Veza Canetti zwischen Leben und Werk. Vreni Amsler
Als Dichterin in England Fuss fassen vs. alte Kontakte in Wien aktivieren
Z2. Der Seher und seine exemplarische Publikationsgeschichte
Z3. Der Seher, das spanische Korpus und die Dichtergattin
Z4. Das Verschwinden aus den Literatenkreisen
Z5. Vom spanischen Korpus über Die Flucht vor der Erde zu Der letzte Wille
K. Die Netzwerke im Exil nach dem Zweiten Weltkrieg
K1. Entwicklung der Freundeskreise aus Wien in London
K2.1 Die neue alte Rolle als Ehefrau von Elias Canetti
K2.1.2 Sekretärin und Literaturagentin für Elias Canetti
K2.3 Die Verwandten in England
K2.3.1 Der Bruder Morris Calderon
K2.3.2 Alice Asriel und ihre Verwandten in England
K2.3.3 Veza Cansino-Calderon – Manchester/New York
K2.4 Die Verwandten in Österreich, in Sofia und in Amerika
K3. Aktivierung der alten Wiener Netzwerke/Freundschaften
K3.1 Sozialistische Freunde aus Wien
K3.2 Die Künstler- und Dichterfreunde aus Wien
K4. Veza Canettis Literaturdrehscheibe in London
K4.3 Texterin für illustrierte Kindergeschichten
K4.5 Aktivierung der alten beruflichen Netzwerke
K5. Neue Freundschaften – ein Netzwerk?
ZWISCHEN: Misserfolg des Eigenen – Erfolg mit Ghostwriting
Z1. Misserfolg mit dem Eigenen
Z1.1 Erfolglos: die Rolle von Ingeborg Bachmann
Z1.2 Erfolglos: die Rolle von Rudolf Hartung
Z1.3 Erfolglos: Agentur Kalmer und weitere
Z3. Zusammenarbeit und Zusammenbruch versus Co-Autorschaft
Einleitung
Aus den Recherchen im Elias-Canetti-Nachlass und in verschiedenen Archiven Wiens, aber auch Deutschlands zum Thema Veza Canetti im Kontext des Austromarxismus hat sich eine so grosse Fülle von biografischem Material, Veza Canetti betreffend, ergeben, dass sich das Schreiben einer Biografie geradezu aufgedrängt hat.
Bereits die Korrespondenz Veza Canettis sowie verschiedenes Material aus dem Nachlass von Elias Canetti – der auch den Nachlass von Veza Canetti beinhaltet – offenbart, dass die Autorin schon vor ihrer Zeit mit Elias Canetti mit der Künstler- und Dichterszene Wiens eng verknüpft war. Diese Nähe kann aber auch intertextuell nachgewiesen werden, wie unter anderem Veza Canettis gesellschaftskritische Aufarbeitung von Franz Csokors Theaterstück Die rote Strasse im Roman Die Gelbe Strasse zeigt. Veza Canetti hat sich intertextuell zudem mit Texten von Felix Salten, Hugo von Hofmannsthal und Hermann Broch sowie Karl Kraus auseinandergesetzt.
Genau diese Art von vorhandenem Material, deren Kern immer auf ein In-Beziehung-Treten Veza Canettis zu anderen Künstlern und ihrem Werk hinweist, hat mich dazu bewogen, eine Netzwerk-Biografie zu schreiben. Überdies hat Veza Canetti mit dem Theaterstück Der Tiger und dem Lustspiel Der Palankin selbst Künstler- und Dichternetzwerke in den Städten Wien und London dargestellt.1
Die vorliegende Arbeit fügt sich in eine Reihe von Forschungsarbeiten ein, die zur Dichterin seit ihrer Wiederentdeckung – knapp dreissig Jahre nach ihrem Tod – anfangs der 90er Jahre erstellt wurden. Eva M. Meidl hat im Band Veza Canettis Sozialkritik der revolutionären Nachkriegszeit schon 1998 darauf aufmerksam gemacht, dass Veza Canetti als Produkt des Roten Wien bezeichnet werden kann. Angelika Schedel verknüpft in ihrer Dissertation von 2002, Sozialismus und Psychoanalyse, bereits ein erstes Mal Leben und Werk der Autorin, ihr gelingt damit ein Quantensprung bezüglich Material und Einordnung. Das Dossier 24 aus dem Verlag Droschl mit dem Titel Veza Canetti versammelt 2005 Aufsätze verschiedener Forscherinnen zur Schriftstellerin, sie wird darin als eine Autorin der Moderne bezeichnet und zwischen Neuer Sachlichkeit und Expressionismus positioniert. Julian Preece geht 2007 in The Rediscovered Writings of Veza Canetti schon von einer literary partnership