterrutschen und mit einem dünnen Rückholseil wieder in die Ausgangsposition gebracht werden. Ein Schusstisch in 25 m. Entfernung komplettierte diese geniale Anlage und fand auch die Begeisterung von Rudi und W.P., als sie von ihrer Einkaufstour zurückkamen.

      Begleitet von Jagdhörnern, Bier und Fotoapparaten begann das fröhliche, norwegische Schießen auf den „laufenden Blechkeiler“. Ein Gaudi für die ganze Mannschaft.

      Die Meisterleistung gelingt Fivos, der nach fünf Fehlschüssen das Seil trifft und nur noch dessen Seele stehenlässt; die anderen hatten das Bierfässchen schon mächtig durchsiebt.

      Um seine Schande auszugleichen bietet er an, mit seiner Büchse durch das Spundloch des Fasses zu schießen. Ohne zu zögern bereitet er dieses Kunststück vor und verblüfft uns allesamt mit einem Meisterschuss, der an Präzision nicht zu übertreffen ist: In der Tat war am Ende nur der Ausschuss zu erkennen, der Einschuss ging mitten durch das pfenniggroße Spundloch!! Bravo Fivos!

      Mit einem zünftigen Kaminabend krönen wir den Tag und trösten uns über den letzten und erfolglosen Ansitz am Nachmittag mit einer deftigen Sause hinweg. Als uns Rudi dann noch zur Erinnerung an diese wundervollen Jagdtage mit wohlgesetzten Worten jedem von uns ein schwedisches MORA Messer überreicht, sind alle Fehlschüsse vergessen und nur noch die Heldentaten werden mit lauten Horridos begleitet.

      Der letzte Tag bricht an, die Woche ging viel zu schnell vorbei und dennoch wollen wir die allerletzte Gelegenheit nutzen, um uns doch würdevoll aus dem Traumrevier zu verabschieden. Ein ultimativer Frühansitz sollte uns den Abschied leichter machen.

      Um 6: 30 Uhr sind die drei Unentwegten auf den Läufen: Klaus, Fivos und ich. W.P. wollte sich erst seinen rituellen Waschungen widmen, um dann mit Rudi für die Jäger das Frühstück vorzubereiten.

      Dichter Nebel verhängt den Himmel, wie ein Schleier deckt er alles zu. Dennoch beziehen wir hoffnungsvoll unsere Plätze: diesmal geht Klaus auf den Elchkamm und setzt sich an meinen Platz von gestern hinter den provisorischen Schirm. Ich bleibe diesmal in der Nähe der Hohen Kiefer und Fivos postiert sich zwischen uns im Talgrund auf Rudi`s bewährten Beuteplatz.

      Als sich der Nebel etwas lichtet, sehe ich den Griechen Anschlagübungen mit seiner Büchse machen; wahrscheinlich will er der Spundlochschuss wiederholen. Doch der erste Schuss fällt bei mir, eher als Hebeschuss auf ein keckes Häherpärchen, das meinen Posten kreuzt.

      10 Minuten später ein weiterer Knall und ich vermute bei Fivos, doch der Ton scheint mir für eine Büchse zu hell. Na, das ist ja heute Morgen ein munteres Eröffnungsschießen und hebt die Stimmung kolossal.

      Langsam gewinnt die Sonne die Oberhand und taucht die ersten Kiefernspitzen auf dem Elchkamm in ein zartes Licht. Dann leuchten die weißen Birkenstämme wie kunstvolle Malerstriche am noch dunklen Gegenhang, bevor die Sonne auch den Rest des Nebels vertreibt und die volle Farbenpracht die späte Herbststimmung entfaltet. Es ist, als wolle sich die Natur für uns zum Abschied noch einmal so richtig herausputzen.

      Da sehe ich Klaus und Fivos im Tal zusammen kommen und gemeinsam treten wir schweigsam den Rückweg zur Hütte an und wählen einen kleinen Umweg durchs Gelände. Auf dieser Streife entdecken wir per Zufall das eigentliche Zentrum des Hahnenvolkes, den „Birkhahnkopf“, eine erhöhte Felsplatte mit leckerster Äsung, bester Deckung und einem herrlichen Rundumblick. Über ein Dutzend Hähne machen wir hoch, aber alle stehen sie zu früh auf und keiner kann sie fassen. So haben sie sich aber gebührend von uns verabschiedet und wir sind dankbar für den letzten Anblick.

      Das veranlasst Klaus dann auch noch zu dem kurzen Hinweis, dass er den zweiten Schuss abgegeben hätte, aber eher als flüchtigen Versuch, um nicht gänzlich mit blanken Läufen nach Hause zu fahren.

      Rudi und W.P. haben das Frühstück zubereitet und warten gespannt auf unseren Bericht. Enttäuscht erzählen Fivos und ich von unserem Misserfolg und Klaus schließt sich mit niedergeschlagenem Gesicht mit der folgenden Geschichte an:

       „Kaum habe ich Udo`s Platz hinter dem gebauten Schirm eingenommen und es mir halbwegs bequem gemacht, als ein frecher Althahn keck vor mir auf 15 m. über die kahle Felsplatte stolziert und mich misstrauisch anäugt. Völlig überrascht und mit klopfendem Herzen drücke ich den Sicherungsschieber meiner Flinte, die Gott sei Dank griffbereit auf meinem Schoß lag, nach vorn. Schon das leise Klicken lässt den Vogel blitzartig abstreifen.

       Im gleichen Augenblick reiße ich die Flinte hoch und schwinge sie erst rechts dann links – so wie der Vogel fliegt – und schicke ihm die Schrote hinterher. Schon bin ich auf den Beinen und sehe nur eine einsame Feder in der Luft kreiseln, von der Beute keine Spur“

      Man sieht ihm seine tiefe Enttäuschung an und wir leiden mit ihm, auch als er zum Beweis für sein Pech eine verknickte Feder aus seiner Tasche zieht.

      Ein Schluck heißer Tee und ein hungriger Biss in sein Frühstücksbrot untermalen wirkungsvoll seine unglückliche Stimmung und leiten bei allen eine nachdenkliche Pause ein…wir leiden mit ihm.

      Plötzlich strafft er sich, hebt seinen Kopf und fährt mit aufgeregten Worten fort:

       „Verdammt, das gibt´s doch gar nicht, der muss doch liegen, ich bin doch einigermaßen abgekommen! Also suche ich weiter in dem heillosen Unkraut und Gebüsch. Da entdecke ich zehn Meter vor mir einen Haufen Federn zwischen Krüppelkiefern und Blaubeersträuchern. Mit hohem Puls stürze ich darauf zu und traue meinen Augen nicht: da liegt der Hahn!!! Ich fasse es nicht, also doch getroffen, mein erster Birkhahn!“

      Wir brechen spontan in lautes Jubeln aus und klopfen ihm ordentlich auf die Schultern, sodass er sich fast verschluckt. Na also, beim letzten Ansitz doch noch einen Hahn für unseren Förster, wir gönnen es ihm von ganzem Herzen.

      Welch eine unerwartete Pointe und wie geschickt von ihm in Scene gesetzt, ein Meister der Dramaturgie. Mensch Klaus – ein Waidmannsheil auf deinen Hahn. Eine Runde Ouzo und ein zusätzlicher Schuss Rum in den Tee und die Runde nimmt das „Warm-up“ dankbar an.

      Überrascht sind wir allerdings, als Klaus seine Hand hebt und um weitere Aufmerksamkeit bittet. Sofort schweigen alle still, um nur ja nichts zu verpassen.

       „Stellt euch vor, wie ich den Vogel hochnehme, merke ich, der ist ja eiskalt, wie kommt das denn? Verwundert drehe ich ihn in den Händen hin und her und kann es mir nicht erklären“

      Klaus schaltet eine kleine Kunstpause ein und schaut in die Runde, blickt jedem ins Gesicht, einem nach dem anderen und erntet nur ratlose Mienen. Bei mir bleibt er hängen und ein heißer Strom durchflutet meine Adern, eine unglaubliche Ahnung nistet sich in mein Bewusstsein…da erlöst mich der Freund von allen Zweifeln und sagt:

       “Udo, es ist dein Hahn, dein Birkhahn von gestern!“

      Ich kann`s nicht fassen. Ungläubig für den Moment muss ich wohl wie ein Froschkönig geguckt haben, ehe sich ein unbeschreiblicher Jubel in mir breitmacht und mich schier überwältigt. Mein lieber Freund, was hast du mir da für eine Freude bereitet, uneigennützig und mit einer ehrlichen Überzeugung…das ist Freundschaft!

      Der nächste Ouzo wird eingeschenkt, aus dem Tee wird bald ein Grog Das Publikum applaudiert und Klaus hebt beschwichtigend die Hände und dämpft in seiner Bescheidenheit den allgemeinen Jubel, ehe er geheimnisvoll fortfährt:

       „Und was soll ich Euch sagen, ich rätsele noch über die Erklärung nach und habe den Vogel noch in meinen Händen, da bewegt sich etwas, keine zwei Meter vor mir hinter einem dicken Heidekrautbüschel. Ich stürze drauf zu und sehe einen zweiten Birkhahn – meinen – Birkhahn! Er ist noch in Bewegung, kann mir aber nicht mehr entkommen. Mit Rudi`s neuem Mora Messer gebe ich ihm den letzten Ritterschlag und halt zwei „Kleine Ritter“ in meinen Händen.“

      Wir sind völlig sprachlos! Sekundenlang bringen wir keinen Ton heraus, ehe ein wildes Gejohle bis zum See zu hören ist und Klaus in unserer Mitte sich kaum noch der Umarmungen und Schulterschläge erwehren kann!

      Jeder


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